Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
an ihren Lehrer auszulöschen. Nur wenige, die ihn kannten und nicht von den Saijkalrae zum Vergessen gezwungen oder vernichtet wurden, haben noch Kenntnis von Ulljans Seite der Macht. Und selbst diese zweifeln zuweilen, ob ihre Erinnerung sie nicht trügt.«
»Sagen wir, ich habe außer Euch noch jemanden kennengelernt, der Ulljan kannte, und die Drachen wissen ebenfalls das ein oder andere über die Vergangenheit Ells.«
»Das erklärt vieles. Und es ist die Wahrheit. Ich muss es schließlich wissen, denn ich war sein Schüler, bevor ich den Saijkalrae diente.«
»Dann seid Ihr mit dieser Seite der Magie vertraut?«
»Gewiss. Ulljan war ein guter und geduldiger Lehrer, obwohl er nicht ohne Fehl und von dem Gedanken besessen war, eine neue Ordnung zu schaffen«, bestätigte Kallahan.
»Wisst Ihr etwas über sein Buch?«
»Das ist wahrlich eine gefährliche Frage, Sapius. Ich nehme an, Ihr meint das Buch der Bücher. Das Buch der Macht, dessen Name das Ende der uns bekannten Welt verheißt. Ihr solltet Euch vorsehen. Die Saijkalrae wollten es einst unbedingt haben und sie begehren es noch, obwohl es ihnen der alten Prophezeiung nach nicht bestimmt ist, das Buch zu finden. Ich habe es schon einige Male gesehen, doch das ist lange her. Ulljan jedoch hat mich nie darin lesen lassen. Irgendwann versteckte er es auf einer seiner Reisen. Niemand weiß, wo sich das Buch befindet und wie es beschützt wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es einfach vergraben hat. Dennoch, es sieht danach aus, als würde die Zeit der Suche bald beginnen. Spätestens wenn die neugeborenen Lesvaraq das richtige Alter erreicht haben und der Zyklus der Lesvaraq mit den Streitern an ihrer Seite von Neuem beginnt. Laut Ulljan soll es nur einem Lesvaraq vergönnt sein, darin zu lesen. Alle anderen sollen dem Buch nicht gewachsen sein und ein übles Ende nehmen, wenn sie sich daran versuchen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob er mit dieser Aussage nicht gelogen hat, um mich vom Lesen abzuhalten.«
Für eine Weile schwiegen die beiden Magier und nippten nachdenklich an ihren Bechern mit dem ihre Sinne schärfenden Morgenrufgebräu. Sapius dachte über die Informationen nach, die ihm der Einsiedler gegeben hatte. Einiges davon war zwar nicht neu, das meiste davon allerdings mehr als aufschlussreich. Kallahan konnte ein mächtiger Verbündeter im Kampf gegen die Sajkalrae werden. Wie die nächsten seiner Schritte allerdings aussehen sollten, war ihm alles andere als klar. Für die Suche nach dem Buch war es zu früh. Die Lesvaraq waren noch nicht alt und stark genug. Natürlich würde er sie möglichst bald aufsuchen müssen, um sich zu vergewissern, dass sie in Sicherheit waren. Er hatte keinerlei Zweifel daran, dass es dem Lesvaraq bei den Naiki gut erging und Metaha auf sie achtete. Der Lesvaraq in Eisbergen hingegen brauchte seinen Schutz und einen Lehrer mit magischer Begabung, dessen war er sich sicher. Sapius hatte das Gefühl, als sei dies aller Voraussicht nach seine ihm vom Schicksal zugedachte Aufgabe. Allerdings durfte er dabei das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Er konnte den Lesvaraq nur schützen, wenn er sich zugleich gegen die Saijkalrae wappnete und auf das Erwachen des weißen Schäfers hinarbeitete. Die Zeit der Dämmerung durfte nicht zu lange aufrechterhalten bleiben, sonst wäre es für ihn ungleich schwerer, seine Aufgabe den Lesvaraq gegenüber zu erfüllen.
»Und was machen wir nun?«, fragte Sapius in die Stille hinein, nachdem er mit seinen Überlegungen nicht weiterkam.
»Wir könnten hier im Dunkel meiner Hütte sitzen bleiben und uns gegenseitig bemitleiden. Das wäre eine nette und langwierige Beschäftigung«, schlug Kallahan mit einem schiefen Lächeln vor.
»Bei all den Fehlern, die ich beging, und Eure hinzugerechnet würde dies bis in alle Ewigkeit dauern. Nein, ich halte das für keine gute Idee. Wir sollten bald möglichst etwas gegen die Dämmerung unternehmen.«
»Vielleicht … wartet … wir sollten nicht vorschnell handeln. Manchmal ist es besser, in aller Ruhe abzuwarten. Mir kam soeben ein Gedanke, der Euch interessieren könnte«, grübelte Kallahan laut, während Sapius plötzlich interessiert aufhorchte. »Ich weiß nicht, ob Euch das bekannt ist, aber Quadalkar zieht mit seinen Kindern in den Krieg. Ich habe das nicht verstanden, als er seine Absichten bei unserer letzten Begegnung erwähnte. Welchen Zweck sollte dieser Krieg haben? Den Gedanken an Befreiung nahm ich ihm
Weitere Kostenlose Bücher