Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
gibt, wird mit dem monotonen Brausen des Windes über die Dächer fortgetragen.
(1916)
Cello-Töne
Ach, wäre es schön gewesen, auf dieser Erde zu sein, als es keine Kriege gab, als allenfalls Herzschlag, Altersschwäche, ein ritterliches Duell oder Liebeskummer dem Leben ein Ende setzte.
Ach, wäre es schön gewesen zu leben, als der Ostermorgen noch duftete wie das Haar junger Frauen. Der Lenz auf dem durchweichten Boden barfuß wie ein taufrisches Bauernmädchen daherkam. Die Häuser neu geweißelt wurden und das Wasser unter den kleinen Brücken sich flink wie ein gutgelauntes Hündchen dahinschlängelte. Da, bei den frisch gekleideten Sträuchern, den frauenfarbenen Kirschblüten, wo betörte Vögel sich jagen, konnte der gelockte Jüngling mit bestimmten Worten und in erregter Erwartung das Händchen seiner Holden fassen.
Ach, wäre es schön gewesen, zu einer Zeit in Pest zu weilen, als die Damen noch in echten Krinolinen dahinschwebten, Verliebte geduldig auf die Zeit setzten und nach dem ersten Kuss jahrelang schmachteten, als es niemand außer der Pferdebahn eilig hatte, der Frühlingsspaziergang für jedermann ein Erlebnis war, der Mensch noch Zeit fand, nach dem Stand des Mondes zu schauen. Als man im Leben hinter kleinen Zielen und großen Belanglosigkeiten her war, es um Herzenssachen, Liebschaften ging und die Menschen sich schon Monate im Voraus auf Weihnachten und Ostern vorbereiteten, Pläne für allerlei kalendarische Gedenktage schmiedeten. Ich wäre zu Ostern immer nur im Stadtwaldumhergestreift: Blumen pflücken, träumen, unter einem Baum Gedichte schreiben, das geschäftige Umherkrabbeln der Käfer beobachten, und gewiss hätte sich irgendwo in der Stadt auch ein Fenster gefunden, in das jemand meinen Blumenstrauß gestellt hätte.
Ach, wäre es schön gewesen, zu einer Zeit in Ungarn zu leben, als man das Königreich noch »irdisches Kanaan« nannte, Marias Mantel sich schützend über Berge, Täler und Felder breitete und man in der Nacht im Spiegel der Theiß das mit Sternen besetzte Himmelszelt bewundern konnte. Als jedermanns Tisch reichlich gedeckt war, glückliche Zeiten zum Bestellen der Scholle herrschten, als das funkelnde Nass von Tokajs Hügeln die Sinne verzückte, zu der Zeit, da der junge Frühling befruchtete, was der ungarische Sommer sodann heranreifen ließ. Als der Herbst noch rosarot gähnte wie der Flurhüter oben auf dem Berg.
Ach, wäre es schön gewesen, verkleidet zum Faschingsball in die alte Redoute zu gehen, sich vom Zigeuner Patikárius aufspielen zu lassen, die erbaulichen Reden des Ignác Nagy zu genießen, den großen Vörösmarty persönlich zu kennen und träumend durchs Leben zu wandeln, wie wir es seinerzeit ins Poesiealbum geschrieben haben. Einmal hinter einer dämonisch schielenden, sommersprossigen Frau herlaufen, dann wieder das müde Haupt nach strapaziösem Pharaospiel einer sanften Brünetten in den Schoß legen. Die rötliche Färbung des September, das Ziehen der Schäfchenwolken zu Ostern aus dem Fenster eines alten Bauernhauses betrachten, wo dir der Großvater in düsterem Öl von der Stubenwand in die Augen schaut, der sich noch mit Sorgfalt die Krawatte gebunden hat, um vielleicht gar von der Königin wahrgenommen zu werden. Im WinterSchlittenfahrten mit Schellengeläut, beim Franzosen die Locken brennen lassen, in romantischer Anwandlung unter der Loge einer Dame stehen, tanzen, hofieren, ein Amulett mit Billett bekommen, sich in schönen, gepflegten Worten ausdrücken, lachen, weinen, schmachten, wie ein Mondsüchtiger auf dem Balkon stehen und im Duell für eine Frau sterben.
Ach, wäre es schön gewesen, einem Papagei anzügliche Sprüche beizubringen, in einsamen Stunden Tagebuch zu schreiben, ein Kind der Liebe im Bauernhaus der Mutter zu wissen und es, heranwachsend, von einem zuverlässigen Meister im Reiten, Fechten, Schießen, Tanzen und Hofieren unterweisen zu lassen. Vom Melodram einer Wandertruppe gefesselt zu werden und zu aufregenden Tierhatzen an der Alten Kerepeser Straße zu gehen. Róza Laborfalvi hat einen Dreiecksvolant unterm Knie, die Sängerin trägt ein Nesselhemd, die Augen der Mimi de Caux gleißen, und der Maler Barabás bemalt uns auf Bestellung ein Elfenbeinplättchen mit der Figur einer berückenden Aktrice.
Ach, wäre es schön gewesen, im
Kammon-
Kaffeehaus auf grünem Filz das Billardspiel zu erlernen, mit Gyula Indali herumzuziehen, für den ›Damenkurier‹ eine Erzählung zu schreiben, auf dem
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