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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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konnte man damals in Pest kaum begegnen, der weiße Vollbart und die rote Nelke des Frigyes Podmaniczky gaben der Stadt ihren weltmännischen Anstrich. In den verwinkelten Gässchen rüttelte der Wind an deutschen Zunftschildern, und ich hätte getrost damit rechnen können, dass mir der berühmte Notar von Peleske aus einem Seitengässchen entgegentritt – als hätte sich in der Stadt seit seinen Lebzeiten rein gar nichts verändert. Die Patrizierfamilien der Inneren Stadt beharrten noch demonstrativ auf ihrem Deutschtum, in den Kaffeehäusern lasen nur die aufsässigen Juristen ungarische Zeitungen, und danach gingen sie in den Museumsgarten zum Krachmachen. Der Patriotismus zeigte sich in der Stadt auf eigenartige, fast komische Weise, man trug zwar am Zylinder keine Hahnenfeder mehr, doch der Führer der Jugend hing immer noch den Parolen des Revolutionärs Szücs an. Die Pester Bürger amüsierten sich über die Späße der jungen Juristen. Auf der von ziemlich desinteressierten Bürgern bevölkerten Ringstraße, wo die heutigen Paläste damals noch unfertig als magere Skelette herumstanden, hatte ein Schuster die schönste Auslage, weil sie von gleich drei Lampen beleuchtet wurde, und die Urväter der eleganten Handlungsreisenden von heute gingen damals noch in Stiefeln und ungarischen Beinkleidern; der allerteuerste Hut in der Kronprinzenstraße kostete dreißig Forint, und der alte Stefan Kleh war der genialste Sparkassendirektor der Stadt.
    Ach, wie still und alt war doch diese Stadt vor zwanzig Jahren! Plakate, die Damen vom Theater mit Dekolleté zeigten, wurden von der Polizei verboten, nur die Strizzis und die Schauspieler trugen bunte Hosen, Mädchenpensionate und Elementarschulen waren in hundertjährigen Gebäuden untergebracht, durch deren Dächer es hineinregnete, das Fahren wie das Gehen in den Gassen war beschwerlich, weil ständig Pflastersteine neu verlegt wurden – darüber habe ich mich in all den Jahren am meisten gewundert.
    Vielleicht sind diese wie Zugvögel dahinfliegenden Jahre der Grund, dass man heutzutage in Pest kaum noch alten Leuten begegnet, denn jene Alten, die die hereinströmende neue Stadtbevölkerung einstmals schroff ablehnend oder zumindest mit viel Argwohn empfangen haben, gibt es nun nicht mehr. Die Ladenbesitzer in den Gassen, die es seinerzeit auf Kunden vom Land abgesehen hatten – Advokaten, Provisionsagenten, die sich mit scheelen Blicken in die Reihen der Neubürger drängten und die auf dem Land ohnehin schon pleitegegangenen Neu-Pester mit wertlosen Aktien und anderen unredlichen Geschäften hereinzulegen versuchten –, liederliche Frauenzimmer, die den ahnungslosen Landpfarrer zum Pfeiferauchen in die »Auslage« setzten, durchtriebene Ganoven der Nachtcafés, welche die Bauernfängerei noch in der Manier der Fünfzigerjahre am Spieltisch mit dem Champagner des zweifelhaften Lokals oder hinter den Röcken der Tänzerinnen betrieben – sie alle sind längst vergreist, abgetreten, ihre ordinären Stimmen stören die Stille der Kaffeehäuser nicht mehr. Auch heute sind solche Figuren in Pest nicht besser, dafür aber jünger und ansehnlicher. Was für Witzfiguren würden die Gecken von der Váci-Straße aus den Achtzigerjahren des alten Jahrhunderts heute abgeben!
    Angefangen hat es auf der Ringstraße – wo sich diese Klondike-Jünglinge in den Kaffeehäusern einnisteten, wo man die ersten englischen Brocken zu hören bekam und ein allererster vorgeblich Amerika-erfahrener Maulheld das Sternenbanner entfaltete: Runter mit den Bärten!
    Als ob die Barttracht der Männer die Stadt in ihrer Entwicklung behindert hätte! Die Barbiere wetzen ihre Messer, und die Stadt beginnt sich plötzlich zu verjüngen, zu wachsen und sich emporzuschwingen. Mit der angelsächsischen Mode bürgern sich amerikanische und britische Gewohnheiten ein, der noble Pferderennsport wird in verräucherte Kaffeehäuser der Innenstadt abgedrängt, in die sämtliche Jockeys zum Zechen und Billardspielen gehen, auf der Ringstraße ertönt, wie das Trompetensignal heransprengender Reiter, das Fanal des körperertüchtigenden Sports. Noch sind die Husaren nicht im Blickfeld, werden vom aufwirbelnden Staub verhüllt, doch da und dort blitzen schon die Helme, und die berauschendste aller Sportarten kündigt sich an: der Fußball.
    Nach den krumm-lässigen Dandy-Figuren der Achtzigerjahre, diesen mit ihrem Weltschmerz kokettierenden, auf eklige Weise vornehm tuenden jungen Männern an der Ecke der

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