Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
verzweifelter Versuch aufzuspringen, hatte lediglich zur Folge, dass sich die Schlinge um den Hals fester zuzog und ihm die Luft zum Atmen nahm. Röchelnd fuhr er sich mit den Händen an den Hals und stellte mit Entsetzen fest, dass es dort nichts zu greifen gab. Bildete er sich die Schlinge bloß ein, die sich enger und enger schnürte und ihn heftig würgen ließ? Nichts war zu sehen, und weder am Hals noch an den Beinen konnte er eine Schlinge ertasten, die er hätte entfernen können. Immerhin gelang es ihm, auf die Knie zu kommen. Doch kaum kniete er aufrecht, wurde er erneut umgerissen und landete rücklings auf dem feuchten Laub. Er hörte das Knallen einer Peitsche, die ihn unsichtbar im Gesicht traf. Ihm wurde schwindelig und die Umgebung begann zu verschwimmen, als eine riesenhafte Gestalt ihren Schatten auf ihn warf und sich mit glühenden Augen über ihn beugte. Die Stimme der Gestalt im Kapuzenmantel nahm er unklar wahr.
»Wir haben einen, Hofna«, hörte er sie sagen, »komm zu mir und sieh dir die Augen an. Ein Naiki, da habe ich keinen Zweifel.«
Eine zweite Gestalt, mindestens ebenso groß wie die erste, schob ihren in einer Kapuze verhüllten Kopf neugierig in das Sichtfeld des Waldläufers. Die Augen schimmerten gelb. Hatte nicht Sapius von den Saijkalsan berichtet, die ihn in den Wäldern verfolgt hatten und vor denen er sich bei den Naiki versteckt halten wollte, bis sie seine Spur verloren hätten? Ausgerechnet er war den Häschern des dunklen Hirten in die Fänge geraten.
»Du hast recht, Haisan«, antwortete der andere Saijkalsan, »es ist tatsächlich ein Naiki. Lass ihn uns zwischen den Bäumen aufhängen und ein wenig kitzeln.«
»Was wollt ihr von mir?«, fragte Taderijmon in ersticktem Tonfall, dessen Versuche, sich aus den unsichtbaren Schlingen zu befreien, allesamt gescheitert waren.
»Hab Geduld, Naiki«, antwortete Hofna, »du wirst es bald erfahren.«
Wie von unsichtbaren Schwingen getragen erhob sich Taderijmons Körper vom Boden und blieb in vier Fuß Höhe zwischen zwei weit auseinanderstehenden Bäumen schwebend in der Luft hängen. Ohne eigenes Zutun drehte sich sein Körper, sodass er nun mit dem Kopf nach unten hing und den Waldboden anstarrte. Da wurden ihm Arme und Beine auseinandergerissen und in ausgestrecktem Zustand von Schlingen zwischen den Bäumen gehalten, die der Waldläufer nicht sehen, wohl aber durch ein schmerzhaftes Ziehen an den Gelenken spüren konnte. Er wusste nicht, wie lange ihn die Fremden in dieser Haltung hängen lassen wollten und was sie mit ihm vorhatten. Die Tortur erinnerte ihn an eine Vierteilung. Eine Bestrafung aus dem unerschöpflichen Fundus der Inquisition der Praister mit meist tödlichem Ausgang für die betroffenen Opfer.
Das stehe ich nicht lange durch, dachte er.
Das Blut schoss ihm in den Kopf und übte einen unangenehmen Druck auf die Augen aus. Das Atmen fiel ihm schwer. Er fühlte sich, als ob seine Arme durch die festgezogenen Schlingen zum Zerreißen gespannt wären und jeden Augenblick aus den Gelenken springen wollten. Mit den Beinen erging es ihm nicht anders. In den Schultern und Hüften nahm der Naiki einen brennenden Schmerz wahr, der sich mit jeder weiteren Sardas steigerte.
Auf dem Kopf stehende Glutaugen starrten ihn aus der Dunkelheit einer Kapuze an. »Ich bin Saijkalsan Haisan«, sagte der glutäugige Häscher, »mein Gefährte mit den gelben Augen hört auf den Namen Hofna, Saijkalsan Hofna. Wir sind auf der Suche nach einem abtrünnigen Saijkalsan. Sein Name ist Sapius. Kennst du ihn?«
»Nie gehört«, stöhnte Taderijmon atemlos.
»Wir werden dir die Haut bei lebendigem Leibe abziehen, solltest du uns weiterhin anlügen«, schüchterte Hofna den Waldläufer ein.
»Wo ist Sapius?«, fragte Haisan.
»Ich weiß nicht, wen ihr meint«, keuchte Taderijmon.
Hofna hob das Jagdmesser vom Waldboden auf, das der Naikijäger beim Kampf gegen die Schlingen fallen gelassen hatte. Er hielt die Klinge vor die Augen des Waldläufers. »Ein prächtiges Messer«, sagte er, »damit weidest du die Beute aus und ziehst ihr das Fell ab, nicht wahr?«
Der Naiki ersparte sich eine Antwort. Hofna vollführte eine schnelle Handbewegung mit dem Messer, die Taderijmon mit nur einem Schnitt das lederne Fleckenhemd vom Oberkörper trennte und bis auf die Haut drang. Taderijmon stöhnte, als er spürte, wie die kalte Klinge seine Haut aufschnitt.
»Und die Schneide ist scharf«, verhöhnte Hofna den Naiki.
Die Schnittwunde war
Weitere Kostenlose Bücher