Krumme Gurken
Quatsch!«
»Nein!«, sagte ich. »Das stimmt. Wirklich! Geister haben irrsinnige Angst vor Schimpfwörtern. Vor einem Gangstarapper scheißt sich jeder Geist in die Hose. Wenn du ›isch fick deine Mudder, Alda!‹ sagst, haut jeder Geist ab.« Mia lachte, doch schon etwas verunsichert. Sie wusste nicht, dass das einzige unangenehme Wesen, das in unserem Haus in Dresden gerade rumspukte, Claras Stecher Kevin war.
Ich freute mich, das Schwesterchen wieder zu sehen. Und sie muss sich auch gefreut haben, weil sie für uns auf zwei Pfannen Vatis und meine Lieblingsspeise briet – Kartoffelpuffer mit viel Knoblauch und Majoran. Das Rezept hatten wir von Vatis Oma geerbt, die nach Dresden aus Böhmen kam. Für Vati hatte Clara einige Flaschen Pilsner Urquell gekauft. Er mochte das tschechische Bier.
»Super lecker!«, sagte Mia bei dem späten Abendessen.
Sie flüsterte mir ins Öhrchen: »Mit dieser Knoblauchbombe im Bauch wird sich kein Geist in meine Nähe trauen.«
»Knoblauch vertreibt Vampire«, sagte ich mit ernster Miene. »Keine Geister!«
»Ach so!« Mia machte ein putzig trauriges Gesicht, langte jedoch bei den fettigen Puffern weiter zu.
»Hast du keine Angst wegen deiner Linie?«, fragte Clara Mia. Kevin kicherte. Obwohl ich hin und wieder auch einen Witz über Mias Figur schmiss, bekam ich plötzlich arg Lust, Kevin das Lachen aus der Fresse zu schrubben. Aber von einer Linie konnte man bei Mia echt nicht sprechen. Eher von Kurven!
»Klar hab ich Angst wegen meiner Linie«, sagte Mia. »Aber nur, wenn’s mir nicht schmeckt.«
»Säggssch!«, sagte Vater.
Mias schon so große Augen gingen über den Tellerrand. »Mein Vater meint nicht ›Sex‹!«, sagte ich. »Er meint, dass du ganz schön sächsisch bist!« Vati grinste wieder mal.
Kevin versuchte, meinen Vater wieder mal zu einem Aktienkauf zu überreden, aber Vati blockte ihn elegant ab: »Nu, nu. Liebor reich und gesund als arm und grang«, sagte er und ging schlafen.
Mein altes Zimmer stand immer noch startklar für mich, um in die Träume zu fliegen. Mia schlief im Gästezimmer daneben. Clara und Kevin wohnten unten im alten Schlafzimmer der Eltern und mein Vater legte sich auf die Couch im Wohnzimmer hin.
Mein Zimmer. Wow! Noch genau so, wie ich’s verlassen hatte. Frisch bezogenes Bett. Sogar mit meinem letzten Joghurtbecher auf dem Tisch. Nur die Joghurtreste schauten nicht mehr ganz so frisch aus. Ich schmiss den Joghurtbecher
in die Mülltonne, damit in ihm in den nächsten Wochen keine neue Evolution in Gang gesetzt würde und jagte wieder nach oben. Endlich Bett!
Lange schliefen wir nicht. »Eeeeeeeh!« Ein Gekreische im Treppenhaus ließ die Zimmerwände erzittern. Raubüberfall? Ich sprang aus dem Bett und machte das Licht an. Mitternacht! Und von draußen wieder, kreisch, kreisch: »Eeeeeh!« Ich lief auf die Treppe und schaltete auch hier das Licht ein. Unter der Treppe stand Mia in einem blauen Pyjama, blass wie ein Bettlaken. Vor der Klotür zitterte Kevin. Mein Vater und Clara bogen auch gerade um die Ecke.
»Benn hat mir gesagt, dass es bei euch spukt«, sagte Mia. »Ich habe vor Angst geschrien und Kevin damit erschreckt.«
»Vollidiot!«, sagte Clara und schleppte Kevin ins Schlafzimmer. Wen hatte sie mit dem »Vollidiot« aber gemeint? Mich oder Kevin?
Vater freute sich sichtlich, dass Kevin von Mia gedisst wurde, holte aus dem großen Kühlschrank im Gang ein Pilsner Urquell und machte es auf. »Die is in Ordnung«, sagte er, nickte zu Mia und ging mit seinem Bier ins Bett.
»Gute Nacht!«, sagte ich zu Mia.
Plötzlich war die Schlaflust verflogen. Durfte sowieso mein geliebtes DSL nicht so missachten. Nachdem ich noch dazu eine Woche lang ohne Netz war. Außerdem konnte ich vor dem Schlaf in einer Web-Zitatendatenbank nach ein paar passenden Zitaten suchen, um Katja, die kleine Hippie-Philosophin, zu beeindrucken. Heute musst du keine Bücher wälzen, um dir etwas Bildung anzueignen. Google reicht vollkommen. So! Nach einer Stunde hatte ich ’ne Menge schlaue Sprüche abgespeichert. Schluss damit! Die Müdigkeit nach der Fahrt trieb mich nun doch ins Bett.
Ich war noch nicht ganz ins Reich der Sex-Albträume getaucht, da klopfte es an meiner Tür. Ein Geist huschte in mein Zimmer und schlüpfte zu mir ins Bett. Ein Geist mit viel Körper. »Ich habe Angst«, sagte Mia. »Kann ich bei dir schlafen?«
»Klar!«, sagte ich. »Reicht dir die Decke?«
»Machst du dich über mich lustig?«, fragte
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