Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
befehlt«, bestätigte Haisan.
»Bringt den Waldläufer zum Reden, bevor ihr ihn tötet«, fügte Tallia hinzu, »die Naiki sind zäh. Lasst euch eine Folter einfallen, die den Willen des Naiki bricht.«
»Der Naiki wird singen wie ein Schattenvogel in der finstersten Nacht«, lächelte Hofna vielversprechend, »überlasst das nur Haisan und mir.«
Die beiden Diener verließen die heiligen Hallen der Saijkalrae, um die Fährte des Magiers erneut aufzunehmen. Ihre Suche wollten sie dort fortsetzen, wo sie Sapius zuletzt verloren hatten. Mitten im Herzen des Faraghad-Waldes.
»Du bist schrecklicher, als ich es sein könnte, mein Lamm«, lächelte der dunkle Hirte, während er Tallia liebevoll mit den Fingern über die Schulter strich und den langsam verhallenden Schritten seiner Leibwächter lauschte.
»Ich bin das, was Ihr aus mir gemacht habt«, antwortete Tallia nüchtern, »die Braut des dunklen Hirten.«
*
Seit Sapius die Siedlung der Naiki verlassen hatte, um in seine Heimat zurückzukehren, Solras durch Metahas Hand ihr Gedächtnis eingebüßt hatte und ihr Verstand auf den eines kleinen Mädchen zurückgefallen war, gingen die meisten Naiki ihrem gewohnten Tageswerk nach. Lediglich Belrod und Metaha wachten Tag und Nacht über die Klanfrau, deren Bauch unübersehbar einen beträchtlichen Umfang angenommen hatte. Wie lange würde das Ereignis der Geburt noch auf sich warten lassen?
Es kann nicht mehr lange dauern, dachte Taderijmon, der sich vor drei Tagen alleine auf die Jagd begeben hatte.
Der Naikijäger dachte über vieles nach, das sich in den letzten Monden ereignet hatte. Die Veränderungen waren überall spürbar. Baijosto und Ikarijo fehlten ihm. Der Bruder war tage- und nächtelang verschwunden gewesen, bis er plötzlich unversehens wieder in der Siedlung auftauchte, sich in seine Hütte zurückzog und lange ausschlief. Taderijmon wollte nicht wissen, was Baijosto anstellte und wo er sich herumtrieb. Er ließ ihn deshalb in Ruhe und fragte lieber nicht nach. Meist zog Baijosto mit dem Rudel Baumwölfe über die Baumwipfel des Faraghad auf der Suche nach Nahrung. Taderijmon befürchtete jeden Tag, der Krolak in Baijosto könnte die Oberhand gewinnen und der Bruder womöglich verwildern und nie wieder zurückkommen.
Wohin sich Ikarijo mit den Klanfrauen begeben hatte, wusste der Waldläufer nicht. Es war eine Schande, die Naiki und besonders Taderijmon hätten den erfahrenen Jäger gebraucht.
Mit jedem Tag ließ die Kraft der durch die Hand des dunklen Hirten verschmutzten Sonne nach. Es wurde kälter und dunkler. Für die Jäger wurde es schwieriger, an das begehrte Wild zu kommen. Die Tiere waren schreckhaft, mieden seltsamerweise die Fallen und verweigerten sogar ausgelegtes Futter und Köder. Sie versteckten sich häufig im dichtesten Dickicht des Waldes, von wo sie schwer aufzufinden und aufzuscheuchen waren. Die Jagd versprach nur dann Erfolg, wenn der Waldläufer lange Wege ging.
Taderijmon hielt inne und sah sich um. Es war ihm, als habe er in seinem Rücken eine Bewegung hinter den Bäumen wahrgenommen. Doch sosehr er seine geübten Augen auch anstrengte, es war nichts zu entdecken. Vielleicht nur ein Tier, das sich sofort in Sicherheit brachte und versteckte, nachdem es den Naikijäger erspäht hatte. Langsam setzte er seinen Lauf fort. Es wurde Zeit, dass er die Jagd endlich erfolgreich beenden und mit vollen Händen zur Siedlung zurückkehren konnte. Hoffentlich hatten die übrigen Jäger mehr Glück. Allerdings befürchtete er, dass es ihnen nicht viel anders erging. Wenn sich die Lage nicht bald änderte, würden sie ihr Jagdgebiet ausdehnen oder sich nach anderen Wegen umsehen müssen, um an Fleisch zu kommen. Vögel waren bereits seit längerer Zeit nicht mehr anzutreffen. Die Zucht von Waldschweinen in den Baumwipfeln der Siedlung war aber nicht unbedingt nach Taderijmons Geschmack. Bei dem Gedanken musste er schmunzeln. Er stellte sich die stolzen Naikijäger als Schweinehirten vor, die ihre gezähmten Hausschweine über die schwankenden Holzstege der Siedlung jagten, nur um nicht aus der Übung zu kommen.
Plötzlich blieb Taderijmon abrupt stehen. Dieses Mal war er sich sicher, etwas auf gleicher Höhe gesehen zu haben. Er wollte sich ducken und nach dem Jagdmesser greifen, als sich unsichtbare Schlingen wie aus dem Nichts um seinen Hals und seine Beine legten. Mit einem Ruck wurde er von den Beinen gerissen und fiel mit dem Gesicht voran auf den Waldboden. Sein
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