Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
Anführers stehen blieb, konnte Sapius seinen eigenen Herzschlag bis zum Hals spüren. Das rhythmische Schlagen kam ihm wie eine laut und auf weite Entfernung hörbar geschlagene Kriegstrommel vor. Seine Muskeln waren bis an die Schmerzgrenze angespannt, während er seinen Körper, so weit es nur irgend möglich war, auf den feuchten Waldboden presste und versuchte, kaum merklich zu atmen. Elischa tat es ihm gleich und wagte kaum aufzublicken.
Unmittelbar vor ihnen, zum Greifen nahe, stand der Anführer der Patrouille und blickte sich aufmerksam um. Der Anführer war ein groß gewachsener, stämmiger Chimärenkrieger. Er schnupperte aufgeregt in die Waldluft, seine Nasenflügel bebten und nahmen eine Witterung auf. In seinem raubtierhaften, von zahlreichen Narben verunstalteten Gesicht und den stechend dunklen Augen spiegelte sich der Triumph des Jägers wieder, der soeben seine Beute entdeckt hatte. In der rechten, klauenbewehrten Hand trug der Krieger eine schwere doppelschneidige Schmetterlingsaxt, die er sich am langen Stiel locker über die Schulter gelegt hatte. Mit der anderen Hand hielt er ein kleineres Beil fest umklammert. Im Übrigen trug er nur einfache braune Lederkleidung, schwere, bis an die Knie reichende Stiefel und keine Kopfbedeckung. Die in vielen Zöpfen geflochtenen und eingefetteten tiefschwarzen Kopfhaare fielen ihm deutlich bis über die Schultern hinab. Kleine Fingerknochen waren sorgfältig in jeden Zopf eingeflochten und verursachten beim Aufeinandertreffen jedes Mal ein klickendes Geräusch. Die furchterregende Erscheinung des Kriegers erinnerte Sapius an einen sehr athletisch gebauten Klan, der mit den gemeinen Zügen eines gefährlichen Baumwolfes und dessen tödlichem Gebiss ausgestattet war.
Mit einem Mal sauste die schwere Axt herab und verfehlte Sapius, der sich geistesgegenwärtig sofort auf die Seite gerollt hatte, nur um Haaresbreite. Zu einem zweiten Streich hatte der Chimärenkrieger jedoch keine Gelegenheit mehr. Elischas Stab, Sapius erinnerte sich an seine eigene erst am Vorabend erlebte schmerzhafte Begegnung, wirbelte zischend durch die Luft und traf den völlig überraschten Anführer mit Schwung an seiner empfindlichsten Stelle. Offenbar hatte der Krieger überhaupt nicht mit einem Angriff gerechnet. Das Überraschungsmoment zur bestmöglichen Gegenwehr war eindeutig auf Elischas Seite gewesen. Die Chimäre ließ Axt und Beil fallen, krümmte sich, rang nach Luft und sank lauthals wimmernd auf die Knie. Der zweite, schnell ausgeführte Schlag auf die Schläfe des ungeschützten Kriegers war nicht minder wirksam und streckte diesen bewusstlos mit einem schweren Seufzer nieder. Für Sapius gab es überhaupt keinen Zweifel: Diese Orna kannte kein Erbarmen, handelte schnell und kompromisslos, wenn es um den Schutz ihres Lebens ging. Sie hatte ihre Lektionen perfekt gelernt und kam bestimmt auch ohne Bewahrer ausgezeichnet zurecht.
Doch kaum hatte Elischa den Anführer mit ihrer Blitzattacke niedergestreckt, sah sie sich sogleich den wütenden Angriffen der vier restlichen Patrouillenmitglieder ausgesetzt, die sie bereits eingekreist hatten. Elischa wehrte sich nach Kräften, schlug wild um sich, konnte jedoch keinen weiteren entscheidenden Treffer mehr landen. Nachdem sie Elischas Stab schmerzhaft zu spüren bekommen hatten, waren sie vorsichtig geworden und hielten die Orna nun auf sicherem Abstand, um dann immer wieder ihrerseits abwechselnd vorzustoßen und sie zu ermüden. Sapius schaute, immer noch auf dem Boden liegend, dem faszinierenden Kampf regungslos zu. Zwischendurch kamen ihm die geschmeidigen Bewegungen Elischas wie eine einstudierte Tanzaufführung vor. Die Hauptdarstellerin bewegte sich graziös und geschickt, geradezu akrobatisch. Sie beherrschte das Spiel mit dem Stab in höchster Vollendung. Doch mit jedem weiteren Vorstoß wurden ihre Bewegungen zusehends langsamer und verzweifelter. Mehrmals hatte sie vergeblich versucht, mit Sapius Blickkontakt aufzunehmen, und nicht verstehen können, dass er nur tatenlos zusah und sie nicht unterstützte. Er wirkte irgendwie abwesend und nur seine Augen zeigten, dass er den Kampf aufmerksam beobachtete. Aber es ging doch auch um seine Mission und um sein Leben.
Ein gezielter Hieb auf Elischas Arm und der Stab flog durch die Luft. Sie war entwaffnet. Die Orna keuchte vor Anstrengung. Die Patrouillenkrieger stürzten sich gleichzeitig auf Elischa und begruben ihren Körper unter sich. Elischa strampelte, biss,
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