Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
oder Kaysahan die Verantwortung für das Heer der Verteidiger übertragen ließ. Welchen Grund könnte der hohe Vater haben, ausgerechnet Euch, der Ihr ihm gegenüber stets loyal wart und ihm vertrautet, zu verraten und letzten Endes töten zu lassen? Das ergibt für mich keinen Sinn. Es sei denn aus Furcht oder durch den Einfluss des dunklen Hirten.«
»Letzteres scheint mir plausibel«, antwortete Madhrab. »Ob der dunkle Hirte selbst ihn beeinflusst oder einer seiner Diener wie Quadalkar, das könnte den Schatten erklären, der uns während der Flucht verfolgte. Vielleicht war er es auch, der die heilige Mutter ermordete. Jedenfalls holten uns in diesem Fall Sapius’ Befürchtungen schneller ein, als wir dachten. Sollte Boijakmar tatsächlich unter dem Einfluss des dunklen Hirten stehen, werde ich zurückkehren und den Orden vor dem Schlimmsten bewahren müssen. Das Erbe des bisher letzten Lesvaraq Ulljan muss geschützt werden.«
»Schenkt Ihr den Erzählungen des Saijkalsan Sapius Glauben?«, warf Alvara ein und sah dabei Elischa fragend an.
»O ja, das tun wir«, antwortete Elischa. »Er hat sich von den Saijkalrae losgesagt. Die Zeichen deuten auf ein Erwachen des dunklen Hirten hin und seine Diener könnten überall sein. Das Verdunkeln der Sonne. Die Katastrophe von Eisbergen. Das Sterben der Vögel. Die Schlacht, die unzähligen Gefallenen, deren Blut den Fluss und die Erde tränkten. Die Geißel der Schatten. Es passt alles zusammen.«
»Aber es gibt keinen Beweis für derlei Behauptungen«, sagte Alvara, »die Zeichen könnten anders gedeutet werden.«
»Das wäre gewiss möglich«, stimmte Elischa zu, »aber das glaube ich nicht. Ich erwarte ein Kind, meine Fürstin. Und ich weiß, dass Sapius recht hatte. Das spüre ich. Das Kind wird ein Lesvaraq sein und mit ihm werden die Schatten der Vergangenheit, die alte Ordnung und die Macht der magischen Geschöpfe nach Ell zurückkehren. Das Kind muss vor dem dunklen Hirten und seinen Dienern geschützt werden. Als Orna verfüge ich über Fähigkeiten, die es mir erlauben, bestimmte Dinge in der Zukunft zu sehen und die Wahrheit von einer Lüge zu unterscheiden. Sapius sprach die Wahrheit«.
»Und mit der alten Ordnung und den Lesvaraq kehren die fortwährenden Kämpfe um das Gleichgewicht auf Kryson zurück? Entflammt der ewige Krieg um Licht und Schatten erneut? Ist es das, was uns blüht? Den Legenden nach besaßen die Lesvaraq die Macht, Kryson nach Gutdünken zu formen und neues, aber uns fremdes Leben zu schaffen. Doch sie werden in den alten Schriften nicht nur als Schöpfer bezeichnet. Sie haben Leben gewissenlos ausgelöscht, Völker und Arten vernichtet – all das sagt man ihnen nach. Sie schufen Berge, Vulkane, Täler und Seen. Sie lösten Katastrophen aus, wenn sie dachten, dies diene der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts oder brächte ihrer dunklen oder hellen Gesinnung einen entscheidenden Vorteil. Ich bin mir nicht sicher, was ich von der Geburt eines so mächtigen Wesens halten soll. Es macht mir Angst«, gab Alvara zu bedenken.
»Die Zukunft ist ungewiss und unser aller Schicksal liegt im Nebel verborgen. Dennoch liegt all unsere Hoffnung auf den Lesvaraq, wenn der dunkle Hirte erst stark genug ist, die Zeit der Dämmerung heraufbeschwört und beginnt, Ell zu unterjochen. Sie werden ihm Einhalt gebieten. Ihm und seinem weißen Bruder. Sapius ist davon überzeugt, dass die Brüder besiegt werden können«, versuchte Elischa die Fürstin zu beruhigen.
»Wenn sie leben, können sie getötet werden«, merkte Madhrab an.
»Keine Sorge«, meinte Corusal, »wir glauben Euch und den Worten des Sapius. Dennoch stellt Ihr uns vor eine schwierige Entscheidung. Ich muss zugeben, Eure Geschichte entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Was sollen wir tun? Was erwartet Ihr von uns? Gewähren wir Euch und dem Kind Schutz und Herberge, stellen wir uns womöglich gegen die Bewahrer, die anderen Fürstenhäuser und den Regenten. Ihr habt die Ordensregeln gebrochen, das habt Ihr selbst gesagt. Sollte ein Urteil durch ein Gericht der Bewahrer gegen Madhrab oder Elischa ergangen sein, müsste ich mich gegen das Gesetz stellen und liefe Gefahr, selbst als Gesetzloser gejagt und eines Tages gerichtet zu werden.«
»Das will ich nicht ausschließen«, erwiderte Madhrab, »aber die Klanlande befinden sich im Umbruch. Die Klan brauchen und wollen einen neuen Herrscher. Es ist Zeit für einen Wechsel und Ihr seid der Richtige dafür. Gemeinsam mit den
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