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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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hätte, sich
    gegenüber seinem großen Staat, der ihm soviel
    gegeben habe, erkenntlich zu zeigen. »Was Texas
    mehr als alles andere braucht, sind rechtschaffene
    Politiker«, sagte er und überging unbekümmert die
    Ironie, daß er durch Erpressung in den Senat
    kommen wollte.
    Er würde einen guten Politiker abgeben, keine
    Frage – er besaß nicht ein Fünkchen Integrität. Er
    grinste die Leute im Speisesaal volkstümelnd an. Ich
    wollte gerade meine Pekannußcremetorte à la mode
    anstechen, als ich seine Hand auf meinem
    Oberschenkel spürte. Ich langte schnell über den
    Tisch und rammte ihm meine Dessertgabel in den
    Arm. Er kreischte wie ein Gummireifen auf heißem
    Asphalt. Jetzt war ich an der Reihe, die anderen
    Gäste anzugrinsen.
    Als ich mit Nachtisch und Kaffee fertig war, stand
    ich auf und ging, obwohl er noch beim Essen war.
    Überflüssig, gute Manieren an so einen
    aufgeblasenen Schleimbeutel zu verschwenden.
    Ich bummelte durch die Straßen der Innenstadt,
    um mir das Mittagessen und den Bourbon
    abzulaufen. Im Loews lief Stella Dallas, und ich
    überlegte reinzugehen, nur um für zwei Stunden in
    119
    der kühlen Luft zu sitzen, aber der Film sollte ein
    Schmachtfetzen sein, und das war so ungefähr das
    letzte, was ich gerade gebrauchen konnte. Außerdem
    würde Anice sauer auf mich sein, wenn ich ohne sie
    ins Kino ging. Meist schmuggelte ich sie in einer
    großen braunen Papiertüte rein und erzählte den
    Platzanweiserinnen, daß ich mir mein Popcorn
    mitgebracht hätte. Wir wurden nur einmal erwischt,
    als sie sich vergaß und Tyrone Power in Café
    Metropole verbellte.
    Ich blieb stehen und redete mit ein paar
    Zeitungsjungs,
    dann
    ging
    ich
    in
    ein
    Spirituosengeschäft, um ein Fläschchen für das
    Handschuhfach zu besorgen.
    Ich vermißte Lily, aber zum ersten Mal seit ihrer
    Abreise war ich froh, daß sie in Frankreich war. Ich
    wollte klar Schiff mit dem ganzen Chaos machen,
    bevor sie nach Hause kam, und ich brauchte Zeit,
    etwas gegen Clancey Willson in die Hand zu
    bekommen, das wirkungsvoller war als das, was er
    über uns wußte.
    120
    5
    Park und Charlotte saßen mitleiderregend vor einem
    Riesenkorb und enthülsten Wachsbohnen, die Miss
    Mag dagelassen hatte.
    »Na, wie geht’s Ginger und Fred an diesem
    herrlich heißen Sommertag?« lachte ich.
    »Ginger und Fred zählen die Minuten bis zur
    Cocktailstunde«, sagte Charlotte bitter. »Es ist hart,
    auf der Flucht zu sein. Jetzt verstehe ich, warum
    diese Gangster aus ihren Löchern gekrochen sind, um
    noch mehr Banken zu überfallen. Ich habe mich
    immer gefragt, warum Dillinger nicht einfach
    aufgehört hat, als er es geschafft hatte.«
    »Langeweile«, stimmte Park zu. »Miss Mag ist die
    einzige, die ihren Spaß hat. Sie sitzt gerade mit einem
    Fernglas an ihrem Wohnzimmerfenster und amüsiert
    sich köstlich.«
    »Ich dachte, sie wäre hier«, sagte ich und nahm
    eine Bohne zum Enthülsen.
    »Sie war hier. Mrs. Frazier hat ihr nicht erlaubt,
    Bohnen im Wohnzimmer auszupulen, weil es eine
    Schweinerei auf dem Fußboden anrichten würde. Als
    es also Zeit für Mrs. Fraziers Lieblingsradiosendung
    121
    war, stürzte Miss Mag wieder nach Hause, um Staub
    zu saugen.«
    »Heiliger Strohsack! Ich muß ein paar
    Telefongespräche führen. Bis später«, sagte ich und
    sammelte Anice ein.
    Ich machte die Fensterläden zu, legte mich aufs
    Bett und fragte mich, was zum Teufel ich als nächstes
    tun sollte. Genaugenommen hatte ich eigentlich keine
    große Wahl – außer weiterhin im dunkeln zu tappen,
    bis ich Licht sah.
    Auf der Straße kursierte die Nachricht, daß ich
    nach Chuckie suchte, aber bis jetzt hatte ich noch
    keine Information bekommen. Ich hatte versucht, mit
    der Witwe Stovall zu reden, die anscheinend einen
    Sprung in der Schüssel hatte. Cecil war noch immer
    bewußtlos, also konnte ich ihn nicht ausquetschen. Es
    war möglich, daß Chuckie und Cecil nicht das
    geringste mit Stovall zu tun gehabt hatten, aber das
    glaubte ich nun wirklich nicht. Chuckie war auf dem
    Weg zu Stovalls Praxis, als ich ihn das erste Mal sah.
    Woher hatte er gewußt, daß Stovall nicht dort war?
    Zu der Zeit hatte noch nichts über Stovalls Tod in der
    Zeitung gestanden. Wahrscheinlich hatte er etwas
    gesucht, genau wie ich. Nur daß er vielleicht wußte,
    wonach er suchte – im Gegensatz zu mir. Ich kam
    überhaupt nicht weiter.
    122
    Was hatte ich sonst noch? Strenggenommen
    nichts. Bis auf Charlottes Akten. Ich setzte mich

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