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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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Öffentlichkeit gesperrte Kreuzgang war zum Hauptquartier für die Rekonstruktion des versunkenen Schatzes umfunktioniert worden. An den Wänden hingen verschiedene Vergrößerungen der Monstranz, und darunter waren die wiedergefundenen Stücke auf große Tischplatten verteilt. Der Koordinator wagte keine genaue Angabe zu machen, wann die Bergung abgeschlossen sein würde.
    »Ich werde den Inspektor aber auf dem laufenden halten«, versicherte er zum Abschied.
    Wieder auf der Straße, machte Bealfeld seiner Besorgnis Luft.
    »Ich verstehe Ihre Situation ja, aber ich möchte Sie noch einmal darauf hinweisen, daß hier womöglich ein Menschenleben auf dem Spiel steht. Und ich muß Sie nicht daran erinnern, für wen Sara Toledano arbeitet!«
    »Ich weiß, Kommissar, ich weiß. Aber wir haben dafür doch |257| gar keine Beweise. Das ist nur eine Vermutung, die durch nichts gestützt wird. Ich tue jedenfalls mein möglichstes. Sie sind vom Fach und wissen, wie diese Dinge laufen.«
    »Glauben Sie bloß nicht, wir legen jetzt die Hände in den Schoß und warten ab, bis es Ihnen genehm ist«, sagte Rachel und funkelte ihn wütend an. »Wenn meine Mutter da unten ist, dann gnade Ihnen Gott! Wir haben keinen blassen Schimmer, welchen Gefahren sie sich gerade aussetzt und wie viele Tage sie das überleben kann.«
    »Wenn Sie mich zum Kommissariat begleiten, werden Sie sich überzeugen können, daß wir sämtliche Spuren verfolgen.«
    Im Kommissariat angekommen, setzten sie sich in den ungemütlichen Konferenzraum, wo es nach kaltem Tabakrauch roch und der Chef der Sondereinheit ihnen erklärte, wie schwierig es war, auf irgendeinem anderen Weg zur Plaza Mayor vorzudringen.
    »Wir sind bis auf fünfzehn Meter in sämtliche Abwässerkanäle rund um den Platz hinabgestiegen. In manchen Fällen waren das sehr alte Kloaken, die weniger als einen Meter hoch sind. Aber kein einziger Kanal führt bis zum Platz.«
    »Und durch das Convento de los Milagros? Gibt es da keinen unterirdischen Zugang?« fragte Rachel.
    »Davon werden Sie sich selbst überzeugen können. Wir haben die Mutter Oberin gebeten, uns heute nachmittag zu empfangen. Und was die polizeiliche Durchsuchung des Inneren des Klosters angeht, so warten wir noch auf die Erlaubnis von Erzbischof Presti.«
    »Was ist Ihrer Meinung nach meiner Mutter zugestoßen? Ich wüßte gerne, mit welchen Leuten sie hier zu tun hatte, ob sie Freunde oder auch Feinde hatte …«
    »Eine gute Frage!« Gutiérrez nickte. »Ich erinnere Sie daran, daß ich bis gestern mittag nichts vom Verschwinden Ihrer Mutter wußte. Es ist aussichtslos, jeden befragen zu wollen, mit dem sie zu tun gehabt hat. Sie kennt Gott und die Welt. Die Mitarbeiter der Universität, Priester und Nonnen, Architekten, Antiquitätenhändler, Trödler … Sie könnten sich im |258| größten Trubel auf die Plaza Mayor stellen und mit dem Finger in eine beliebige Richtung zeigen: Sie würden immer auf jemanden stoßen, der sie kennt und ihr wohlgesonnen ist … oder auch nicht.«
    »Sagen Sie das aus einem bestimmten Grund?«
    »Sie werden es gleich hören. Es ist bisher unsere einzige wichtige Spur. Ein anonymer Telefonanruf, der Ihre Mutter mit dem Zwischenfall auf der Plaza Mayor in Verbindung bringt.«
    Er ging zum Tonbandgerät und drückte die Play-Taste. Die Lautsprecher rauschten leise, im Hintergrund war undeutlicher Lärm zu hören. Dann sagte eine Männerstimme langsam:
    »Ich weiß, daß Sara Toledano verschwunden ist. An Ihrer Stelle
würde ich sie im Krater auf der Plaza Mayor suchen.«
    Der Unbekannte legte auf. Das war alles.
    »Wann kam dieser Anruf?« fragte Bealfeld.
    »Heute vormittag. Der Anrufbeantworter registriert automatisch die Zeit. Was er nicht registrieren konnte, ist die Telefonnummer, denn der Anrufer hat diese Funktion unterdrückt.«
    »Haben Sie die Aufnahme schon analysieren lassen?«
    »Ja, aber im Labor können sie kein Profil herausarbeiten. Der Anrufer hat irgend etwas benutzt, um seine Stimme zu verzerren. Ich glaube, es ist besser, Sie begleiten mich zu einem Fachmann. Sie, Kommissar, kennen ihn schon.«
    Rachel war im Auto immer müder geworden, und schließlich hatte sie der Schlaf überwältigt. Ihr Kopf war auf Davids Schulter gesunken, und er wagte sich nicht zu rühren, aus Angst, sie zu wecken. Als sie von der asphaltierten Straße auf einen Feldweg einbogen, wurde sie gegen ihn gedrückt. Ihr Duft stieg ihm in die Nase. Es war keines dieser affektierten Parfüms, wie er es

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