Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
auch nur die ganz Vornehmen, doch dabei treibt ja hauptsächlich der Fuchs Sport. Die Engländer erwidern nämlich, wenn man ihnen die Grausamkeit der Fuchsjagd vorhält, die sich mit ihrer sonst so nachdrücklich betonten großen Tierliebe nicht verträgt, dass doch auch der Fuchs diesen Sport liebe und dankbar sei, weil er sich dabei einmal richtig auslaufen könne. Früher haben die Männer in England keinen Sport getrieben, im Gegenteil, sie saßen lieber. Heute achtet jedermann sorgfältig auf seine Linie, Dickleibigkeit ist ein größerer Makel als Dummheit. Früher dagegen waren die Engländer durchweg beleibt und behäbig; man braucht nur einen Blick auf die Konterfeis der Herzöge und Generäle zu werfen, wie sie Reynolds, Gainsborough und Zeitgenossen gemalt haben. Auch ihre Damen waren wohlgenährt. So wirkt etwa die berühmte Lady Hamilton, die letzte Liebe des Lord Nelson, nicht gerade schlank. Dick und gichtgeplagt waren sie, angeblich vom unmäßigen Genuss des Portweins, und weil der Gichtzeh so schmerzte, waren sie erst recht nicht bereit, sich zu bewegen.
Unbestritten ist allerdings, dass man sich im alten London viel besser amüsieren konnte als in der englischen Hauptstadt unserer Tage. Aber das ist ja auch nichts Neues. Möchte man heutzutage mit einer Bekannten in London ausgehen, zum Abendessen vielleicht oder auch, um ein wenig zu tanzen, sollte man mindestens fünf Pfund in der Tasche haben, was etwa hundert Pengő entspricht. Und das Abendessen wird längst nicht so gut sein, wie man es in Pest für fünf, sechs Pengő bekäme; zum Tanzen bietet sich auch nur ein verräucherter Nightclub an. Im London von heute gibt es keine richtigen Kaffeehäuser. Alkoholische Getränke werden nur zu vorgeschriebenen Zeiten, gegen Mittag und abends bis elf Uhr, ausgeschenkt, und selbst dann nur zu unverschämten Preisen. Nach elf haben ausschließlich die unbezahlbaren Nightclubs geöffnet und die schrecklich öden Lyons’ Corner Houses genannten Speisebetriebe, gelegentlich »mit Musik«. In den Halls der Studentenhotels kann man sich mit Freunden bis Mitternacht unterhalten; sobald die Uhr zwölf schlägt, erscheint die Hausdame, wünscht
good night
und schaltet das Licht aus.
Wie anders war das einst in London, etwa zur Zeit Casanovas, also vor hundertfünfzig Jahren. Das alte London hatte eine höher entwickelte Kaffeehaus-Kultur als Budapest heute. Das gesamte gesellschaftliche Leben fand im Kaffeehaus statt, und zwar getrennt nach Professionen. Es gab Kaffeehäuser für Politiker, solche für Seefahrer, für Literaten, für Sportbegeisterte, aber auch ziemlich berüchtigte für Spieler und Falschspieler. Große Vergnügungsparks standen den Menschen für ihre Freizeit zur Verfügung, zum Beispiel Vauxhall und Ranelagh; jeder Stadtteil veranstaltete an einem bestimmten Tag im Jahr einen großen Markt, dorthin strömte das erlebnishungrige Volk von weit her.
Wenn man die Texte älterer Schriftsteller liest, zum Beispiel Casanovas – der beschreibt, wie er durch die Gassen von Vauxhall schlenderte, links und rechts Bekannte grüßte und eifersüchtig nach der kleinen französischen Tänzerin Ausschau hielt, die ihm so große Qualen beschert hatte, als sie sich für das ganze weibliche Geschlecht an ihm rächte –, man könnte meinen, London habe zu jener Zeit einige Breitengrade weiter südlich gelegen als heute, damals muss es viel sonniger und wärmer gewesen sein. Denn der überwiegende Teil des Amüsements fand unter freiem Himmel statt, die Engländer lebten auf der Straße wie die Italiener; von den berüchtigten Nebeln findet sich in alten Büchern keine Spur.
Andererseits aber gewinnt man den Eindruck, wenn man die Autoren des 19. Jahrhunderts liest, sagen wir Dickens, dass London zu ihrer Zeit um einige Breitengrade nördlicher gelegen haben muss, weil damals ständig Winter geherrscht zu haben scheint, über der Stadt lag ewig brauner Nebel, und es war stets Abend, die Sonne schien demnach fast nie. Und tatsächlich war London zu Dickens’ Lebzeiten viel nebliger als in unseren Tagen. Der Nebel stieg damals nämlich aus den Themse-Sümpfen auf, doch seit man diese trockengelegt hat, gab es den wirklich dicken Londoner Nebel sehr viel seltener, kaum öfter als ein- oder zweimal im Jahr.
Wenn also nicht einmal das Klima von Beständigkeit ist – es verändert, wandelt und entwickelt sich im Laufe der Zeit, passt sich den Menschen und den Umständen an –, so brauchen wir uns doch
Weitere Kostenlose Bücher