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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Eiswüste versperrt war. Allerdings konnten sie die vor dem Riesengebirge liegenden nördlichen Klanlande und das karge Land der Bluttrinker sehen. Vargnar deutete mit der Hand gen Himmel.
    »Siehst du, was ich sehe?«, fragte der Prinz den Felsenfreund auf seiner Schulter.
    »Was? Ich kann nichts erkennen. Es ist zu dämmrig«, antwortete Goncha, der sich zwar redlich bemühte, aber tatsächlich nichts entdecken konnte.
    »Sieh genauer hin.«
    »Ich versuche es, mein Prinz. Aber da ist nichts.«
    »Wenn du ihn nicht sehen kannst, dann fühle ihn. Ich spüre seine Macht schon eine Weile.«
    »Ihr vergesst, dass ich eine gewöhnliche Echse in einem wärmenden Pelz bin und nicht die Fähigkeiten eines Felsgeborenen besitze.«
    »Du bist weder eine Echse noch bist du gewöhnlich. Du bist ein Felsenfreund. Einzigartig. Der Lesvaraq achtete auf einige besondere Eigenschaften, als er euch Felsenfreunde schuf« – Vargnar deutete erneut mit der Hand in die Richtung, in welcher er eine Bewegung wahrgenommen hatte – »dort im Licht der helleren Sonne, weit oben vor den beiden großen Wolken, die wie die Fratze eines Baumwolfs und ein Turm aussehen. Ich habe keinen Zweifel. Nichts außer einem Flugdrachen bewegt sich auf diese Weise. Kannst du ihn denn wirklich weder sehen noch fühlen?«
    Goncha reckte den Kopf in die Höhe, kniff die Augen zusammen, folgte erneut mit seinem Blick der Hand des Prinzen und stellte sich auf die Hinterbeine, um besser sehen zu können. Tatsächlich, der Prinz lag richtig. Ein kleiner, dunkler Schatten, kaum wahrnehmbar, bewegte sich in für ein Lebewesen unglaublicher Höhe vor den Wolken. Verwundert rieb sich die kleine Fellechse mit den beiden Vorderpfoten die Augen.
    »Das könnte alles Mögliche sein. Ein Vogel oder vielleicht ein Käfer«, meinte Goncha.
    »Unsinn! Wann hast du zuletzt einen Vogel in dieser Gegend gesehen? Stürzten sie nicht erst kürzlich tot vom Himmel? Und ein Käfer wäre viel zu klein, um ihn auf diese Entfernung erkennen zu können.«
    »Gewiss, Ihr sprecht wahr, aber doch waren von dem Unglück nicht alle Vögel betroffen. Vielleicht ist es einer dieser Dschan, die von den Klan zu Späherdiensten eingesetzt werden.«
    »Sahst du jemals einen Dschan fliegen? Er bewegt seine Schwingen anders. Was du dort oben siehst, ist ein Flugdrache! Zweifle nicht an meinen Augen. Kein Vogel auf Kryson erreicht diese Höhe und bewegt seine Flügel so anmutig wie dieses magische Geschöpf.«
    »Dann erklärt mir bitte eines. Was sucht ein Flugdrache im Riesengebirge?«, fragte Goncha. »Ich dachte, sie beschränkten ihren Wirkungskreis schon vor langer Zeit auf das Südgebirge des Kontinents. Das sieht mir nach einem Bruch der Vereinbarungen zwischen den Tartyk und den Völkern der Altvorderen aus.«
    »So ist es, Goncha. Der Drache hat das Hoheitsgebiet der Tartyk verlassen und flog bis hierher in den Norden. Vielleicht denkt er, die Altvorderen erinnern sich nach all den Sonnenwenden in der Verbannung nicht mehr an die Vereinbarung. Welche Gründe ihn auch immer dazu bewogen haben, Tartyk zu verlassen, sie müssen gewichtig sein. Er fliegt sehr hoch, bestimmt um nicht von Spähern entdeckt zu werden, was bedeutet, dass er sich seiner Schuld bewusst ist. Wir werden ihn im Auge behalten. Sobald er gelandet ist, werde ich dem Flüstern der Felsen lauschen. Sie werden mir den Ort der Landung verraten. Wenn wir ihn gefunden haben, befragen wir seinen Reiter.«
    »Ihr wollt einen Drachenreiter in Gegenwart eines Drachen befragen? Der Drache könnte Euch – und mich dazu – binnen eines Wimpernschlages in tausend Stücke zerschmettern.«
    »Das wird er mit Sicherheit nicht wagen«, erwiderte Vargnar, »Drachen sind hochintelligente magische Wesen. Ihre Macht ist groß und er weiß, dass er von uns nichts zu befürchten hat. Er wird das Blut der Altvorderen respektieren, das in meinen Adern fließt, und sich an die Vereinbarung erinnern. Wenn wir Glück haben, wird ihn das schlechte Gewissen ob des Verstoßes plagen, und seine zur Wiedergutmachung angebotene Hilfe könnte sich für uns als nützlich erweisen.«
    »Verzeiht, aber Eure Ideen sind nicht nur merkwürdig, sondern geradezu verwegen, wenn nicht gar absurd«, schüttelte Goncha den kleinen Echsenkopf.
    Sie beobachteten den Drachen eine Weile und stellten fest, dass dieser seine Flughöhe allmählich verringerte, als er sich den ersten Ausläufern des Riesengebirges näherte. Trotz des Dämmerlichtes konnte auch Goncha den

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