Krumme Gurken
Pflaster hier! Anna, Katja und Emma fingen an, mir herausfordernde Blicke zuzuwerfen. In Panik joggte ich nach draußen und zückte mein Handy.
»Hast du schon mal getanzt?«, fragte ich Rowdy.
»Spinnst du?«
»Scheiße!«, sagte ich. »Bin mit meinen Freundinnen bei einer Tanzparty. Hier in Bayern schaut das Tanzen aber aus wie Gruppensex. Was mach ich, verdammt? Ich krieg ’nen Ständer, Mann, wenn ich nur zur Tanzfläche gucke. Bei so dichtem Tanzen würde ich dem Mädchen den Gömböc gleich aufs Bein drücken. Die lachen mich doch aus!«
»Mir hat mal einer von unserer Klasse erzählt, dass der Mann beim Tanzen einen Ständer haben muss !«, sagte Rowdy. »Sonst fühlt sich die Frau beleidigt. Der Ständer gehört beim Tanzen zum Mann, wie der Controller zur PS! Das sagt man dir in jedem Kurs für gutes Benehmen so. In jeder Tanzschule sowieso. Ich kann mal fragen? Warte!«
»Halt, Rowdy! Wen willst du fragen, he? Deine Mutter?«
»Nee!«, sagte Rowdy. »Mama versteht solche Probleme nicht. Warte mal eben.« Es raschelte, als ob er den Hörer abdeckte. »Carmela? Benn ist bei einer Tanzparty, hat aber die ganze Zeit ’nen Ständer. Das ist doch normal, oder?«
»Waas, du Arschloch!«, brüllte ich. »Carmela ist bei dir? Und du fragst sie wegen meinem Ständer?«
»Mach dir keinen Stress damit, Bennie!«, kam Carmelas Stimme aus dem Handy. »Geh einfach tanzen. Wenn dich das Mädchen mag, lacht es nicht über dich!«
»Meinst du?« Ich war nicht sicher. »Bis dann!«
Die Tanzfläche wurde immer voller, nur die Musik ist zur Abwechslung aufs Land gewandert – Country Strong von Gwyneth Paltrow.
»Damenwahl!«, sagte Emma und trieb mich vor sich her – wie der Metzger das arme Vieh auf die Schlachtrampe. Auf der Tanzfläche packte sie mich am Arsch, als wäre ich der Stripper bei ’ner Drunk-Women-Party und los ging’s. Ich schickte mein Hirn in meine Füße und versuchte meine Suppenhuhn-Schritte der Musik und Emmas Füßen anzupassen. Zumindest hatte mich die Panik, Emma die Füße zu zertrampeln, vorerst meine Erektionsängste voll vergessen lassen. Obwohl Emma sich auf mich gelegt hatte wie auf ’ne Matratze. Ihr Bein an meinem, ihre großen Brüste an meinen kleinen, wippte sie im Banne der Musik und rieb sich an mir, als ob sie meine PIN-Nummer rausrubbeln wollte. Ihr Kopf lag auf meiner Schulter und ihr Haar kitzelte mich an der Backe. Zu allem Überfluss sang sie mir ins rechte Ohr:
»Cause I’m country strong
Hard to break
Like the ground I grew up on
You may fool me
And I’ll fall
But I won’t stay down long
Cause I’m country strong
I’m country strong
Yeah, I’m country strong
I’m country strong
I’m country strong
I’m country strong«
Genauso war’s! Ich schwöre! Emma sang grottenschlecht, doch der Text passte zu ihr wie die Suppe zum Teller. (Der Spruch ist nicht von mir, der kommt von meinem Vater.) Bald hatten meine Füße ihren Rhythmus gefunden, langsam schickten sich andere Glieder an, das Parkett zu erobern – höchste Zeit wieder etwas Distanz zu gewinnen. Gott sei Dank legte der DJ gleich Pause ein.
»Ich muss jetzt mit dem Typen da tanzen«, sagte Emma und nickte Richtung Hardy aus meiner Klasse, der hin und wieder unauffällig nach uns geschielt hatte.
Aha! Eifersüchtig! Na, dann, Bennie! Etwas Trost spendet die Ansicht eifersüchtig schielender Jungs schon. Gleich weißt du, dass du nicht allein den Vollidioten spielen musst. Neben Hardy stand Alina. Sie hat unseren Blick erwischt und drohte mir auf die bayerische Art mit dem Finger: »Du Schlawiner, du!«
Die Tanzfreude stülpte sich über die Leute wie ’ne Käseglocke, nur ich stank heraus. Emma hüpfte davon, ich wollte mich diskret verziehen und etwas autogenes Training machen, doch schon zerrte mich Anna aufs Parket. Zum Glück legte der DJ AC/DC auf.
»Gefällt dir Emma?«, brüllte mir Anna ins Ohr.
»Wer ist denn Emma?«, brüllte ich zurück, ich Schuft. Aber ohne diesen Verrat hätte ich Anna sicher nicht sosehr zum Lachen gebracht wie jetzt. Sie warf ihren wunderschön gelockten Kopf in den Nacken und gackerte mich in kosmische Liebesbahnen. Nicht mal einen Spruch mit ihrem Papa brachte sie.
»Hoffentlich sagst du eine Stunde später nicht, ›wer ist denn Anna?‹«, sagte Anna. »Aber mein Papa sagt, dass Standhaftigkeit den wahren Mann ausmacht.«
Ohne Worte. Standhaft war ich auf jeden Fall! Zum Glück legte Ollo weiter wildes Ska auf. So musste ich meine
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