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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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dich
    krankenhausreif prügelte. Das gehörte zu den
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    Dingen, die ich lieber glaubte, ohne die Erfahrung
    machen zu müssen. Er hieß John Kent, aber alle
    nannten ihn den Gent, für Gentleman. Er war ein
    Spieler, der einen eigenen Club drüben an der
    schiffbaren Fahrrinne des Bayou besaß – den Grünen
    Papagei. Seeleute aus der ganzen Welt hatten ihr
    Geld und ihre Unschuld im Papagei verloren. Sein
    Rausschmeißer war eine kerlige Lesbe namens Big
    Kate – eine große, grobknochige, häßliche Frau aus
    East Texas, die ein kurzärmliges weißes
    Männerhemd mit einem Päckchen Pall Mall im
    aufgerollten linken Ärmel trug, dazu einen
    marineblauen Rock, schwarze Männerschuhe und
    einen Schlagstock, der an einem Lederband um ihren
    Hals baumelte. Wenn irgendwer über die Stränge
    schlug, griff Big Kate zum Knüppel, verarbeitete den
    Kerl zu Frikassee und warf ihn in den Graben
    hinterm Haus. John erzählte mir einmal, er habe eine
    Frau angeheuert, damit die Prügel so demütigend
    wie schmerzhaft seien. Eine Lektion, die sie beim
    nächsten Mal nicht schon vergessen hätten. Abends
    war John im Papagei zu finden, tagsüber spielte er
    hier Karten.
    »Ich brauche ein paar Informationen, John. Kennst
    du zufällig einen Cecil Green?«
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    Er runzelte nachdenklich die Stirn und wollte den
    Kopf schütteln.
    »Ein alter Mann. Ein Schieber, schon lange in der
    Gegend«, half ich ihm auf die Sprünge.
    John lächelte dümmlich. »Ach so, Cecil. Ich glaube
    nicht, daß er sich Green genannt hat, als ich seine
    Bekanntschaft machte. Ich erinnere mich an die Zeit
    draußen in San Diego, als ich die Nummer mit der
    Kette von Chiropraktik-Kliniken laufen hatte, da kam
    Cecil, um für mich als Medizinmann aus Südamerika
    zu arbeiten … aber deswegen bist du nicht
    hergekommen. Was ist mit Cecil?«
    »Er ist gestern abend um ein Haar umgebracht
    worden. Unfall mit Fahrerflucht. Ich denke, das war
    beabsichtigt, wahrscheinlich von einem Vogel
    namens Chuckie. Ein großer, babyrosa Typ mit rotem
    Haar, Ende zwanzig – sieht aus wie das weiße
    Kaninchen aus Alice im Wunderland. Wäre schön,
    wenn ich ihn finden könnte.«
    John nickte, schnippte dem aalglatten Kerl zu
    seiner Linken mit den Fingern zu und machte eine
    kaum wahrnehmbare Kopfbewegung. Der Mann
    schoß hoch wie eine Rakete und drehte eine Runde
    durchs Lokal, um jeden auszuquetschen.
    Während wir warteten, brachten John und ich uns
    gegenseitig auf den Stand, wer wen in Houston
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    umlegte. Wir plauderten ungefähr zwanzig Minuten,
    dann kam das Wiesel zurück an den Tisch.
    »‘n paar Jungs da drüben sagen, sie ham gestern
    abend mit Cecil in Fat Tonys Werkstatt Würfel
    gezockt. Sagen, er war’ hin und weg über eine neue
    Kiste, die er aufgetan hat. Sagen, er hat Wind von
    jemand gekriegt, bei dem er absahnen will. Sagte,
    diesen Winter würde er den Jungs ‘ne Postkarte aus
    Miami
    schicken.
    Spuckt
    große
    Töne.
    Riesengeheimnis.«
    John sah ihn an. »Er wollte jemanden erpressen?«
    »Ganz großes Absahnen«, plapperte das Wiesel.
    »Er hat nicht gesagt, wer die Person ist, die er
    erpreßt?« fragte John.
    »Nee. Mehr wissen se nich’.«
    Ich zog eine Visitenkarte aus der Hosentasche und
    reichte sie John. »Danke. Tu mir den Gefallen und ruf
    mich an, falls du zufällig noch was hörst, okay?«
    »Wird mir ein Vergnügen sein, Hollis. Machen
    wir, nicht wahr, Jungs?«
    Sie nickten einträchtig.
    Auf dem Weg nach draußen besorgte ich einen
    Becher Wasser für Anice. Die Bullenhitze des
    Vormittags war erschlagend, und nach dem
    schummrigen Billardschuppen stach mir die Sonne in
    die Augen. Die hohen Gebäude der Innenstadt
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    waberten flimmernd. Graue Wolken türmten sich im
    Nordosten.
    »Laß es regnen«, grummelte ich, als ich vom
    Parkplatz rollte und Staubwolken um den Wagen
    aufwirbelten.
    Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich damit,
    in der Main, Travis, Milam und Fannin Street
    herumzukurven und gelegentlich anzuhalten, um mit
    Gaunern, Zeitungsjungs, Koksköpfen, Prostituierten,
    Schränkern und allen sonstigen auftreibbaren Vögeln
    zu reden, die Chuckie kennen könnten. Vollnull. Sie
    versprachen, mich anzurufen, sollten sie etwas hören
    – gegen ein kleines Honorar, versteht sich.
    Mittags fuhr ich rüber zur ›Saubude‹ in der West
    Gray Street, parkte im Schatten und ging rein, um
    zwei Sandwiches mit Schweinebraten und Krautsalat
    zu holen. Anice und ich setzten uns an einen
    Picknicktisch im Schatten und

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