Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
gebeugt unaufhörlich sein Blut trank. Wäre Sapius im Geiste nicht in den See gesprungen, Quadalkar hätte den letzten Tropfen aus seinem Körper gesaugt. Sapius schlug die Augen auf und sah in Quadalkars stinkenden Rachen. Quadalkar brüllte entsetzlich. Er schrie und tobte. Gleichzeitig starrte er den Saijkalsan entgeistert aus blutunterlaufenen Augen an, dunkelrotes Blut lief aus seinem vor Schmerzen und Entsetzen weit geöffneten Mund und tropfte auf sein Gewand. Vielleicht waren es Zorn und Enttäuschung über die so plötzlich beendete und letztlich fehlgeschlagene Mahlzeit. Sein Verhalten hatte sich schlagartig verändert. Der anfängliche Triumph über seinen vermeintlichen Sieg war der Überraschung und der einsetzenden Angst über eine Niederlage gewichen. Er war fassungslos und außer sich. Sein Opfer bereitete ihm plötzlich unsägliche Qualen. Quadalkar verstand damals in seinem Blutrausch nicht, was soeben mit ihm und Sapius geschehen war. Sapius war ihm mithilfe der Saijkalrae entkommen. Er musste gegen seinen Willen von ihm ablassen. Er kämpfte mehrmals und mit all seiner Macht dagegen an, aber er konnte nichts dagegen ausrichten. Der Schmerz war zu stark.
Sapius sah die langen, spitzen, mit Blut verschmierten gelben Zähne und die blaue Zunge des Bluttrinkers, die mit seinem eigenen Blut benetzt war. Schließlich gab Quadalkar auf, warf sein Opfer angewidert auf die Erde, verhüllte sich in seinen Mantel und rannte fluchend davon.
Sapius war viel zu geschwächt, um aufzustehen und ihm zu folgen. Er hätte ihn ohnehin nicht stellen oder gar besiegen können, nicht an jenem Tag. So blieb er einfach liegen, wartete, ob der Tod ihn immer noch umfangen würde, starrte in den Himmel und fiel in einen tiefen Schlaf, aus dem er erst Tage später wieder erwachen sollte.
Quadalkar war keineswegs ein Monster. Sapius hatte ihn gesucht, seit er zum ersten Mal von seiner möglichen Existenz gelesen hatte. Er hatte bereits vor Sonnenwenden erfahren, dass Quadalkar zurückgezogen in einer einsamen Burg lebte, ein geheimes Versteck, und wahrscheinlich kaum zu finden war. Ruhelos hatte Sapius damals gedacht, Quadalkar würde ihm mit seiner Erfahrung und seinem Wissen zeigen, wie er seinen Zugang zu den Saijkalrae finden konnte. Insgeheim und naiv hatte er gehofft, er könne Quadalkar als seinen Meister für sich gewinnen und von ihm lernen. Die Annahme war am Ende zumindest in einer Hinsicht richtig, wenn auch nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte, aber Sapius fand den Zugang letztlich nur durch Quadalkar.
Quadalkar war ein Bluttrinker und wirkte von daher für die meisten Augen monströs. Wenn die Bluttrinker ihre Blutopfer jagten und auf Nahrungssuche gingen, folgten sie wie manche Raubtiere überwiegend ihren wilden, animalischen Instinkten. Ob das boshaft war oder ob es sie letztlich zu Monstern machte? Sapius vermochte das nicht zu beurteilen. Bluttrinker waren einfach anders, vielleicht resultierte die Einstufung als Monster nur aus Angst vor dem Unbekannten oder aus Abneigung vor dem Anderssein.
»Wir bekämpfen, was wir nicht kennen und fürchten«, hatte Sapius immer wieder zu sich selbst gesagt. Die Bluttrinker gerieten während des Trinkens in eine Art Rausch, der jeden Gedanken und die Vernunft im Moment des höchsten Genusses ausschaltete. Dennoch, waren sie deshalb schlecht oder schrecklicher als andere Wesen?
Sapius hatte sich das oft gefragt, nachdem er zu einem Saijkalsan geworden war. Er wusste es nicht. Seine eigene Rasse, die Klan und die Rachuren töteten wiederum andere Geschöpfe und in Kriegen sogar ihresgleichen. Die Rachuren aßen ihre Opfer.
Die Bluttrinker waren hingegen anders. Sie bekämpften sich nicht gegenseitig und sie nahmen nur so viel Blut, wie sie zum Überleben brauchten. Sie waren eher seltene Geschöpfe, auch wenn sie zeitweise zur Plage werden, ganze Landstriche verwüsten und sich stark vermehren konnten, wenn ihnen kein Einhalt geboten wurde. Quadalkar war der Älteste und Stärkste unter ihnen – uralt, gemessen an der Lebensspanne eines Normalsterblichen oder sogar an der langen Lebensspanne, die Sapius zu erwarten hatte. Sapius nahm aus seinen Studien über die Vergangenheit des Kontinents an, dass Quadalkar schon zu Zeiten der alten Götter, mit großer Sicherheit aber spätestens zu Zeiten, als Arnjol der Befreier gegen das damals wahrscheinlich noch nicht verlorene Volk der Nno-bei-Maya zog, gelebt hatte. So weit reichten die ihm bekannten Aufzeichnungen
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