Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
nicht sonderlich tief, aber sie blutete und schmerzte. Taderijmon spürte, wie ihm das eigene Blut vom Bauch und der Brust über den Hals ins Gesicht lief. Von dort aus sah er es zu Boden tropfen und sich in einer Blutlache sammeln.
Wenn ich lange genug durchhalte , dachte er, während er die größer werdende Blutlache unter sich mit Entsetzen betrachtete, werden Baumwölfe die Witterung des frischen Blutes aufnehmen. Baijosto, Bruder, wo bist du? Hilf mir!
»Wir wissen, dass die Naiki dem Saijkalsan geholfen haben. Du kannst uns nicht täuschen, Naiki«, fuhr Haisan fort, »verrate uns deinen Namen.«
»Taderijmon Kemyon«, antwortete der Waldläufer wahrheitsgemäß.
»Taderijmon, sei kein Narr und erspare dir die Qualen. Sag uns, was du weißt, und wir erlösen dich augenblicklich von den Schmerzen. Mein Gefährte ist ein sehr ungeduldiger Saijkalsan und er hasst es, auf die richtigen Antworten warten zu müssen«, schlug Haisan vor.
»Ich bringe euch gerne bei, wo es im Faraghad Waldschweine zu finden gibt und wie sie erlegt, ausgenommen und gehäutet werden, wenn es das ist, was ihr wissen wollt. Ich bin ein Jäger. Nicht mehr und nicht weniger. Das geheime Wissen der Wälder teile ich mit euch aus freien Stücken. Mehr werde ich euch jedoch nicht sagen können«, lenkte Taderijmon ab.
Hofna zog mit der Schneide des Jagdmessers eine weitere blutige Spur über die Brust des Waldläufers und ritzte dabei die Form eines Quadrats in seinen Brustkorb. Taderijmon schrie auf, als der Leibwächter des dunklen Hirten mit den Fingern in die frische Wunde griff und das vorher mit dem Messer angezeichnete quadratische Hautstück mit einem Ruck abriss und damit triumphierend vor den Augen des Naiki wedelte.
»Du bist ein hartnäckiger Fall, Jäger«, meinte Haisan kopfschüttelnd. »Ich frage dich noch einmal. Wo ist Sapius?«
»Ich weiß es nicht«, presste Taderijmon zwischen den Zähnen hervor.
Das entsprach zumindest der halben Wahrheit, denn der Naikijäger wusste zwar, dass Sapius vorhatte in seine Heimat zurückzukehren. Aber er war nicht in der Lage zu sagen, wo sich der Magier gerade befand und ob er den Ritt auf dem Reelog heil überstanden hatte.
Hofna drehte die blutige Klinge vor den Augen des Naiki zwischen den Fingern.
»Es hat keinen Zweck mit dir«, ärgerte sich Haisan, »führe uns zu dem Versteck deines Volkes und wir lassen dich frei.«
»Niemals«, sagte Taderijmon entschieden und spuckte verachtend vor die Füße Hofnas, »eher sterbe ich durch eure Hand, als euch auch nur in die Nähe der geheimen Siedlung zu bringen.«
»Dein Wunsch wird schon bald in Erfüllung gehen«, höhnte Hofna.
Aus der Ferne vernahm Taderijmon das Heulen eines Rudels Baumwölfe und er meinte ein leises Rascheln in den Baumwipfeln zu hören.
Baijosto!, rief er den Namen seines Bruders in Gedanken.
*
Unruhe beschlich Belrod. Der Maiko-Naiki hatte sich eher unfreiwillig vor Metahas Hütte niedergelassen und lauschte irritiert den lauten Geräuschen aus dem Inneren. Unsanft von Metaha vor die Tür gesetzt verstand er nicht, was seit geraumer Zeit vor sich ging. Er sollte doch auf seinen Schützling achten und darauf aufpassen, dass ihm kein Leid zustieß. In seiner Verzweiflung wog er den massigen Oberkörper hin und her und hielt sich die Ohren zu, um das Stöhnen und die gelegentlichen Schreie nicht hören zu müssen. Doch er konnte nicht anders und hielt immer wieder inne.
Hilflos hatte er in den frühen Morgenstunden mit angesehen, wie sie sich aus unerfindlichen Gründen zusammenkauerte und große Schmerzen litt. Was hatte er nur falsch gemacht? Sie war nicht gestürzt und er hatte doch nur sein Holzklötze-Spiel mit ihr gespielt, das sie jeden Tag aufs Neue gemeinsam hohe Türme bauen ließ. Wer den höchsten Turm baute, ohne dass dieser dabei umstürzte, gewann das Spiel.
Urplötzlich und ohne für Belrod ersichtlichen Grund war alles anders geworden und Metaha behandelte ihn, als hätte er sich gegen ihre Regeln benommen. In ungewohnt aufgeregter Weise war die Naikihexe in ihrer Hütte umhergesprungen, hatte frische Leinentücher bereitgelegt, heißes Wasser aufgesetzt und den Maiko-Naiki einfach rausgeschmissen. Er war traurig und machte sich große Sorgen um seinen Schützling, der zugleich seine beste Freundin geworden war und einen festen Platz in seinem Herzen eingenommen hatte.
Was Belrod nicht begriff – seit einigen Horas lag Solras in den Wehen. Die Geburt des Lesvaraq kündigte sich an. Er
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