Krumme Gurken
ging mein Vater nach unten. Endlich Nachtruhe. Ich posierte noch etwas vor dem Spiegel. Schaute in Mias Sommerkleid supersüß aus. Echt!
Erst gegen zwei konnte ich meine Klamotten im Klostergarten holen. Als schon alle Fenster des Mädchenwohnheims eine fette Augenbinde trugen.
Voll auf Herzen
Heute schwebte Alina in die Schule in einem so kurzen Rock, dass ich mich echt zusammenreißen musste. Sie war zwar nicht so krass hübsch wie meine Mädchen im Internat, doch ein kurzer Rock verschönert sogar Naturwissenschaftlerinnen. Wenn sie vom Rock noch einen schmalen Streifen wegschneiden würde, müsste man ihn als Gürtel bezeichnen. Oder als einen Peitschenschlag. Huch! Auch als Intellektuelle wollte Alina wohl ihre anderen Talente nicht vernachlässigen. Vor der Physik flüsterte sie mir ins Öhrchen »die Entropie im Weltall nimmt zu« und legte das rechte Bein über das linke. Ich versuchte, unseren Lehrer, den Herrn Katzmarz, anzugucken, aber seine Dauerwelle war gegen die nackten Beine von Alina ein zu schwacher Blickfang. Woodstock ging heute hinter unserer Schulbank ab. Ich hatte voll den Rowdy-Zwang verspürt, mich auf den Boden zu hauen, unter unserer Bank nach meinem Radiergummi zu suchen und dabei dem Minirock von Alina und allem drum herum und drunter eine Inspektion abzustatten. Aber so was tat man nicht, oder? Schon wackelte Alina auf dem Stuhl, als stachen sie meine aufdringlichen Gedanken. Besser, ich träumte ein bisschen von Anna.
»Was machst du da, Bennie?«
»Waaas?«
Alina zeigte auf mein Deutschbuch. Die aufgeschlagene Doppelseite war mit Herzen vollgekritzelt. »Sind die für mich?«, fragte Alina und kicherte.
»Die hab nicht ich gemalt«, sagte ich.
»Doch!«
»Die müssen schon vorher im Buch gewesen sein«, sagte ich. »Das hab ich erst gestern gekriegt und nicht ordentlich kontrolliert.«
»Die waren nicht drin«, sagte Alina. »Die hast du hingemalt. Gerade jetzt!« Wusste echt nicht, ob sie’s mit ihrer Ehrlichkeit sehr weit im Leben bringen würde. Trotzdem blieb mir nichts anderes übrig, als nach der Schule wieder Alinas Tasche zu tragen. Damit sie nicht mit den anderen Mädels ging und ihnen über meine Herzen erzählte. In die Busssitze kratzte ich aber keine Herzen rein. Das schwöre ich! Die müssen von jemand anderem gestammt haben. Sicher von Frauen. Was Herzen angeht, schrecken Frauen vor keinem Vandalismus zurück.
Als ich am Nachmittag und am Abend, bis in die Nacht, bis in die Träume keine Stimme aus dem Mädchenzimmer vernahm, und nur noch wartete – wann würden sie heimkommen? – wurde mir plötzlich klar, dass die Lage brenzlig wurde. Ich verspürte nur Angst. Warum waren sie noch nicht zu Hause, verdammt? Keine von ihnen? Hey! Was tat sich mit mir? War ich wirklich verliebt? Nicht nur aus Spaß? Nicht nur, um einen blöden Spruch zu bringen? Wenn ich aber tatsächlich verliebt war, blieb immer noch die entscheidende Frage: In wen, verdammt?
Sie waren bei Freundinnen in einem anderen Trakt des
Internats gewesen. Bis um Mitternacht. Aber das erfuhr ich erst am nächsten Morgen. An dem gewissen Morgen, der einem teuflischen Abend voranging, dem Abend der Tanzparty. Zu der ich in keinem Fall gehen wollte!
Meine erste Tanzparty
»Du hilfst uns aber schon heute Abend, Bennie?« Die Frage klang eher wie ein Befehl, aber das war ich ja schon gewöhnt. Voll der Mussolini die Frau. Wenn du mal verheiratet bist, dann läuft’s zu Hause wie bei der Bundeswehr.
»Was meinst du?«, fragte ich.
»Na, heute Abend bei unserer Tanzparty«, sagte Alina. »Ein paar Mädchen aus der Mädchenschule kommen auch. Du wohnst doch dort. Hat dir bis jetzt keine von ihnen was gesagt?«
»D …d ….d …doch!«
»Und wie hast du dich herausgeredet?«, fragte Alina. Mann! Eine weitere Sibylle! Die Mädchen schienen voll auf dem Hellseher- und Propheten-Trip zu sein.
»Ich muss…«, sagte ich. »Ich muss Leuchtkäfer fangen.«
»Wozu?«
»Für… für Bio-Leuchtsalami.«
»He?«
Mist! Hab vergessen, dass Alina krass intelligent war. Der musste ich was Klügeres aufbinden: »Ich … ich erkälte mich leicht… und gestern waren in der Nacht nur noch plus zwölf Grad.«
»Der absolute Nullpunkt der Temperatur ist unerreichbar«, sagte Alina. »Klar musst du helfen!« Sie guckte mir so
lange in die Augen, bis ich »Ja« sagte, Scheiße verdammte! Und was jetzt? Plötzlich fiel mir aber Vatis Spruch ein: »Das Tanzen ist ein heidnisches Ritual, das Frauen
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