Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Verbündete, denen Ihr vertrauen könnt, wenn Ihr gegen Eure Feinde bestehen wollt.«
»Verbündete gegen die Saijkalrae? Die dürften rar gesät sein, wenn es sie denn überhaupt geben sollte«, sagte Sapius frustriert.
»Es gibt sie, Sapius. Ihr müsst sie nur finden. Seht Euch mit offenen Augen um. Hört die Geschichten auf Euren Wegen durch Ell. Lauscht den Worten der Alten. Sie werden Euch bei der Suche nach Ulljans Buch eine Hilfe sein. Der eine auf seine Weise mehr, der andere auf seine Art vielleicht weniger. Ihr könnt die Schrift nicht alleine erringen und in Eurem Besitz halten. Kennt Ihr die alte Prophezeiung des Ulljan denn nicht?«, fragte der Wanderer und trug plötzlich einen auf und ab klingenden Singsang vor.
»Sieben des alten Blutes,
reiten zusammen,
sind voll des Mutes .
Gezeichnet ist der Erste in all seiner Pracht,
er ist der Träger unendlicher Macht.
Die Bestie beizeiten im Zweiten erwacht,
er ist der Jäger und Wandler der Nacht.
Im Dritten fließt gar dunkles Blut,
Neid und Hass schüren seine Glut.
Unschuldig ist des Vierten Geist,
Reinheit und Stärke er den Streitern verheißt.
Sterben musste der Fünfte im Namen der Freiheit,
er verkörpert Magie, trägt der anderen Leid.
Der Sechste, geboren aus Fels und Erde,
verbindet die Kraft der wilden Herde.
Das Glück den Siebten verließ im Fluch,
er wird finden nach langer Suche das Buch.«
Sapius kannte die rätselhafte Prophezeiung. Jedenfalls erinnerte er sich an die Worte, während der Wanderer sie ihm vorsang. Er war im Verlauf seiner Studien der alten Schriften bereits einmal auf eben diesen Text gestoßen. Doch damals hatte er mit den seltsam anmutenden Worten über die sieben Streiter nichts anfangen können und selbst jetzt blieb ihm die genaue Bedeutung verschlossen. Er konnte sich nicht vorstellen, wer sich hinter den Sieben verbarg. Der Wanderer sprach erneut in Rätseln, über die sich Sapius wie beinahe jedes Mal, wenn ihn diese Gestalt in seinen Träumen aufsuchte, den Kopf zermarterte. Ein Gezeichneter, ein Gestaltwandler, ein neidisches Geschöpf der dunklen und ein reines der hellen Seite, ein Verstorbener, ein Felsgeborener und ein Glückloser sollten seine Gefährten auf der Suche nach dem verschollenen Buch des Ulljan sein? Das hörte sich reichlich absurd in Sapius’ Ohren an.
»Wo soll ich anfangen zu suchen?«, fragte er.
»Das ist nicht schwer, einen der Sieben habt Ihr bereits gefunden. Das seid Ihr selbst. Sucht auf Ell nach Euren Verbündeten. Wenn die Zeit gekommen ist, werdet Ihr sie finden, und wenn nicht, dann werden sie Euch finden, denn es ist das unabänderliche Schicksal der Sieben, gemeinsam nach dem Buch zu suchen. Geht in Eure Heimat Tartyk. Findet den Frieden mit Eurem Volk und den Ahnen, die Ihr einst im Zorn verlassen habt. Sucht den Rat der alten Tartyk, wie Ihr es ohnehin vorhattet. Danach wendet Euch wieder gen Nordosten. Dort lebt ein alter Bekannter, der Euch sehr nützlich sein könnte. Er fristet sein Leben als Einsiedler im Riesengebirge nahe dem Hoheitsgebietes der Bluttrinker. Sein Name ist Kallahan«, sagte der Wanderer.
»Kallahan? Er war ein Saijkalsan und diente den Saijkalrae nach den Erzählungen schon zu Quadalkars Zeiten. Seltsam, ich dachte, er sei längst tot. Ein Opfer der großen Inquisition.« Sapius war sichtlich überrascht.
»Ihr solltet weniger denken und Euch in mancherlei Dingen besser von Euren Gefühlen leiten lassen. Informiert Euch, kennt Eure Feinde, aber vor allen Dingen vertraut auf Euer Gespür für die wahren Freunde, sonst werdet Ihr auf Eurer Mission scheitern. Kallahan lebt, doch er hat sich vor vielen Sonnenwenden schon zurückgezogen und dient den Saijkalrae nur widerwillig. Er sieht die Brüder als notwendiges Übel für den Einsatz seiner Fähigkeiten und unterliegt damit einem ähnlichen Irrtum, wie Ihr selbst ihn immer wieder begangen habt. Er verabscheut das Leben auf Ell. Das hat sich bis zum heutigen Tag nicht geändert. Es wird nicht einfach sein, aber wenn Ihr ihn von Eurer Sache überzeugen könnt, dann wäre er für Euch womöglich ein starker und treuer Gefährte. Der dunkle Hirte fürchtet den Einsiedler«, erklärte der Wanderer seinen Vorschlag.
»Saijrae fürchtet Kallahan? Aber warum?«, fragte Sapius verblüfft.
»Das wollen wir Euch gerne erklären. Kallahan stand einst in den Diensten von Pavijur, dem zweiten Lesvaraq neben Ulljan, und lernte eifrig von seinem Meister. Er war begabt, auch wenn er selbst kein Lesvaraq war.
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