Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
Drachen zunehmend deutlicher erkennen und sogar die Konturen des buckligen Drachenreiters ausmachen, der sich geduckt auf dem Rücken des Drachen festklammerte.
Es wurde Zeit, die Rast zu beenden und aufzubrechen. Der Felsgeborene spannte erneut die lederne Haut zwischen Armen und Füßen und ließ sich mit einem beherzten Sprung vom höchsten Punkt des Gipfels von den Winden zur nächsten Felswand des gegenüberliegenden Berges tragen. Gemeinsam erklommen sie in Windeseile Gipfel um Gipfel, bis sie schließlich bei Sonnenuntergang an ihrem Ziel angelangt waren.
Mehrere tausend Fuß unter ihnen lagen die aus den Felsen gehauenen Türme der von den Bluttrinkern halb verlassenen Burg.
Vargnar konnte trotz der aufkommenden Dunkelheit ohne Schwierigkeiten in den Innenhof der Burg blicken und stellte mit Erleichterung fest, dass Quadalkar nur eine kleine Nachhut seiner Kinder zurückgelassen hatte, die sich um das Verladen einiger Blutsklaven kümmerte. Sie hatten die Sklaven in Käfige gesteckt und beabsichtigten offenbar, die Klan als Proviant auf einigen von Pferden gezogenen Karren nachzuführen. Dabei waren ihnen andere Klanmänner behilflich, die Vargnar eindeutig als nicht vom Fluch der Bluttrinker betroffen erkannte.
»Es ist genau, wie ich mir dachte«, sagte Vargnar, »Quadalkar gibt die Burg auf. Wenn wir lange genug warten, können wir sie nahezu kampflos in Besitz nehmen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir die Zeit haben oder ob Saragar ein umgehendes Handeln erwartet. Allerdings bin ich überrascht, dass die Klan Quadalkar bei seinen Plänen zur Hand gehen.«
»Mein Prinz, auf Ell existiert nur ein Mann, dem dies zuzutrauen ist. Für einen Sack voller Anunzen ist er sich für keinen Dienst zu schade. Vielleicht haben Euch die Steine seinen Namen bereits geflüstert. Es handelt sich um Jafdabh, den Todeshändler, und seine unerschrockenen Männer.«
»O ja«, nickte Vargnar, »den Namen habe ich tatsächlich gehört. Aber die Steine flüsterten nicht, sie schrien, als sie mir von ihm berichteten, so als bereitete ihnen alleine der Gedanke an diesen Todeshändler unsägliche Schmerzen. Er beschmutzt unsere Stätten mit seinem Unrat und hat den Tod verdient.«
»Das mag durchaus sein«, erklärte Goncha, »Jafdabh ist in jeder Hinsicht ein Ausbeuter allerübelster Sorte. Gewissenlos und ohne Skrupel. Er schreckt nicht davor zurück, bis tief in die Erde Stollen in die uralten Felsen hauen zu lassen, wenn er Gold, Silber und Blutstahl in den Adern der Steine wittert und sich dadurch einen Gewinn verspricht. Dabei ist es ihm gleichgültig, wie viele seiner von Rauschmitteln benebelten Sklaven in den Stollen ihr Leben lassen.«
»Was meinst du, Goncha, sollen wir angreifen und ihn zusammen mit den übrigen Bluttrinkern vernichten? Er rechnet bestimmt nicht mit einem solchen Ende.«
»Möglich, aber ich würde an Eurer Stelle lieber warten und eine Eroberung ohne Kampf vorziehen. Zieht heimlich, still und leise ein, säubert sie vom Unrat, beseitigt die Überbleibsel des Fluchs und bereitet alles Notwendige für die Rückkehr des Königs vor. Die Burg ist gewiss nicht mehr das, was sie einst war. Sie wandelte sich über die Sonnenwenden zu einem Ort des Grauens und der Dunkelheit. Wer weiß, welche Gefahren uns dort erwarten.«
Vargnar ließ den Felsenfreund an den in ihm plötzlich aufsteigenden Gefühlen teilhaben. Der Zorn auf den Klan, der dazu beigetragen hatte, die prächtigen Stätten der Felsgeborenen mit dem Blut Unschuldiger zu beschmutzen, wurde mit jeder Sardas stärker, schrie nach Rache und ließ den Felsenfreund erschaudern. Der überraschende Stimmungswandel war nichts Neues für Goncha. Er war die Gefühlsschwankungen und Launen seiner Herren gewohnt. Die Felsgeborenen waren bekannt für ihre Extreme. In einem Moment waren sie von einer Sache hellauf begeistert, während sie in der nächsten Sardas zu Tode betrübt und auf Zerstörung derselben aus waren. Es brauchte oft nur einen kleinen Auslöser, um diesen Wandel herbeizuführen. Dennoch hatte er Mühe, den Prinzen davon abzuhalten, sich nicht sofort in die Tiefe und auf die Gegner zu stürzen, um seinem ungezügelten Hass freien Lauf zu lassen. Ein Gemetzel war das Letzte, was die Burnter für einen Neuanfang gebrauchen konnten. Sie mussten sich finden, ihre Kräfte sammeln und von ihren Feinden möglichst lange unbemerkt bleiben, wenn sie zu alter Stärke zurückfinden wollten. Die Felsenfreunde waren die guten Geister und
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