Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
mir, nach ihnen zu suchen. Ihnen zu dienen sei unter der Würde eines Tartyk. Ich verließ damals meine Familie und mein Land im Streit und Zorn, um mein eigenes Leben führen zu können. Beinahe zweihundert Sonnenwenden lang reiste ich die Schriften studierend, aber ziellos durch den Kontinent Ell, bis ich eines Tages Quadalkar begegnete und sich mein Leben radikal veränderte. Das alles war eine große Enttäuschung für meinen Vater. Er wollte, dass ich ihm als Drachenreiter nachfolge. Die Tartyk können nur wenige Kinder bekommen, selbst wenn sie lange leben sollten. Meist bleibt es bei einem einzigen, höchstens zwei Kindern. So war es auch bei meinem Vater und meiner Mutter. Ich bin ihr einziger Sohn. Meine Familie ist wohlhabend und hoch angesehen in Tartyk. Vater ist ein erfahrener und reichlich dekorierter Drachenreiter. Er pflegt in seinem Privatbesitz selbst drei Drachen, die er von unserem Großvater erbte, obwohl dieser noch in Vaters Haus lebt und die Tiere selbst wiederum schon von seinem Vater übernommen hat. Urgroßvater starb erst vor etwa siebzig Sonnenwenden. Die Drachen sind beinahe dreitausend Sonnenwenden alt und von unbezahlbarem Wert.«
»Ich verstehe«, antwortete Madhrab, »… und wünsche Euch Glück und Erfolg auf der Reise in Eure Heimat. Ihr werdet es brauchen. Vielleicht sehen wir uns eines Tages an einem anderen Ort wieder.«
»Danke! Ich bin mir sehr sicher, dass wir uns eines Tages wiedersehen werden, Lordmaster Madhrab. Euer und Elischas Schicksal ist mit meiner Aufgabe auf seltsame Weise eng verknüpft.«
»Lebt wohl, Sapius.«
»Auf Wiedersehen, Lordmaster Madhrab.«
Sie reichten sich die Hände, sahen sich fest in die Augen und gingen in entgegengesetzte Richtungen davon. Sapius, um nach seinem Pferd zu sehen und die letzten Vorbereitungen für seine lange Reise zu treffen, und Madhrab, um den Abbau des Lagers voranzutreiben.
Elischa und Madhrab würden gemeinsam mit den überlebenden Sonnenreitern – unter ihnen war auch Kaptan Brairac, dem es wieder besser ging – zum Haus des hohen Vaters reisen, das nur fünf Tagesritte vom Ort des Schlachtgeschehens entfernt lag. Wahrscheinlich würden sie noch einige Tage länger brauchen, weil Madhrab das von Drolatol ausgesuchte und angebotene neue Pferd abgelehnt hatte, nachdem sein treues Streitross Gajachi in der Schlacht getötet worden war. Das war Elischa nur recht – je länger sie noch mit Madhrab zusammensein konnte, umso wohler war ihr. Jeder Tag, jede Horas und jede einzelne Sardas waren ihr wichtig und sie wollte sie bis zuletzt auskosten.
»Gebt es einem Kameraden, der es dringender braucht als ich. Ich werde zu Fuß gehen«, hatte der Lordmaster das Angebot Drolatols abgelehnt, der es nur gut mit ihm gemeint hatte. Doch der Lordmaster war in manchen Dingen eigen. Sein neues Pferd würde er sich selbst erwählen, wenn die Zeit gekommen war.
Elischa konnte trotz der großen Müdigkeit, die in ihren Gliedern steckte, keinen entspannenden Schlaf finden. Sie träumte schlecht und schrak immer wieder aus dem Schlaf hoch, bis sie es schließlich aufgab und lieber mit geschlossenen Augen wach lag, um die so dringend notwendige Erholung zu suchen. Sie musste an die Worte denken, die ihnen Sapius am Vorabend der Schlacht mitgegeben hatte. Wenn sie zu Hause angelangt waren, würde das Versteckspiel beginnen. Sie mussten jederzeit auf der Hut sein, auf all ihre Worte, Bewegungen, Gestiken, Mimiken und Blicke achten. Nichts und niemand durfte ihre wahre Verbindung und deren tiefe Bedeutung nach außen verraten. Das erforderte eine hohe Disziplin von beiden und die Beobachtung und Ermahnung des jeweils anderen Geliebten, sollte er sich einmal doch vergessen oder eine, wenn auch nur kleine, unbedachte Berührung suchen. Alles war gefährlich und die Augen ihrer Gegner würden sehr wachsam sein. Master Chromlion war Madhrabs Feind im eigenen Haus. Zu allem Überfluss kam noch hinzu, dass Chromlion für das Knüpfen des Bandes Elischa gerne als Orna gewählt hätte und diesen Wunsch sogar schon gegenüber der heiligen Mutter vorgetragen hatte. Die heilige Mutter hatte damals abgelehnt, weil sie offenbar ganz andere Pläne mit Elischa hatte. Was auch immer sie für sie vorgesehen hatte, Elischa würde es bald erfahren. Madhrab würde den Eid ablegen. Darin sah Elischa eine weitere Schwierigkeit, denn ihr Geliebter würde Tag und Nacht für eine andere Orna sorgen und sie beschützen müssen. Das war seine Pflicht.
Ich kann das
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