Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
verlieren, denn Ihr seid voreilig ein zu hohes Risiko eingegangen. Im Grunde war Euer Plan von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Eines jedoch solltet Ihr bei all Euren Vorhaben niemals aus den Augen verlieren: die Sicherheit der Lesvaraq und die Suche nach Ulljans Buch hat Vorrang vor allem anderen. Erinnert Euch an meine Worte. Eure Rache und Euer Kampf gegen die Saijkalrae haben keinen Sinn ohne die Wiedergeburt der Lesvaraq. Sie muss jederzeit zurückstehen, wenn Ihr dadurch die Lesvaraq gefährden solltet. Vergesst das nie bei allem, was Ihr plant und zu tun gedenkt«, führte der Wanderer aus.
Sapius hatte verstanden. Seine Aufgabe lag nun klarer vor ihm denn je. Kallahan also. Niemals hätte der Magier angenommen, dass dieser alte Saijkalsan noch lebte. Der Einsiedler hatte Ulljan tatsächlich gekannt. Das war ein echtes Privileg und jetzt mochte es ein Glück für Sapius sein, wenn er sich nur geschickt anstellte. Er brannte regelrecht darauf, sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Einsiedler im nordöstlichen Riesengebirge zu begeben. Keine Frage, er würde Gefährten bei seinem Vorhaben brauchen, dem dunklen Hirten Einhalt zu gebieten. Endlich hatte ihm der gesichtslose Wanderer die ersten hilfreichen Hinweise für seinen weiteren Weg gegeben. Wenn er tatsächlich die Wahrheit sprach und Sapius sich die Worte nicht lediglich in seinen Träumen einbildete, würde er allmählich zu einem ernst zu nehmenden Gegner für den dunklen Hirten heranreifen.
»Einen kleinen gut gemeinten Ratschlag möchten wir Euch für heute Nacht noch mit auf den Weg geben, Sapius. Sosehr Euch die Fleischeslust auch treiben mag. So gerne Ihr das weiche Lager mit der Tochter des Hauses teilen und Euren geschundenen Knochen Erholung gönnen würdet. Haltet Euer Verlangen im Zaum. Zieht der Bequemlichkeit des Bettes lieber ein Lager im Stroh und Heu der nahe gelegenen Scheune vor und überlasst das Weib einem anderen der Gäste. Glaubt mir, das wird Euch weit besser bekommen«, riet der Wanderer Sapius mit ernster Stimme.
Sapius hatte keine Gelegenheit mehr, dem Wanderer zu antworten. Dieser war verschwunden.
Jemand rüttelte ihn unsanft an der Schulter wach. Es war Pafilia, die Tochter des Wirtes und erste Bedienung des »silbernen Baumwolfes«. Der Wein hatte ihn schläfrig und seine Glieder schwer gemacht. Der Magier war mit dem Kopf auf der Tischplatte eingeschlafen. Eine höchst unbequeme Haltung, die sich schnell rächte und ihm ein unangenehmes Ziehen im Nacken bescherte.
»Wacht auf, es ist schon spät. Euer Schnarchen vertrieb bereits die ganzen Gäste auf ihre Zimmer«, rief Pafilia mit einem vielsagenden Lächeln auf den Lippen. »Wir schließen die Wirtsstube jetzt. Habt Ihr Euch entschieden, wo Ihr die Nacht verbringen wollt?«
»Oh … das … ähm … tut mir leid. Ich vergaß Euren Vater zu fragen. Das muss der Wein gewesen sein. Er ist mir bestimmt zu Kopf gestiegen. Ich denke, ich werde mich wohl besser in die Scheune zurückziehen. Sie soll mir als Lager für die Nacht genügen«, antwortete Sapius rasch.
Pafilia sah zu Sapius’ Überraschung tatsächlich enttäuscht aus. Offenbar hatte sie damit gerechnet, dass Sapius noch mit ihrem Vater reden würde und bereit war, einen hohen Preis für sie und eine gemeinsame Nacht in ihrem Bett zu bezahlen.
Frauen … das soll einer verstehen, dachte Sapius bei sich.
»Nun … wenn Ihr es denn nicht anders haben wollt. Dann darf ich Euch bitten die Gaststube jetzt zu verlassen. Ich muss noch aufräumen und abschließen. Ihr findet den Weg zur Scheune bestimmt alleine«, sagte Pafilia schnippisch und wandte sich mit beleidigter Miene ab.
Als sich Sapius vom Stuhl erhob, spürte er den schweren Wein in allen Gliedern. Ihm war nicht wohl, seine Sinne waren benebelt und der Gang unsicher. Mehr schlecht als recht wankte er hinaus in die klare Nacht des Waldes und tastete sich langsam und mit einiger Mühe durch die Finsternis voran in die Scheune. Die Tür des Wirtshauses wurde laut krachend hinter ihm zugeworfen und gleich mehrmals verriegelt.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass er als einziger Gast in der Scheune über den Pferden übernachtete, und somit alleine war, stieg er eine leicht brüchige Leiter zum Dachboden hinauf und legte sich einige der dort lagernden Strohballen sowie frisches, gut duftendes Heu für sein Lager zurecht. Vielleicht war der Ratschlag des Wanderers ja richtig gewesen. Jedenfalls erschien ihm das Lager aus Stroh und Heu in dieser
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