Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
unten.
Wieder eines jener armen Geschöpfe, die in den Zuchtstätten der Rachuren enden sollten, um die bei den Klan verhasste Brut der Rachuren auszutragen, hatte der Naiki gedacht. Unzählige junge Frauen waren während der kriegerischen Eroberungszüge der Rachuren auf diese Weise schon verschleppt worden. Es war eine Schande.
Der Großteil von ihnen würde die unterirdischen Brutstätten zeit ihres Lebens nicht wieder verlassen. Waren sie nach einigen Sonnenwenden durch die vielen Geburten von Chimären und Bastarden erst einmal verbraucht und trotzdem noch am Leben, wurden manche den Chimärenkriegern überlassen, damit diese ihre niederen Triebe austoben oder ihre derben Späße treiben konnten, was die ohnehin geschwächten Frauen in den meisten Fällen nicht überlebten. Die anderen der bedauernswerten Frauen landeten einfach am Spieß und dienten somit gut durchgebraten als Festmahl der Rachuren. Ein höchst unrühmliches Ende, wie der Naiki fand.
Während der Waldläufer seinen düsteren Gedanken nachgehangen war, seiner Neugier freien Lauf gelassen hatte und durch die Beobachtung der Rachuren in seiner Aufmerksamkeit abgelenkt worden war, hatte sich ein höchst ungebetener Beobachter unbemerkt in seinen Rücken geschlichen. Ein hungriger Baumwolf hatte sich lautlos angepirscht und auf einem nahe stehenden Baum über ihm auf frische Beute gelauert. Der Waldläufer war ihm für diesen Zweck als genau richtig erschienen.
Einem Ruf von Pikko sowie dem natürlichen Instinkt des erfahrenen Jägers folgend hatte sich der Waldläufer gerade noch rechtzeitig umgedreht und war so vor der drohenden Gefahr gewarnt worden. Es war zunächst nur eine unbewusste Wahrnehmung. Ein unscheinbares, aber dennoch bedrohliches Gefühl, als hätten sich Augen fest in seinen Rücken gebohrt und ein unangenehmes Kribbeln auf der Haut hinterlassen. Pikko hatte ihn schließlich am Ohr gezogen und einen schrillen, für die nähere Umgebung jedoch nicht hörbaren Laut von sich gegeben. Der Waldläufer hatte daraufhin sogleich den lauernden Baumwolf in den Ästen des Baumes über ihm erblickt.
Der erste Schreck über das große, ausgehungerte Raubtier in seinem schwarzen, zotteligen Pelz, das sich am besten als eine Mischung aus einem Großaffen und einem ausgewachsenen Wolf beschreiben ließ, war dem einzig vernünftigen Gedanken eines erfahrenen Jägers gewichen. Die Chance, einer weit größeren Gefahr zu entkommen, bestand darin, den Baumwolf schnell zu erlegen, bevor dieser das Rudel für die Treibjagd auf das erspähte Opfer herbeiholen konnte.
In der Hektik allerdings verfehlte der mit Requas, einer schnell wirkenden, tödlichen Flüssigkeit aus einem berüchtigten blauen Waldpilz und Baumrinde, getränkte Pfeil aus dem Blasrohr des Waldläufers sein Ziel und blieb wirkungslos in einem Ast nur wenig oberhalb des Baumwolfes stecken. Einen zweiten Schuss konnte der Waldläufer nicht mehr anbringen.
Der Baumwolf gab seinen Beobachtungsplatz sofort auf, nachdem ihn der Waldläufer entdeckt hatte, und machte sich schnellstens auf, sein Rudel von der möglichen Beute zu verständigen. Es war zwecklos und viel zu gefährlich, einen einzelnen Baumwolf zu verfolgen. Jedenfalls alleine. Der Waldläufer wusste nicht, wo genau das restliche Rudel lagerte oder wie groß es überhaupt war. Die Anzahl der Tiere innerhalb eines Rudels konnte mitunter stark schwanken. Es war in solchen Situationen für einen Waldläufer weitaus klüger, sich für eine rasche Flucht zu entscheiden. Er wusste jedoch, dass sich die Baumwölfe nicht an die schwer bewaffneten Rachuren heranwagten, obwohl sie dort womöglich weit üppigere Beute machen konnten als mit einem einzelnen, zähen Waldläufer, an dem kein Gramm Fett zu finden war und der höchstens ein paar wenige Baumwölfe für einen Tag satt machte. Die Baumwölfe hätten die Gruppe der Rachuren ohne große Schwierigkeiten erlegen können. Die Gefahr allerdings, dass bei der Jagd Tiere des eigenen Rudels verletzt würden, war ihnen zu hoch. Ein verletzter Baumwolf war ein verlorener Baumwolf. Eine eiserne Regel, von der es keine Ausnahme gab. Baumwölfe galten als schlau. Sie hatten es auf ihn abgesehen und würden ihn erbarmungslos jagen.
Sofort nach dem Verschwinden des Baumwolfs hatte sich der Waldläufer deshalb in Bewegung gesetzt, um so schnell wie möglich von seinem Beobachtungsposten wegzukommen und eine möglichst große Distanz zwischen sich und das Rudel zu bringen. Unglücklicherweise
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