Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Kirchenbänke in Veszprém her kannten); sein Vater war der Fürst von Esztergom, der als Übersetzer klassischer Gedichte in literarischen Kreisen einen hervorragenden Ruf genoss, und zur Beglaubigung dieser Herkunft deklamierte Ernő vortrefflich ganze Strophen Dantes; die herrschaftlichen Damen behandelte er wie die Tänzerinnen der Nachtlokale, schon wenn er erst Bekanntschaft mit ihnen machte, begehrte er, ihre Strumpfbänder zu sehen, während er mit den unglücklichen Geschöpfen der Nacht, den mit den Lippen trällernden, in ihren Seelen weinenden, federgeschmückte Hüte tragenden und manchmal Käsebrote dinierenden Damen umging, als kämen sie alle aus jenem berühmten Haus der Lilien-Dynastie, das auch unter den königlichen als das vornehmste galt; vielleicht verdankte unser Ernő dieser Attitüde seine zahllosen Erfolge in der Welt der riemchenbewehrten Lackschuhe und Kniehosen, wenn auf den kleinen Bühnen der Nacht die Rüschen der Röcke bis in Stockhöhe flogen; verehrt hat er nur die barmherzigen Schwestern, die im Morgengrauen in der Rochus-Kapelle beteten, und die an der Ecke in sinnender Erwartung herumstehenden traurigen Mädchen der Nacht und die Pflegeschwester hinter einem Fenster oben im Rochus-Spital, die vielleicht gerade in diesem Augenblick die spanische Wand vor ein Bett rückte und deshalb die tägliche Messe versäumen musste.
Und wenn das Wetter spätherbstlich wurde, ging Ernő mit leichtem Schritt wie ein romantischer Dichter unter den herabsegelnden gelben Blättern der Budaer Wälder spazieren.
Von Zeit zu Zeit blieb er stehen und betrachtete die welkende Landschaft mit Tränen in den Augen, seufzte aus tiefem Herzen und dachte gar nicht daran, die auf ein Rendezvous wartenden Damen anzusprechen.
Einmal hatte er monatelang unter falschem Namen ein hochherrschaftliches Frauchen bestürmt, von dem ihr Hausarzt, dessen Vertrauen Ernősich erschlichen hatte, ihm verraten hatte, dass die Dame hochgradig hysterisch sei. Er lauerte der Gnädigsten vor dem Konzertsaal auf. Und die Dame sah so aus, wie er sie sich vorgestellt hatte. Dunkel, hochgewachsen und mager. Ihr Gesicht wirkte selbst unter der dicken Puderschicht etwas gelblich, das schwarze Haar war so dicht wie das der Frauen im Lemberger Ghetto. Eines ihrer Augen war kaum merklich kleiner als das andere, sodass es aussah, als ob sie etwas schielte, wie eine aus den Romanen Tolstois. Als sie von ihrem Gespann herunterstieg – wunderbare Schuhe, feinste Strümpfe, hinreißend geformte Beine –, da musste Ernő an einen Maskenball von einst denken, als die Damen noch ihre Schleppen über dem Arm trugen und er zu Mazurkaklängen die ganze Nacht nur die Beine der Tänzerinnen bewundert hatte. Und in der Garderobe stahl er einen Schuh vom schönsten aller Damenbeine und verwahrte ihn lange in seinem Bett. Eine rote Pelerine, ein schwanenweißer Pelz und glitzerndes Geschmeide vervollständigten die glanzvolle Erscheinung der Dame. Am Eingang annoncierten gelbe Programmplakate Tschaikowsky-Musik, und Ernő hatte zu jener Zeit gerade so viel in der Tasche, dass er eine Briefkarte kaufen konnte. In dieser Nacht schrieb er der Dame ein Billett mit dem Absender eines ausländischen Antiquitätenhändlers, der, in unserer Hauptstadt weilend, im Konzertsaal von ihr betört worden sei. Er gäbe die Statuette der Heiligen Jungfrau aus der Krone von Papst Innozenz und den Fingerring dieses großen Papstes dafür, wenn er sie noch einmal sehen könnte. Wie er erwartet hatte, bekam er darauf keine Antwort. Flóra war eine reiche und äußerst tugendhafte Frau. Doch hatte Ernő das Briefeschreiben nicht umsonst von einer sehr gebildeten, hochgestellten alten Dame gelernt, mit der er in jungen Jahren lange Zeit korrespondierte, er ehelichte sie nur deshalb nicht, weil er gerade geistlicher Ritter des Johanniterordens war – nach dem ziemlich geschäftsmäßig abgefassten Brief des Antiquitätenhändlers meldete er sich sodann als französischer Fürst. Er schrieb geheimnisvoll mit lila Tinte und Goldstreusand auf dem Briefpapier einer Nobelherberge, und bald darauf, als er an Flóras Haus am Andrássy-Boulevard vorbeispazierte, bemerkte er mit großer Zufriedenheit, dass die Dame ihre bürgerlich weißen Spitzengardinen durch gelbe Seidenvorhänge ersetzt hatte. Denn Ernő hatte ihr geschrieben, dass er an dem und dem Tag in Flóras Haar eine gelbe Rose bewundert habe. Der Portier des vornehmen Hotels aber bedauerte mit leeren Handflächen,
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