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Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Titel: Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Ende deine eigenen Kameraden getötet. Ist das nicht dasselbe?«, stellte Madhrab erstaunt fest.
    »O nein, mein Sohn, ganz und gar nicht. Es war viel leichter für mich, den Lauf des Schicksals abzuwarten und erst nach der Verwandlung zu handeln. Die blutdurstigen Monster zur Strecke zu bringen belastete mein Gewissen nicht mehr. Es waren die schlimmen Folgen meines Zögerns, die vielen unschuldigen Opfer, die am Ende meine schwere Schuld ausmachten«, antwortete Boijakmar.
    Madhrab nickte. Der Unterschied leuchtete ihm ein und bedrückte ihn zugleich. Obwohl er die Antwort erahnte, stellte er die ihm auf der Zunge brennende Frage: »Mein Vater, war es in deinen Augen richtig oder falsch, was ich gestern Nacht getan habe?«
    »Madhrab, oh Madhrab. Du hättest dir oder mir diese Frage niemals stellen dürfen. Hör auf damit, zermartere dir nicht den Kopf. Das führt zu nichts. Aber, da dir mein Ratschlag offenbar wichtig ist, will ich versuchen, sie dir zu beantworten. Fürwahr, deine Entscheidung war … sagen wir … hart, vielleicht war sie tatsächlich zu hart, wer weiß das schon. Vielleicht hast du nicht sämtliche in Frage kommenden Alternativen hinreichend geprüft. Aber es gibt kein Richtig oder Falsch. Wir leben nach den Werten und Prinzipien der Bewahrer. Wir bewahren Ulljans Erbe. Wir schützen das Leben der uns anvertrauten Orna. Du bist diszipliniert, pflichtbewusst und nimmst deine Aufgaben sehr ernst. Wichtig ist einzig und allein, dass du selbst stets mit den Konsequenzen deines Handelns leben kannst. Du hast gehandelt, weil du etwas tun musstest. Du wolltest Leben retten und hast dafür andere Leben, das Leben deiner Freunde, vernichtet. Du bist ein hohes Risiko eingegangen, denn du wusstest nicht, was geschehen würde. Du weißt es bis jetzt nicht, denn es konnte gar nicht erst zum Schlimmsten kommen. Diese Ungewissheit quält dich. Deine Krieger vertrauten dir. Sie tun es noch, aber ihre Moral ist angeschlagen. Das ist nicht gut, wenn es morgen zur Schlacht gegen die Rachuren kommt. Doch es hätte auch ganz anders ausgehen können. Der Vorwurf, den du dir machen kannst, ist, dass du ein enorm hohes Risiko eingegangen bist. Eine offene Meuterei hätte weitere Opfer gefordert. Dann wäre deine Situation nicht anders gewesen als die meine damals. Du hättest schwere Schuld auf dich geladen. Aber wer bin ich, dies heute an dieser Stelle zu verurteilen? In deiner Lage war es wahrscheinlich die einzig vernünftige Entscheidung. Mein wohlgemeinter Rat an dich lautet … verhalte dich besonnen und denke über die Risiken nach«, sagte Boijakmar.
    »Wusstest du, dass heute eine Orna im Lager eingetroffen ist? Sie hätte helfen und ein Gegengift einsetzen können«, sagte Madhrab betrübt.
    Boijakmar seufzte hörbar. »Quäle dich doch nicht so sehr, Madhrab. Sie war nicht verfügbar, als es darauf ankam. Es ist die bittere Ironie des Schicksals, dass sie heute so kurz nach dem Vorfall angekommen ist. Aber lassen wir das. Es nutzt nichts, wenn wir uns weiter den Kopf über unabänderliche Ereignisse zerbrechen. Was geschehen ist, ist geschehen. Wir müssen damit leben und uns den bevorstehenden Herausforderungen widmen. Wie steht es mit den Vorbereitungen für die Schlacht? Gibt es neue Kunde über die Rachuren?«
    Madhrab berichtete dem hohen Vater über das Banner des Schänders, seinen verletzten Freund Kaptan Brairac, die von den Rachuren gefangengenommene Späherin Solras, vergiftete Klingen und über die Todsänger.
    Boijakmar schwieg für eine Weile bevor er das Wort ergriff. »Ich möchte nicht an deiner Stelle sein, Madhrab. Und ich glaube, dass selbst Chromlion, der nur allzu gerne eher früher als später deinen Platz einnehmen möchte, diese Bürde tatsächlich nicht tragen wollte oder könnte. Mit diesem Aufmarsch sind die Rachuren ein mehr als ernstzunehmender Gegner. Der Kampf scheint von vornherein verloren. Du stehst mit dem Rücken zur Wand und hast wenig Aussichten, als Sieger aus dieser Schlacht hervorzugehen. Was die Todsänger betrifft, kennen wir kein wirksames Mittel gegen ihren Gesang. Eine große Herausforderung für dich. Was gedenkst du zu tun?«
    Madhrab sah dem Overlord direkt in die besorgten Augen, als er antwortete: »Wenn ich dir ehrlich antworten darf, mein hoher Vater. Ich habe entsetzliche Angst. Zum ersten Mal in meinem Leben empfinde ich dieses Gefühl, das mir mein Herz zusammenpresst und den Magen zuschnürt. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke, was geschehen

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