Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
dass auf den Namen des Fürsten kein Briefchen eingegangen sei. Darauf trat Ernő als Dichter auf, schilderte in seinem Brief die Qualen, die ihm die kühle Verweigerung der Holden bereite, dabei zitierte er wieder Dante, denn Männer seiner Herkunft konnten kein anderes Vorbild haben; er sprach davon, dass die weiße Levkoje seine Blume sei, und ein paar Tage später standen im Fenster des Hauses am Andrássy-Boulevard drei Töpfe mit weißen Levkojen. Jeder andere Mann wäre nach diesem untrüglichen Zeichen sogleich in die Wohnung der Dame gestürmt, um vor ihr niederzuknien, doch ihn hatten seine leidvollen Erfahrungen misstrauisch gemacht. Er pflegte meist nachts unter den Fenstern seiner Angebeteten zu wandeln, und er vermutete, dass den schwachen Lichtschein gewiss die elektrische Nachttischlampe am Bett der Dame spendete. »Möglich, dass sie gerade meine Briefe liest!«, dachte er, und sein Herz pochte heftig.
Einige Wochen darauf entschloss er sich zum entscheidenden Schritt. Er schrieb einen Brief, in dem er bekannte, alles aufdeckte, was wir am Anfang der Erzählung über Ernő mitgeteilt haben. Ja, er vergaß nicht einmal zu erwähnen, dass er in Pressburg in einer alten Kirche einmal den Altarschrank aufgebrochen habe … Wenn Flóra ihn trotzdem liebe und nach alldem kennenlernen wolle, sosolle sie zu der und der Stunde draußen in Hűvösvölgy sein, auf einer bestimmten Bank Platz nehmen, dort sei es jetzt im Herbst so schön.
Ernő spazierte den Waldweg entlang, als wäre er ganz zufällig in diese Gegend gelangt, stocherte im Gehen mit seinem Stöckchen gedankenlos im Laub. An besagtem Nachmittag saß eine grau gekleidete, vornehme Dame mit Gesichtsschleier und federgeschmücktem kleinem Hut unter den Bäumen und zog mit ihrem Sonnenschirm Linien auf den Boden. Es war Flóra. Ernő, der gerade den goldgelben bewaldeten Hügel, die prächtigen Details der Umgebung bewunderte, schenkte der Wartenden keinerlei Beachtung, nicht einen einzigen Blick.
(1913)
Blumenpflücken
Nagybotos Ernő Viola (über den ich schon einmal geschrieben habe) hatte den Gang eines Täuberichs: Er näherte sich den Frauen ungemein selbstbewusst, mit geschwellter Brust, die Schultern stramm nach hinten. So bildete sich in seinem hohen, breiten Kragen ein leichtes Doppelkinn. Er war stolz, glücklich, gesund und setzte seine Worte so sparsam ein, als würde er damit Geschenke verteilen. Kein Wunder, dass er viele Frauenherzen betört hat, denn er konnte die Damen glauben machen, dass er zu den Allerersten im Lande gehörte. Lob kam ihm selten über die Lippen, er hatte gegen die erste Quadrille der großen Oper ebenso seine Einwände wie gegen die Turmmusik der Matthiaskirche. Die Ostermesse in der Basilika gefiel ihm so wenig wie die Promenadenwege auf der Fischerbastei. Im
Grünen Jäger
von Zúgliget, wo die Sonnenstrahlen nur in handtellergroßen Flecken durch das schattenspendende Laub sickerten, spielten die Zigeuner alte Strauß-Walzer, die noch hölzern und verschämt wirkenden jungen Damen machten ihre ersten Ausflüge mit den Kavalieren und ließen sich unter dem Vorwand, Maiglöckchen zu pflücken, tiefer in den Wald locken. Nagybotos dagegen träumte vom
Casino de Monte Carlo
und den schön angemalten Gesichtern der Französinnen. Die Frauen, die Viola überallhin begleiteten, hörten sich seine Einwände gegen das Leben, die Natur und den Kapellmeister ehrerbietig an und waren bemüht, ihm zu gefallen, damit Ernő auf der einsamen Promenade des Volksparks (wohin ihm nach wochenlangem Werben eine Dame gefolgt war) nicht von seinen englischen Freunden, alten schottischen Schlössern und den rosig anmutenden Ladys schwärmte. Ernő Viola war ein so wüstes Subjekt wie ein Urmensch. Ihn interessierte das Wild nur so lange, wie er es jagte. Viele arme und fromme Mädchen (denen er in weitläufigen Kirchen beim Beten den Kopf verdrehte, unter deren Fenstern er nachts stundenlang umherwandelte und denen er unzählige Male ewige Treue gelobt und dabei gelogen hat oder sich, Selbstmordabsichten vortäuschend, durch die Armbeuge statt ins Herz schoss) bereuten, dass sie seinen drängenden Worten nachgegeben haben und Viola gefolgt sind in geheime Ecken, wo nur noch der liebe Gott ihr Herz und ihre Ehre hätte beschützen können. Doch nein, Viola kam dann stets etwas anderes in den Sinn, und mehr als einem Mädchen hat er ins Gesicht gesagt, dass sie, wenn sie seine Liebe begehrte, für modischere Schuhe und feinere
Weitere Kostenlose Bücher