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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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hatte, die sie aus der NSA hatte mitgehen lassen. Er fragte sich jetzt, welche Schlüsse sie aus ihrer Lektüre gezogen haben mochte, um die inneren Widerstände zu überwinden, die sie bis dahin gegen die Stadt gehegt hatte. Die Nachricht vom spurlosen Verschwinden ihrer Mutter hatte anscheinend etwas bewirkt, was Saras jahrelange Bemühungen um ihre Tochter nicht vermocht hatten: Rachel schien nun bereit, den Dingen ins Auge zu sehen, die Sara so viel bedeuteten und die immer wieder zu Konfrontationen zwischen ihr und der Familie geführt hatten. Was Rachel an diesem Samstagmorgen wohl auch gleich unter Beweis stellen wollte, denn sie hatte darauf bestanden, die von Bealfeld zwei Tage zuvor getroffenen Verabredungen nicht zu verschieben, obwohl die Strapazen der Reise und die Zeitumstellung ihr am meisten zugesetzt hatten.
    Und James Minspert? fragte sich David. Der Agent der National Security Agency war sicher nicht untätig gewesen,nachdem er das Verschwinden der Mappe mit den Pergamentkeilen und den Unterlagen zum Programm CA-110 bemerkt hatte. Es war der perfekteVorwand für ihn, um in Aktion zu treten. Falls er den offiziellen Weg wählte: wieviel Druck konnte er dann auf Bealfeld und Rachel ausüben? Er verfügte über unzählige Mittel und Wege, um sich die beiden gefügig zu machen. David bezweifelte sehr, daß Rachel Minspert offen |255| die Stirn bieten würde. Und der Kommissar noch viel weniger, falls James’ Vorgesetzte mit seinem Vorgehen einverstanden waren. Wie würde er seine Macht ausspielen, die ihm die Agency verlieh? Und das wäre noch das kleinere Übel, überlegte der Kryptologe, denn wenn er beschließt, auf eigene Faust zu handeln, dann gnade uns Gott …
    Und dann gab es da ja auch noch die Presse, die nach dem Vorfall am Fronleichnamstag über die Gesundheit des Papstes zu spekulieren begonnen hatte, so daß er sich bei seiner Rückkehr nach Rom auf dem Balkon des Petersdoms zeigen mußte, um den Gerüchten Einhalt zu gebieten. Darüber hinaus war am Vortag in etlichen Schlagzeilen die Frage aufgeworfen worden, was denn nun aus der Friedenskonferenz würde. Wenn jetzt noch herauskäme, daß eine Beraterin des Präsidenten der Vereinigten Staaten spurlos verschwunden war …
    David schüttelte den Kopf, um diese quälenden Gedanken zu verscheuchen, und ging etwas schneller, damit er den Kommissar und Rachel einholte, die soeben auf die Plaza Mayor einbogen. Die Stadt bemühte sich, zu ihrem normalen Rhythmus zurückzufinden, was nach den Ereignissen während der Fronleichnamsprozession gar nicht so einfach war. Hinter der Absperrung drängten sich noch immer unzählige Schaulustige, die einen Blick auf die Bergungsarbeiten werfen wollten, die in der Mitte des Platzes bei jenem Krater von gut drei Metern Durchmesser durchgeführt wurden.
    Auch Bealfeld, David und Rachel konnten nicht viel sehen. Dafür sorgte schon Inspektor Gutiérrez, der an einem der Zugänge auf sie gewartet hatte, wo er und seine Beamten nur mit Mühe die Neugierigen in Schach hielten.
    »Die Journalisten sind auf 180«, schnaufte er, als er Bealfeld entdeckt und die drei durch die Absperrung geschleust hatte.
    »Haben Sie denn noch keine Pressekonferenz abgehalten?« wunderte sich Rachel.
    »Das machen wir heute, um ein Uhr, gleich hier nebenan im Rathaus. Ich muß auch daran teilnehmen und im Fernsehen anschließend noch ein Interview für die Lokalnachrichten geben |256| . Wegen der Monstranz, Sie wissen ja. Das ist es, was die Leute hier wirklich interessiert. Die Kaufleute, die ihre Läden unter den Arkaden der Plaza Mayor haben, wollen schleunigst wieder aufmachen. Wir sind mitten in der Hochsaison, und ihnen entgeht ein großes Geschäft.«
    Rachel war fassungslos, als sie hörte, worauf es Gutiérrez und den Ladenbesitzern vor allem ankam. Sie sah Bealfeld hilfesuchend an, der ihr mit einem beschwichtigenden Blick bedeutete, sie solle ihn nur machen lassen. Er zeigte auf das Loch in der Mitte des Platzes.
    »Wann können wir runter?«
    »Das kann ich Ihnen unmöglich sagen. Die Monstranz wird Stück für Stück gehoben. Sehen Sie selbst.«
    So war es in der Tat. Die Bergungsmannschaft ging sehr vorsichtig zu Werke und siebte gleich mehrmals die in Eimern hochgezogene Erde, damit ihnen ja kein Edelstein oder Goldsplitter verlorenging.
    »Es müssen noch Tausende von Splittern gefunden werden«, erklärte Gutiérrez. »Kommen Sie mit zur Kathedrale, da bekommen Sie eine Vorstellung davon.«
    Der für die

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