Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
seine Grenzen gebracht hatten. Aber offenbar hatte Rajuru die schrecklichsten Eigenschaften ihres Sohnes noch verstärkt, um die perfekte Waffe für sich zu schaffen.
»Lass ihn los!«, befahl Rajuru barsch.
Nalkaar fiel zu Boden, als sich der Griff des Rachuren sofort lockerte. Unter der Rüstung des Kriegers erkannte er die Beine aus Blutstahl, die wie Baumstämme vor ihm in die Höhe ragten. Joffra hatte wahrlich ein Meisterwerk der Schmiedekunst geschaffen. Die Konturen waren bis hin zu einzelnen nachgebildeten Muskelsträngen täuschend echt getroffen. Grimmgour beugte die Knie, die Finger einer Hand schlossen sich wie Schraubstöcke um das Kinn des Todsängers. Er zog Nalkaar an sich heran und kam ihm mit dem Gesicht gefährlich nahe. Nalkaar konnte seinen stinkenden Atem riechen. Offenbar hatte Grimmgour in der Zeit seiner Abwesenheit fleißig geübt. Selbst wenn die Bewegungen zuweilen steif wirkten, war er doch in der Lage, seine Gliedmaßen einzeln und kontrolliert zu steuern.
»Wollt Ihr den Krieger kämpfen sehen?«, fragte Rajuru, während sie die beiden Kontrahenten beobachtete und ihren Sohn keinen Moment aus den Augen ließ.
»Gewiss … das würde mir gefallen«, presste Nalkaar zwischen zusammengedrückten Lippen hervor.
Sein Kiefer schmerzte und drohte jeden Augenblick zu zerspringen. Was hatte Rajuru vor? Wollte sie ihm dieses Rachemonster auf den Hals hetzen, um ihn einzuschüchtern und ihm ihre Macht zu demonstrieren?
»Gehen wir in die Arena! Dort wartet Joffra auf uns. Er hat für Grimmgour neue Waffen geschmiedet. Ich bin gespannt, wie er damit zurechtkommen wird«, schlug Rajuru vor und wandte sich an ihren Leibwächter. »Ayomaar? Sind die Sklaven für den Kampf bereit?«
»Ja, Herrin«, bestätigte der Leibwächter, »aber sie werden keine Herausforderung für Grimmgour sein. Sollten nicht Onamaar oder ich gegen ihn antreten?«
»Für Grimmgour gibt es keinen Übungskampf, Ayomaar«, antwortete Rajuru, »so gut und erfahren Ihr beide auch sein mögt. Er würde Euch auf der Stelle töten.«
»Aber, Herrin, wie soll Euer Sohn seine Geschicklichkeit im Umgang mit den Waffen unter Beweis stellen, wenn ihm die Gegner nicht annähernd ebenbürtig sind«, gab Onamaar zu bedenken.
»Das ist allerdings ein guter Einwand«, grübelte Rajuru nach und strich sich gedankenverloren eine Strähne aus dem Gesicht. »Lasst den Klansklaven Dardhrab gegen ihn antreten. Er dürfte gut und stark genug sein, um für mehr als eine Sardas gegen ihn bestehen zu können.«
»Dardhrab ist einer unserer besten Minenarbeiter, Gebieterin«, merkte Ayomaar an, »wollt Ihr ihn wirklich opfern?«
»Wenn es sein muss, wird der Sklave sterben. Gebt ihm eine gute Waffe in die Hand und kleidet ihn in eine Rüstung. Er wird gemeinsam mit den anderen Sklaven gegen Grimmgour antreten. Sagt ihm, sollte er den Kampf überleben, kommt er frei. Das wird ihn anspornen. Kommt er tatsächlich mit dem Leben davon, dann schickt ihn wieder in die Minen.«
»Sehr wohl, Gebieterin«, verbeugte sich Ayomaar und eilte davon.
»Grimmgour! Lass Nalkaar in Ruhe. Ich brauche ihn noch. Deine Kräfte kannst du in der Arena gleich mit anderen messen.«
Der Rachure gehorchte, stieg mit einem großen Schritt über den am Boden liegenden Nalkaar und folgte Onamaar und seiner Mutter in die Arena. Schwerfällig erhob sich Nalkaar, rieb sein lädiertes Kinn und schloss sich Grimmgour an. Der Weg zur Arena führte sie aus dem Palast hinaus, über die Brücke, die sich über den reißenden Fluss Gihaya zog, steil hinab in Richtung der Brutstätten, bis in die tiefsten Tiefen des unterirdischen Reichs der Rachuren.
Nalkaar hatte den Namen des Sklaven bereits mehrere Male vernommen. Dieser war berüchtigt. Obwohl er seit seiner Gefangennahme schon lange in den Minen als Sklave arbeitete und immer wieder zur Belustigung der Rachuren zu Schaukämpfen auf Leben und Tod herangezogen worden war, waren seine Kräfte im Gegensatz zu den meisten anderen Sklaven nicht geschwunden. Im Gegenteil, mit jeder Sonnenwende in der Sklaverei und mit jedem weiteren Kampf war er stärker und zäher geworden. Den Gerüchten zufolge handelte es sich bei Dardhrab um einen riesenhaften Klansklaven, dem enorme Kräfte, ein eiserner Wille und Talent für den Kampf nachgesagt wurden. Angeblich sollte er sogar Grimmgour an Körpergröße und Masse überragen, was sich der Todsänger freilich nur schwer vorstellen konnte. Obschon Nalkaar die Kämpfe für lächerlich und
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