Krumme Touren in Texas
ruhig Blut, kleines Fräulein, ich hab’
Sie nur auf die Schippe genommen und eine Schau
für die Jungs da drinnen abgezogen. Das erwarten
die sozusagen von mir. Gehen wir was trinken und
einen Happen essen.«
Ein langer, dunkelgrüner Bentley mit schwarzen
Kotflügeln fuhr vor. Der Chauffeur stieg aus und
hielt uns die Tür auf, und wir krabbelten auf den
Rücksitz. Der Wagen hatte keinen Motor – er wurde
von flatternden Engelsflügeln angetrieben. Willson
tippte auf einen Chromknopf in einer hölzernen
Seitenverkleidung, und eine Tür sprang auf und gab
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den Blick auf ein paar Flaschen frei, die nach echtem
Stoff aussahen. Er nahm die, auf der Bourbon stand,
und goß etwas in die beiden Kristallgläser, die er aus
demselben Fach gezogen hatte. Ein kleiner silberner
Eiskübel mit silbernem Sodasiphon stand auf einem
niedrigen Walnußholztischchen, das aus der Lehne
des Vordersitzes geklappt war. Ich warf etwas
zerstoßenes Eis in mein Glas und spritzte aus purer
Höflichkeit ein bißchen Soda dazu.
»Gurgeln Sie’s runter«, sagte er und deutete auf
das Glas.
Ich pichelte genüßlich.
»Na, wie finden Sie den?« fragte er.
»Besser als Katzenpisse, nicht so weich wie
Möbelpolitur«, sagte ich kennerhaft und leckte mir
die Lippen.
Er verschluckte sich an seinem Drink, spuckte dem
Chauffeur Bourbon auf den Hinterkopf und schlug
sich grölend auf die Schenkel. »Der Witz ist gut. Ha
ha! Hier, nehmen Sie noch einen.« Dann zum
Chauffeur: »Fahr um den Park, Cleotis.«
Wir schwebten bourbonnippend über die Main
Street. Willson lächelte und winkte den Leuten auf
den Gehwegen zu, immer auf Stimmenfang,
während wir dahinflogen. Die Gebäude wurden
kleiner, je weiter wir nach Süden kamen, bis ein- oder
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zweigeschossige Backsteinhäuser mit kleinen,
dekorativen,
weißen
Stuckverzierungen
und
Türmchen überwogen. Als wir schließlich am
Warwick Hotel, dem Museum of Fine Arts und dem
Eingang zum Hermann Park vorbeifuhren,
durchströmte mich ein warmes, wohliges Glühen,
und ich hegte beinah freundliche Gefühle für den
alten Halunken neben mir.
Er hatte den größten Teil der Fahrt damit
verbracht, darauf herumzureiten, was er alles tun
wollte, wenn er in den Senat gewählt würde.
Steuersenkungen, bessere öffentliche Dienste – das
übliche Gewäsch. Nach einer Weile ging er dazu
über, die Weiblichkeit der Südstaaten müsse
geschützt werden, weil sie eine zarte Blume sei, dann
fuhr er fort, daß alle Frauen in der Küche bleiben
sollten, ohne Wahlrecht. Noch bevor wir zu der
großen Reiterstatue von Sam Houston kamen, hatte
ich das Glühen und die freundlichen Gefühle
vergessen.
»So. Kann’s nu’ losgehen zum Mittagessen, mein
Fräulein?« Er drückte mir leutselig das Knie.
Ich kicherte und verpaßte ihm statt einer Antwort
einen spielerischen Stoß, der ihn gegen das Scharnier
des Klappverdecks knallen ließ. Sein Kopf machte ein
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Geräusch, als wäre ein Brett in zwei Teile zerbrochen,
und Tränen schossen ihm in die Augen.
»Sie spielen rücksichtslos, kleines Fräulein«, sagte
er und rieb sich den Kopf mit Eis aus dem silbernen
Kübel.
»Wenn Sie mir noch einmal die Hand aufs Knie
legen, zeige ich Ihnen, wie rücksichtslos ich sein
kann.« Ich lächelte liebenswürdig und schlug ihm auf
die Schulter. Er rutschte hastig ans Fenster, um aus
meiner Reichweite zu kommen.
»Bring uns zum Petroleum Club, Cleotis«, befahl
er, dann ließ er eine Schmährede vom Stapel über die
Sünden von Schwester Jasmine und den Jesus People.
Nachdem er eine Zeitlang geschwafelt hatte,
unterbrach ich ihn. »Und warum erzählen Sie mir
das?«
»Na ja, ich hab’ gehört, Sie stellen
Nachforschungen über Schwester Jasmine an. Sie
sind eine bekannte Kriminalreporterin hier in
Houston. Ich denke mir, wenn Sie an Schwester
Jasmine interessiert sind, ist es etwas Großes, sonst
würden Sie Ihre Zeit nicht damit verschwenden. Ich
will wissen, was Sie recherchieren. Die Wähler
werden es zu schätzen wissen. Eine Hand wäscht die
andere.«
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Wir grinsten einander verschlagen an, wie zwei
Sumo-Ringer, die Pistolen in ihren Windeln versteckt
hatten, bevor sie in den Ring stiegen.
»Wie in aller Welt kommen Sie darauf, daß ich
Nachforschungen über Schwester Jasmine anstelle?«
»Ach, kommen Sie, Miss Carpenter. Ich habe
überall in der Stadt meine Quellen. Unterschätzen Sie
mich nicht, und denken Sie bloß nicht, ich
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