Krumme Gurken
deine Mutter trinkt.«
»Nö!«, sagte Mia. »Ich hab keine Eltern. Sie sind beide gestorben.«
»Sorry!«
»Ist schon lange her«, sagte Mia. »Ich bin am Wochenende immer bei meiner Tante. Die ist supergut drauf. Ich ruf sie an und sage, dass ich mit dir nach Dresden fahre.«
»Ich schaue nach meinem Vater und mach das mit ihm klar«, sagte ich. »Hoffentlich gibt er mir was für die Fahrkarte.«
»Ich hab Geld«, sagte Mia.
»Die Fahrkarten zahle ich«, sagte ich und ging Vati suchen.
»Sooo!«, sagte mein Vater. Ich hatte ihn wieder in der Garage erwischt. »’sch nehm euch midm Audo mit. ’sch muss in Dräsdn noch ä bar Sachn ausm Haus holn. So um viere rum machnmor los. Jedz bringsch noch de Bosd ford.«
Ich ließ meinen Vater zur Post fahren und ging ins Haus. Vom Klo rief ich Rowdy an. »Ich komme mit ’ner Sängerin.«
»War an der Zeit«, sagte Rowdy.
Ich holte in der Küche ein paar alte Zeitungen und lief die Treppe hinauf, in mein Zimmer.
Wie ich am Liebesloch so herumkruschtele und die Zeitungen zerknülle, spricht mich plötzlich eine holde Stimme an: »Bist du da, Benn?«
Katja! Katja! Liebste! Was sollte ich machen, damit du mir wieder vertrauen würdest? Aus dem Fenster springen? Ja! Ich würde für dich aus dem Fenster springen.
»Ich bin da«, sagte ich.
»Was machst du?«
»Ich verstopfe das Liebesloch!«
»Das Liebesloch?«
»Hi, hi, hi …« Aus dem Hintergrund kam ein mehrstimmiges Kichern.
»Mia hat recht«, sagte Katja. »Du hast uns gut unterhalten. Egal, ob die Geschichten von dir kamen oder nicht.«
»Die Geschichten kamen von mir«, sagte ich. Klar, eigentlich hatte ich jetzt dank ihrer Toleranz eine Gelegenheit bekommen, meine Schummelei zuzugeben. Aber wenn ich das tat, würde ich nie mehr behaupten können, dass eine Geschichte von mir war. Jetzt, wo ich festgestellt hatte, dass ich mir auch richtige Geschichten ausdenken konnte, musste ich durchziehen, was ich mit Sascha abgesprochen hatte. Und viel geschummelt war’s ja auch nicht. Sascha und ich hatten die Geschichten getauscht. Wenn wir aber Geschichten getauscht haben, dann gehörte seine mir und meine ihm, oder? »Ich hab meine Hamstergeschichte Sascha geschenkt«, sagte ich. Das war nicht mal gelogen. »Wir kommen beide aus Dresden.«
»Jetzt hör auf mit dem Lügen!«, sagte Katja. Ihre Stimme klang enttäuscht.
»Du musst dich nicht freilügen, Bennie«, sagte Emma. »Wir haben dir verziehen«
»Habt ihr im Zimmer ’nen Internetanschluss?«, fragte ich.
»Nein!«, sagte Anna.
Aha. Auch sie redete wieder mit mir. Ich war glücklich! »Wir gehen jetzt in das Lehrerzimmer und chatten mit Sascha Guddimar«, sagte ich. »Er wird euch bestimmt gerne bestätigen, dass ich ihm eine Hamstergeschichte geschenkt habe.«
»Du kennst echt Sascha Guddimar?«, fragte Katja.
»Ja!«, sagte ich. »Kennst du ihn auch?«
»Nö!«
»Dann kannst du ihn jetzt kennenlernen!«
»Wir müssen aber um drei zum Zug!«
»Das schafft ihr locker!«, sagte ich.
»Wir könnten in den Computerraum«, mischte sich Mia ein. Auch sie war mittlerweile im Mädchenzimmer angekommen.
»Der Computerraum ist jetzt sicher schon geschlossen«, sagte Anna.
»Vielleicht macht uns dein Vati auf«, sagte Mia.
»Vati!«, äffte Anna nach. Was an Vati aber schlimmer ist als an Papa, verriet sie nicht.
»Vati ist zur Post gefahren«, sagte ich. »Wir machen das im Lehrerzimmer.«
Zum Glück hockte Frau Korcks noch in ihrem Büro. Echt das Arbeitstier, diese Schulleiterin! Die anderen Lehrer rasten
schon in die Zielgerade des Wochenendes wie Rennwagen bei Grand Tourismo .
»Grüß Gott, Frau Korcks!«, sagte ich. »Dürfte ich den Mädchen was am Rechner zeigen?«
»Freut mich, dass du schon ein paar von unseren Mädchen kennengelernt hast«, sagte Frau Korcks. »Und gleich die berühmteste Clique hier!«
Gleich nutzte Emma die Gelegenheit: »Dürfen wir also am nächsten Mittwoch zu der Party in die Stadt, Frau Korcks?«
»Nur die von euch, die schon sechzehn sind. Letztes Jahr habe ich Probleme mit den Eltern bekommen, weil manche von euch noch fünfzehn waren.«
»Wir vier sind alle sechzehn.«
»Also gut«, sagte Frau Korcks. »Ihr habt’s euch mit dem Turniersieg verdient.« Dann seufzte sie. »Viel Spaß mit dem Computer! Ich muss leider noch arbeiten.« Sie winkte uns zu und schloss ihre Tür.
Ich schmiss schnell den Computer an und suchte in meinen Taschen nach nichts, um mit den Mädchen nicht über die
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