Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Ordensbruder.
»Wir sollten unbedingt ein paar Tropfen Balsam auf die Türangeln träufeln«, meinte Henro lapidar, »sonst bleibt dein Herz noch eines Tages stehen.«
»Was schleichst du dich auch hier unten in den Kammern herum?«, fragte Thezael. »Wolltest du nicht unsere Einnahmen aus den Spenden für das Begräbnis des Regenten zählen?«
»Keine Sorge. Das habe ich bereits getan«, Henro grinste, »es reicht für mindestens zehn feierliche Bestattungsfeiern. Wie ich sehe, hast du ganze Arbeit geleistet.« Sein Blick wanderte zu dem regungslos am Boden liegenden Fürsten. Henro trat zaghaft mit der Fußspitze gegen den leblosen Körper. Als sich dieser nicht bewegte, beugte er sich hinab und untersuchte den Fürsten eingehend.
»Den Fürsten haben die Schatten geholt«, stellte er schließlich erleichtert fest.
»Oder der dunkle Hirte«, meinte Thezael grinsend.
»Vielleicht. Bist du dir sicher, dass er erwacht ist?«, fragte Henro zögerlich.
»Es gibt keinen Zweifel«, antwortete Thezael, »wir werden viel zu tun bekommen in nächster Zeit, wenn wir eine neuerliche Herrschaft der Saijkalrae und ihrer verdammten Diener über Ell verhindern wollen. Sei auf der Hut, Henro. Das wird kein leichtes Spiel werden. Wir müssen handeln und die Macht rasch und ohne Kompromisse an uns nehmen. Die Inquisition muss wieder aufleben, damit wir unsere alte Stärke zurückgewinnen können. Dann erst wird unser Einfluss auf Ell grenzenlos sein.«
»Das könnte einen Aufstand unter den Klan geben«, antwortete Henro. »Es gab viele unschuldige Opfer während der großen Inquisition. Die Fürsten werden uns nicht einfach gewähren lassen.«
»Nicht, wenn wir den Mächtigsten unter ihnen beseitigen«, erwiderte Thezael.
»Du meinst Corusal Alchovi?«
»Genau den meine ich. Fallwas hat ihn unterschätzt und lag in vielen seiner Ansichten falsch. Er dachte, Alchovi sei schwach geworden und verarmt. Mag sein, dass er seine Reserven eingesetzt hat, um Eisbergen wieder aufzubauen. Aber das schwächte ihn nicht. Im Gegenteil. Das Volk liebt den Fürsten des Nordens und hört auf ihn. Sein Wort wird auch von den anderen Fürsten nur allzu gerne angenommen. Er muss verschwinden. Unauffällig.«
»Und wie willst du das anstellen?«, fragte Henro.
»Nicht ich. Du wirst diese kleine Sache für uns erledigen«, lächelte Thezael verschlagen.
»Ich? Aber Thezael. Dort ist es kalt. Ich werde bestimmt erfrieren und ... die Eiskrieger. Sie werden mich häuten und ihren Tigern zum Fraß vorwerfen, wenn ich Corusal auch nur ein einziges Haar krümme.«
»Jammere nicht, Henro. Gute Zungen behaupten, der Leibwächter und engste Vertraute des Fürsten, Warrhard war sein Name, glaube ich, sei in der Schlacht am Rayhin gefallen, und sein Herz, das Herz des Eiskriegers, irre verloren in den Schatten umher. Du wirst nach Eisbergen gehen. Wenn du dich allerdings bei einem Attentat erwischen lässt, was ich nicht glaube, werden sie noch ganz andere Dinge mit dir anstellen, die du dir in deinen kühnsten Träumen nicht ausmalen möchtest. Übrigens gibt es in Eisbergen viele Orte und schöne Frauen, bei denen du dich aufwärmen kannst. Durch die Katastrophen herrscht zurzeit ein großer Mangel an fähigen Praistern. Sowohl im Palast als auch in den Tempeln der Kojos selbst. Corusal wird mir dankbar sein, wenn ich ihm einen meiner engsten Vertrauten und Oberen als ordnende Hand schicke, um bei der Wiederherstellung der Ordnung und beim Wiederaufbau der Tempel zu helfen. Du wirst ihm unsere Unterstützung zusagen und dich als nützlich erweisen. Neue Praister müssen für unsere Sache auserwählt, überzeugt und ausgebildet werden. Die Kojos wollen angebetet werden. Besänftige sie und opfere ihnen. Du bist klug, gerissen und hast die notwendige Erfahrung, Henro. Es wird ein Leichtes für dich sein, in die Nähe des Fürsten zu gelangen und nach einiger Zeit der vorbildlichen Fürsorge sein Vertrauen zu gewinnen. Er fürchtet den dunklen Hirten. Beeinflusse ihn. Nutze die Angst vor der unbekannten Gefahr für uns. Hier …«, Thezael hielt Henro eine durchscheinende Phiole aus Kristall vors Gesicht, »… nimm diese Phiole mit der Essenz des Feuerwurms mit dir. Ein winziger Tropfen genügt – und es wird ihm ergehen wie unserem Freund Fallwas. Sie werden denken, sein Herz sei stehen geblieben. Niemand wird Verdacht schöpfen, wenn du umsichtig bleibst. So etwas kommt gelegentlich vor. Ein tödlicher Unfall wäre auch nicht schlecht. Aber es
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