Kruzifix
schlagen zitternd gegen den Flaschenhals, ich trinke einen tiefen Zug.
Es brennt wohlig im Bauch. Ich kann wieder atmen.
Wohltätig ist des Feuers Macht …
»Trink!«, befehle ich.
Sie nimmt einen Schluck aus der Flasche.
Atmet durch.
Sie sagt:
»Ich war’s. Ich hab ihn abgeschnitten.«
»Wem?«
»Dem Toni.«
»Warum?«
»Weil …«
Sie wird von einem neuen Heulkrampf geschüttelt.
»Wir müssen klar denken«, sage ich. »Erzähl, was ist passiert!«
Stockend fängt sie an.
»Der Toni … vor einer halben Stunde ist er heimgekommen. Von der Leich. Beim Wirt. Total besoffen und aufgezogen. Schreit rum. Du Hur, du elendige! Hat sein Metzgermesser in der Hand. Ich bring dich um, schreit er, du Hur! Ich krieg Himmelangst. Die Kinder, sag ich, denk an die Kinder! Welche Kinder, schreit er, welches Kind … Der Adolf hat mir alles erzählt. Auf dem Totenbett … hat er mir … Er zerrt mich an den Haaren, immer mit dem Messer in der Hand. Ich zeig dir schon, wer hier die Kinder macht, du Hur. Er zerrt mich zu sich … nimmt seinen Schwanz raus, zerrt mich an den Haaren vor sich auf die Knie … ich muss ihm einen …«
»Blasen?«
»Ja. Es graust mir. Ich ekle mich. Ich hab mich immer schon vor ihm geekelt … Aber wegen der Kinder. Und mit dem Messer am Hals …«
Ich gebe ihr ein Glas Wasser.
Sie trinkt.
»Es war grausam, diesem Schwein einen blasen … Wir haben ja schon lang nichts mehr miteinander gehabt. Seit er in Kaufbeuren war … mit den Tabletten … da ist nichts mehr gegangen. Ich war ganz froh. Wir wollten sowieso keine Kinder mehr. Aber in letzter Zeit hat er die Tabletten wieder abgesetzt. Selber. Ich hab’s gemerkt. Er hat wieder Stimmen gehört, er ist wieder verrückt geworden … und geil. Außerdem glaub ich, hat er Viagra genommen. Ich hab mal in seinem Gartenhaus eine Packung liegen sehen.«
Sie konnte jetzt wieder zusammenhängend reden. Aber nicht lange.
»Dann, wie er einen Ständer gekriegt hat, hat er mich in der Küche rumgeschmissen, er ist ja unheimlich stark, er hat früher einem Stier allein das Genick brechen können … und dann schmeißt er mich über den Küchentisch, ich spür das Messer immer noch im Genick und … ich kann nicht …«
Sie schluchzt unkontrolliert.
»Die Sau, die verreckte … es war so …«
»Furchtbar?«
»Erniedrigend. Demütigend.«
Ihr Blick schaut durch mich hindurch, was sie wohl sieht?
»Der reißt mir den Rock hoch und die Hose runter, wie einem kleinen Schulmädchen, das Prügel kriegt, und dann ist er … in mich hinein … von hinten … wie ein dreckiger Arschficker … wie er’s immer mit dem Adolf getrieben hat, die zwei Dreckshund … und hat mich durchge…«
Sie weint wieder. Wimmert.
Ich kriege in meinen Boxershorts eine Schwellung. Schäme mich.
»Trink«, sage ich.
Ich trinke. Wasser. Schnaps drauf. Wasser. Klar bleiben.
»Und das Schlimmste war … ich glaub, ich bin pervers … ich hab so Angst gehabt, ich hab gedacht, ich brunz gleich vor Angst … aufn Tisch … und dann bin ich gekommen, ich hab nicht wollen, ich bin einfach gekommen … Und er hat gelacht und hat weiter in mich hineingestoßen … und ich bin noch mal gekommen …«
Eines der Wunder der Natur, dachte ich. Hat mich schon immer fasziniert, dass Männer in Angst nicht kommen, aber Frauen … Ich sage:
»Das ist so … so seltsam, da übernimmt der Körper … und demütigt einen noch mehr …«
Sie begreift nichts. Sagt:
»Ich schäm mich so!«
Schluchzt. Sagt:
»Wie er fertig war, hat er mich in die Ecke geschleudert, wie Rotz weggeschleudert, das Messer nach mir geworfen und ist hinaus … in sein Gartenhaus.«
»Und dann?«
»Ich war blind vor Wut, ich hab nur noch rotgesehen. Ich zieh mich wieder an, schau nach den Kindern. Sie schlafen. Gott sei Dank. Ich hock am Küchentisch, stier vor mich hin, denk, ich hab einen Schlaganfall, kann mich nimmer rühren … bis die rote Welle mich überschwemmt, als hätt mir der Doktor Cortison gespritzt, das Rot geht durch und durch, und wie ferngesteuert heb ich das Messer vom Boden auf, geh ins Gartenhaus. Er liegt im Bett, schnarcht, furzt, total besoffen, eine leere Schnapsflasche liegt neben ihm im Bett, eine Zigarette brennt noch zwischen seinen Fingern. Er schnarcht, liegt angezogen auf seinem Bett, sein Schwanz hängt noch raus. Ich spür das Messer in der Hand … die Schmerzen im Unterleib … wie ich wieder zu mir komm, hab ich das da«, sie zeigt auf das blutgetränkte
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