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Krumme Gurken

Krumme Gurken

Titel: Krumme Gurken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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piepte mein Handy. Die Ballade war da. Super genial!
    Eine Viertelstunde später hockten mein Vater und Mia schon im Auto. Vati erzählte Mia auf Sächsisch sächsische Kalauer. Die Fahrt nach Dräsdn in die alte Heimat hatte ihn sächsisch gestimmt. Ich hockte mich zu Mia nach hinten.
    »Sooo?«, fragte Vati. »Aalso dor Gen’ch von Saggsn, Augusd dor Schdarge, is immor mid seinor Kuddsche dursch Dräsdn gefahrn. Immor wenn’r ä scheenes Mädl gesehn hadd, hadd’r zum Guddschor gesachd: ›Die midd droff‹ und ›Die midd droff‹ und ›Die midd droff.‹ Und däswegn hadd’s in dor DeDeEr so viele Dimidroff-Straßn gegäbn.«
    »Vati«, sagte ich. »Mia versteht kein Sächsisch.«
    »Soou?«, sagte Vati. »Also: der König von Sachsen, August
der Starke, ist immer mit seiner Kutsche durch Dresden gefahren. Wann immer er ein hübsches Mädchen sah, dann sagte er seinem Kutscher: ›Die mit „roff!“‹ Und deswegen hat’s in der DDR so viele Dimitroff-Straßen gegeben.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. Nö! Das konnte nicht wahr sein! »Vati«, sagte ich im Schock. »Du kannst Deutsch?«
    »Logo!«, sagte Vati. »Ich bin Sachse, aber ich bin nicht blöd!«
    Das genauso Unglaubliche aber war, dass Mia gleich nach dem Witz losgelacht hatte. So einen heftigst üblen DDR-Kalauer dürfte doch in Bayern keine Sau verstehen. Wer kannte hier schon den bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff?
    »Vati«, sagte ich. »Hier weiß doch keiner, was DDR war.«
    »Ich schon!«, sagte Mia. »Meine Eltern kamen aus Leipzig.«
    »Leibdsch?«, sagte Vati wieder auf Sächsisch. »Dann sin’ mor Landsläude!«
    »Ich kann aber nur ein bissl Sächsisch«, sagte Mia. »Ich lebe bei meiner Tante, die kommt auch aus Leipzig, spricht aber Hochdeutsch, obwohl sie jetzt in München wohnt.«
    Vati zog ein paar Puhdys -CDs aus den Hüllen und legte sie auf den leeren Beifahrersitz. »Sooo!«, sagte er. »Ferddsch?« Er drehte sich um, zeigte auf mein Notebook und lachte. »Zu mein’ Zeidn had’ mor middn Mädls ni vorm Combjuor rumgehangn.« Mir war klar, was man zu seinen Zeiten in der DDR mit den Mädchen trieb. Mia wurde rot wie das Cover von der ersten Krumme-Gurken -CD, das ich mir gerade ausgedacht habe. Zu Gurken passen doch Tomaten. So heiß wie sich meine Backen anfühlten, trug ich aber sicher die gleiche Farbe wie Mia.

    »Vati!«, sagte ich. »Hör auf damit!« Die Erwachsenen halt mit ihren Sprüchen. Ziemlich ahnungslos sowieso. »Die Zeiten ändern sich«, fügte ich hinzu. Klar hatte ich mein Notebook mitnehmen müssen. Ich war in Panik, was ich auf einer solch langen Fahrt mit Mia bereden sollte. Mit Anna und Katja und Emma wüsste ich’s schon. Aber Mia? Vielleicht konnten wir zocken statt reden. Zuerst musste aber ein Songtext für die neue Sängerin gedichtet werden. Ich legte mein Notebook zur Seite und kramte Zettel und Bleistift hervor. Mein Akku hielt nur so zwei Stunden und ich wollte es nicht beim Dichten entladen. Mein Vater drehte die Puhdys voll auf und tauchte in seine Ostalgie. Wenn die Puhdys rockten, interessierte ihn der Rest der Welt nicht mehr.
    Komisch! Das Reimlexikon, das ich extra eingesteckt hatte, musste ich beim Texten kein einziges Mal aufschlagen. Mia streckte mir die Zunge raus und gleich fiel mir ein Vers ein. Die Frau war echt ’ne Nummer. Jedes Pfund von ihr war irgendwie seines Gewichts wert, he, he, he! In einer Stunde hatte ich vier Strophen und den Refrain. Der Text war etwas anspruchsvoller als beim Kerzensong, aber ich wollte meiner eigenen Entwicklung nicht im Weg stehen, und so wehrte ich mich auch gegen den Tiefsinn nicht.
     
    Mias Lied
     
    Willst du zur Venus fliegen
Gewinnen und nicht siegen
In der tiefsten Höhle eine Sonne finden
Schmecken wie Aprikosen
Duften nach wilden Rosen
Himmelhohe Mauern überwinden

     
    Ref:
    Auch dein Herz pocht einen fetten Beat
So mach dein Leben einfach zu einem Lied
Komm mit!
     
    Statt um Erfolg zu ringen
Kannst du nur dein Lied singen
Die Welt taucht ein in deine Harmonie
Trotz Ansagen vom Wahrsager
Werden Schicksalsschläge Schlager
Dein Leben wird zu einer Melodie
     
    Ref:
    Auch dein Herz pocht einen fetten Beat
So mach dein Leben einfach zu einem Lied
Komm mit!
     
    Bald gehen wir zusammen
Durch Schneestürme, durch Flammen
Singen, spielen, staunen, tanzen, lachen
Stellen nur blöde Fragen
Und lassen uns nichts sagen
Wenn es kalt wird, reiten wir Feuerdrachen
     
    Ref:
    Auch dein Herz pocht einen fetten Beat

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