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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Unaufhaltsam drangen die Kriecher in die Grenzhütte ein. Ein fürchterlicher Kampf entbrannte, dessen Getöse und Geschrei bis weit in das Riesengebirge getragen und von dort als Echo wieder zurückgeworfen wurde. Allen voran Pruhnlok stillten sie ihren Hunger an den in Zahl und Stärke unterlegenen Sonnenreitern. Renlasol, Yabara und Nochtaro hatten den Letztgänger eingekreist und schlichen wie Raubtiere – in sicherem Abstand, stets zum entscheidenden Sprung bereit – um ihre Beute herum. Nachdem Zachykaheira den Schock und die Wut überwunden hatte, war er die Ruhe selbst. Er wusste, dass er den Fluch des Bluttrinkers durch den Biss Renlasols in sich trug und es nur eine Frage der Zeit war, bis er aufgeben musste. Entweder er starb in dieser Nacht an Ort und Stelle oder er akzeptierte das Schicksal des dunklen Mals. Letzteres war nicht in seinem Sinne. Er war bereit zu sterben. Im Bewusstsein des hohen Alters und mit der Einschätzung, ein erfülltes und gutes Leben geführt zu haben – selbst wenn die letzten Sonnenwenden seines Daseins als Letztgänger in der Grenzhütte kaum als gut bezeichnet werden konnten –, schloss der Bewahrer mit seinem Leben ab. Und doch weigerte er sich, kampflos abzutreten. Was auch immer die Bluttrinker im Schilde führten, sie sollten ihn nicht bekommen und einen der ihren nennen dürfen. Zachykaheira hatte sich die Ruhe bei den Schatten redlich verdient. Davon war er überzeugt. Er nahm sich vor, den Bluttrinkern eine letzte Lektion zu erteilen und so viele er konnte zu den Schatten zu schicken, bevor er sich selbst auf den Weg dorthin machte.
    »Kommt nur!«, lockte Zachykaheira die Königskinder und deutete auf die offene Wunde am Hals, aus der noch immer Blut strömte. »Kommt und bedient euch, das Wirtshaus zum blutigen Bewahrer ist für euch geöffnet.«
    Der Geruch des Blutes stieg den Königskindern in die Nase und versetzte sie in einen Zustand unbeherrschter Erregung.
    Nochtaro hielt es nicht länger aus und griff den Bewahrer erneut an. Die Schwerthiebe des Bluttrinkers bereiteten dem alten Krieger keine Mühe. Ein müdes Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, als er Schlag für Schlag und Stoß für Stoß mit Leichtigkeit parierte.
    »Habt ihr nicht mehr zu bieten?«, verhöhnte der Letztgänger die Königskinder.
    Renlasol staunte, wie geschickt und meisterlich Zachykaheira trotz seines Alters mit der Waffe umgehen konnte. Die Bewegungen wirkten leicht und doch tödlich. Ihn zu überwinden war mehr als eine Herausforderung für die Bluttrinker. Nochtaro wurde ungeduldig und stürmte unter Vernachlässigung seiner Deckung vor. Darauf hatte der Bewahrer gewartet. Als hätte er den Fehler seines Gegners vorausgesehen, stieß er gezielt in die offene Flanke bis zum Herz des Bluttrinkers vor. Getroffen und verblüfft von der Verteidigung des Bewahrers riss Nochtaro die Augen auf und sank vor Zachykaheira in Erwartung seiner Hinrichtung auf die Knie. Ungläubig ob der drohenden Niederlage und seines unmittelbar bevorstehenden Ende starrte Nochtaro in die Augen des Bewahrers. Es gelang ihm nicht, in seine Gedanken vorzudringen und Zachykaheira zu beeinflussen.
    Der Letztgänger drehte die Klinge und zog sie schräg nach oben aus dem Körper des Bluttrinkers heraus. Ein weiterer Hieb und der Kopf des Königskindes landete vor den Füßen Renlasols. Obwohl der Bluttrinker gefallen war, alterte sein Kopf binnen weniger Sardas. Das Gesicht veränderte sich, bekam Falten, tiefe Furchen und die Haut wurde fleckig. Das Haar ergraute, bevor es endgültig ausfiel. Am Ende blieb ein Schädel übrig, dessen vergilbte Gesichtszüge eingefallen waren und der mit einer hauchdünnen Schicht vertrockneter Haut überzogen war.
    Bestürzt über den überraschenden und schnellen Tod ihres Bruders sprang Yabara mit einem Satz auf den Bewahrer zu und landete auf dessen Rücken. Zachykaheira versuchte die Bluttrinkerin abzuschütteln, aber sie krallte sich an ihm fest und wütete mit Händen, Füßen und Zähnen auf ihm, als wollte sie ihn in Stücke reißen. Renlasol erkannte, dass der Bewahrer in arge Bedrängnis geraten war. Das war seine Gelegenheit, den Letztgänger zu Fall und die Sache zu Ende zu bringen. Er eilte Yabara zu Hilfe, warf sich auf die Erde und riss Zachykaheira die Beine weg. Der Bewahrer fiel, stürzte mit dem Gesicht voran in den Schnee. Sie machten sich gemeinsam über den Gefallenen her und vergruben ihre Zähne in jede freie Stelle, die sie finden konnten.

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