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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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kleinen Finger und sie wäre dahin.
    Dabei wusste er genau, dass Rajuru alles andere als einfach zu töten war. Wenn sie überhaupt sterblich sein sollte, dann würde gewiss nur Magie ihr Leben beenden können. Manchmal jedoch trieben ihm solche Gedanken durch den Kopf und sie gaben ihm ein Gefühl von Zufriedenheit. Kleine und häufig nur kurze Wunschträume, die sich nie erfüllen würden.
    »Wie kannst du es wagen, Grimmgour?« Rajuru ging in eine keifende Stimmlage über. »Du weißt, was es bedeutet, sich meinen Anweisungen zu widersetzen und sich ungehorsam zu zeigen.«
    Der Krieger fasste sich mit beiden Händen an die Schläfen und fiel mit einem scheppernden Geräusch auf die Knie. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer einzigen Maske des Schmerzes. Den Mund vor Entsetzen weit aufgerissen rann aus Nase, Ohren und Augen dunkles Blut.
    »Habt Erbarmen, Mutter!«, winselte Grimmgour mit der kläglichsten Stimme, die Nalkaar je gehört hatte.
    Die Hexe kontrollierte ihren Sohn offenbar vollständig, nicht nur dessen Geist. Sie fügte ihm nach Belieben Schmerzen zu und war in der Lage ihn auszuschalten, wann immer sie dies wollte. Erneut stellte Rajuru mit dem Schauspiel in der Arena ihre Grausamkeit unter Beweis. Sie war kalt. Eiskalt. Eine herzlose Mutter, die nur die Erweiterung ihrer Macht im Sinn hatte. Um dieses Ziel zu erreichen, war ihr jedes Mittel recht. Folter, Mord und Totschlag. Nalkaar erinnerte sich, wie er um Grimmgours Seele gesungen hatte. Mit seiner Hilfe hatte sie aus ihrem eigenen Fleisch und Blut eine zutiefst gequälte Kreatur geschaffen, der es nicht besser ging als ihm selbst. Einerseits verschaffte ihm die Vorstellung eine Art von Genugtuung, denn er hatte für den Sohn der Saijkalsanhexe nicht viel übrig. Andererseits fühlte er sich unwohl bei dem Anblick, den Grimmgour ihm bot. Er sah sich selbst in Flammen aufgehen und erinnerte sich an die unerträglichen Schmerzen, die ihm Rajuru zugemutet hatte.
    Nalkaar hatte keinen Zweifel, sie war in der Zeit seiner Abwesenheit gewachsen und mächtiger geworden. Der Gedanke an ein rasches Ende der Herrscherin der Rachuren durch ihren Sohn verflüchtigte sich bei ihm genauso schnell, wie er gekommen war. Er musste sich zusammenreißen und vorsichtig sein, solche Gedanken waren gefährlich in Rajurus Gegenwart. Wie konnte er sich sicher sein, ob sie sich nicht noch weitere Fähigkeiten angeeignet hatte, die es ihr ermöglichten, selbst in seinen Gedanken unbemerkt zu lesen? Er sah sie von der Seite an. Rajuru war konzentriert, ließ sich aber ansonsten keine Regung anmerken. Als sie sich auf ihren Platz setzte, entließ sie Grimmgour aus ihrem Griff. Der Krieger erhob sich, wischte sich das Blut aus dem Gesicht und starrte auffordernd in Richtung des Meisterschmiedes. Joffra hatte verstanden, gab den Leibwächtern ein Zeichen, woraufhin diese Grimmgour ein Schwert brachten. Es handelte sich um ein riesiges Breitschwert, dessen Klinge gut und gerne vierzig Zoll breit war. Steckte er das Schwert mit der Spitze senkrecht in die Erde, konnte er das Kinn auf den breiten, mit Leder umwickelten Knauf am Ende des Griffes legen. Eine solch mächtige Waffe hatte Nalkaar noch nie zuvor gesehen. Selbst das Blutschwert des Bewahrers Madhrab, mit dem er beinahe Bekanntschaft gemacht hatte, wies nicht solche Maße auf. Dennoch fiel ihm auf, dass das Schwert im Gegensatz zu der berüchtigten Waffe des Lordmasters nicht aus Blutstahl gefertigt worden war. Das war ein Nachteil und machte das Schwert zwar nicht wertlos, immerhin war es ein Werk des besten Meisterschmiedes auf dem Kontinent Ell, aber in einer Auseinandersetzung gegen Solatar würde das Schwert nicht bestehen können. Offenbar waren den Rachuren die Vorräte an dem seltenen und wertvollen Rohstoff ausgegangen. Das meiste Erz durfte in den künstlichen Teilen stecken, die Grimmgours fehlende Beine und Arme ersetzt hatten. Ayomaar und Onamaar hatten dennoch Mühe, das Schwert zu schleppen, und legten es vor Grimmgours stählernen Füßen ab. Dieser hob das Schwert mit einer Hand auf, als wäre es leicht wie eine Feder. Nalkaar und Joffra staunten nicht schlecht. Der Schmied wusste, was das Schwert wog, und flüsterte nicht für andere Ohren bestimmt: Unglaublich, welche Kraft diese seelenlose Kreatur besitzt. Die Kojos mögen uns helfen, wenn sie eines Tages auf unser Volk losgelassen wird.
    »Erinnert mich, dass wir bei der nächsten Lieferung von Jafdabh Blutstahl bestellen«, wandte sich Rajuru an

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