Kryptum
herum, bis sie einen Detailplan des Ausgrabungsgebiets gefunden hatte. Sie faltete ihn auf und legte ihn vor Rachel auf den Tisch.
»Sehen Sie diese Straße hier? Sie ist nicht sonderlich breit und führt in der Nähe der Ausgrabungen vorbei. Nun, sie wurde gerade zu einer Landebahn ausgebaut.«
|648| »Zu einer Landebahn? Für Flugzeuge?« fragte Rachel erstaunt.
»Ja genau, für richtig große Flugzeuge. Nicht nur für Hubschrauber oder Sportflugzeuge. Das findet man dort des öfteren: Man fährt über eine normale Landstraße, und plötzlich verbreitert sie sich zu einer Landebahn, die in Notsituationen genutzt werden kann, vielleicht ja auch zu militärischen Zwecken … Aber in unserem Fall war das etwas anderes. Nach dem Besuch dieses komischen Geschäftsführers, der nicht wollte, daß ich Sara von ihm erzählte, kam mir das ziemlich verdächtig vor. Ein bißchen viel Zufall, daß man gerade jetzt diese Straße ausbauen sollte. Es war kein strategischer Ort. Außerdem befindet sich der Wüstenpalast in der Nähe eines Wadis, das nach heftigen Regenfällen Wasser führt, so daß es dort einige Vegetation gibt. Als ich die Straßenarbeiter darauf aufmerksam machte, daß sie diesen Bäumen den Garaus machen würden, wenn sie die Straße noch mehr verbreiterten, wissen Sie, was sie da getan haben …? Sie haben sie ausgetrocknet.«
»Wie,
ausgetrocknet
?«
»Eines Morgens kamen wir zum Palast, und sie waren alle vertrocknet. Von einem Tag auf den nächsten! Später habe ich erfahren, daß sie ihnen eine giftige Substanz injiziert hatten.«
Rachel mußte unwillkürlich an die Szene auf dem Parkplatz des Krankenhauses denken, als der Parkwächter protestierte, daß der Baum gefällt wurde, der seinem Wachhäuschen Schatten spendete. Aber sie maß diesem Gedanken keine große Bedeutung bei, zumal die Archäologin mit ihrer Erzählung fortfuhr.
»Ich wurde mißtrauisch und rief Sara an, die auch sofort kam. So wie die Dinge lagen, wollte ich ihr den Besuch dieses Kerls nicht länger verheimlichen. Sie war sehr überrascht. ›Carter? Der Geschäftsführer unserer Stiftung?‹ fragte sie. Und fing dann wieder davon an, daß wir uns beeilen und mehr Leute und Gerätschaften einsetzen sollten, die man mit dem Flugzeug einfliegen könne, nachdem diese Piste nun schon |649| einmal zur Verfügung stehe … Da ich aber das Team ja schon vergrößert hatte und ihr deshalb versprechen konnte, die Ausgrabung noch im selben Sommer abzuschließen, gingen ihr die Argumente aus. Sie flog jedoch nicht in die Staaten zurück, sondern blieb bei uns und …«
»Das war letztes Jahr, nicht wahr?« fragte Rachel dazwischen. »Meine Mutter hatte mich gebeten, ab und zu in unserem Haus in der Nähe von NewYork nach dem Rechten zu sehen, solange sie verreist war. Aber ich dachte, sie sei hierhergefahren, nach Antigua.«
»Zuerst war sie bei uns in der Wüste, und dann flog sie nach Spanien. Als ich ihr mitteilte, daß wir in das Innere des Wüstenpalasts vorgedrungen waren, kehrte sie zur Ausgrabungsstätte zurück.«
»Hätten Sie vielleicht Fotos und einen Plan von dem, was Sie dort im Innern des Palasts vorgefunden haben?« bat Rachel.
Ohne zu wissen, warum, begann sie auf einmal unruhig zu werden. Irgendwie überkam sie plötzlich eine Ahnung, als ob irgend etwas ganz Schreckliches drohte. Instinktiv dachte sie an David. Es wäre vernünftiger gewesen, sagte sie sich, wenn John bei ihm geblieben wäre. Während des Gehirnscans, den man an ihm vornehmen wollte, war er völlig wehrlos …
In diesem Augenblick breitete die Archäologin einen großen Plan vor ihr aus. Rachel schüttelte kurz den Kopf, um ihre beängstigenden Gedanken zu verscheuchen.
»Hier sehen Sie das, was wir freilegen konnten. Ein großer Saal, der vom Thron des Kalifen beherrscht wird.«
»Und das haben Sie meiner Mutter gezeigt?«
»Ja. Wir wollten das Innere komplett vom Sand befreien, und sie legte viel Wert darauf, dabeizusein. Als wir soweit waren, verstand ich auch, weshalb:Die Wände waren mit Gemälden bedeckt. Und Sara schien das gewußt zu haben.« Als Rachel sie erstaunt ansah, fuhr sie fort: »Fragen Sie mich nicht, woher sie das wußte. Sie wollte es vor uns verbergen, aber dann rutschte ihr eine Bemerkung heraus, die zeigte, daß sie es wußte. Und damit fingen die Probleme an.«
|650| »Wegen ihrer Bemerkung?«
»Nein. Wegen des Zustandes der Wandfresken. Ihre Mutter wollte sie so schnell wie möglich sehen, ohne auf die Spezialisten
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