Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
im Keller zu bleiben und auf meine Rückkehr zu warten. Ein älterer Junge wird sich um euch kümmern. Sein Name ist Madsick. Sollte er euch ein Lied auf der Flöte vorspielen wollen, verbietet ihm das und hört ihm nicht zu.«
Die Brüder nickten und versprachen sich an Madhrabs Anweisungen zu halten. Wenigstens wusste der Lordmaster nun, was sich ereignet hatte und welchem Gegner er bald gegenüberstehen würde. Hardrab und Foljatin boten ihm die Gelegenheit, sein Versprechen gegenüber Gwantharab halten zu können. Dieses Mal wollte er es richtig machen, selbst wenn er dafür die Zwillinge unter der Obhut Madsicks im Haus zurücklassen musste.
Wenn es mir gelänge, Quadalkar zu töten, könnte ich Gwantharabs Familie retten, dachte der Bewahrer, … ich darf keine Zeit mehr verlieren und muss in den Kampf ziehen.
Madsick wartete vor dem Haus ungeduldig auf Madhrab und war heilfroh, das vertraute Gesicht des Bewahrers unversehrt auftauchen zu sehen. Mit großen Augen hörte der Junge dem Bericht des Lordmasters über die glückliche Entdeckung im Keller des Hauses zu. Allerdings war er nicht erfreut, als ihn Madhrab bat, sich um die beiden Jungen zu kümmern und bei ihnen zu bleiben. Lieber hätte er den Lordmaster in den Kampf begleitet, sah jedoch ein, dass dieser handeln musste und ohne seinen Beistand schneller vorankam und besser kämpfen konnte. In einer Schlacht gegen die Kriecher war es dem Bewahrer unmöglich, auf den Flötenspieler zu achten.
In der Ferne beobachteten sie blaues Feuer. Der Wind trug Kampfgeräusche bis zu Gwantharabs Haus.
»Es regnet Haijarda von den Mauern«, stellte der Bewahrer fest. »Der Sturm auf das Haus des hohen Vaters hat begonnen.«
»Ihr wollt wirklich alleine in den Kampf gegen die Bluttrinker ziehen?«, fragte Madsick.
»Das ist meine Bestimmung, Madsick«, antwortete Madhrab. »Ich bin ein Bewahrer und besitze die Gabe des Kriegers. Die Häuser sind stark befestigt und besitzen eine Verteidigung, die ihresgleichen sucht. Ob sie diesen Widerstand jemals brechen und die Hürden überwinden werden, ist mehr als fraglich. In jedem Fall wird die Belagerung Quadalkars Kinder beschäftigen und ablenken. Bis sie mein Eingreifen in die Schlacht bemerken, werde ich bereits bei ihnen sein und viele von ihnen in die Flammen der Pein schicken. Sei für dieses Mal mein Knappe und hilf mir die Runenrüstung anzulegen.«
»Sehr gerne, Herr«, freute sich Madsick.
Der Bewahrer des Nordens war zurück, die Stätte, die er einst sein Zuhause nannte, zu befreien und das Versprechen zu halten, welches er einem Sterbenden gab. Doch er wollte mehr als das. Die Bluttrinker standen ihm dabei im Weg. Der Lordmaster suchte hier und jetzt eine Entscheidung; wenn es sein musste, würde er diese mit Solatar erzwingen. Das Ende des Ordens vor Augen, dessen Zweck sich durch die Geburt der Lesvaraq überholt hatte, legte er es darauf an, die Verhältnisse in seinem Sinne zu ordnen. Der Mord an seiner Familie schrie nach Rache. Nach Antworten für den Verrat suchend musste er den Verrätern Auge in Auge gegenübertreten und Genugtuung fordern. Dennoch war all dies ohne Bedeutung, solange der dunkle Hirte an den Fäden des Schicksals zog, eine Gefahr für Elischa und seinen Sohn darstellte und Ell durch die Zeit der Dämmerung langsam zugrunde richtete.
Ein einsamer Bewahrer in roter Rüstung ritt auf seinem Streitross, um sich der Übermacht von Quadalkars Kindern entgegenzuwerfen und denjenigen zur Seite zu stehen, die ihn betrogen hatten.
In der Dunkelheit der Dämmerung schimmerte das Blutschwert Solatar und tauchte den mächtigen Krieger in ein blutrotes Licht.
K ALLYA
K allya war ein wunderhübsches Mädchen mit überaus frohem Gemüt. Sie besaß meerblaue Augen und hatte die Haarfarbe ihrer Mutter Solras geerbt. Ihr unwiderstehliches helles Lachen vertrieb dunkle Gedanken und ließ die Herzen der Naiki augenblicklich höherschlagen. Jedem, der ihr begegnete, vermittelte sie ein Gefühl von Glück und Freude. Kallya war schneller als andere Kinder gewachsen. Innerhalb nur weniger Monde hatte sie Laufen und Sprechen gelernt. Das Erstaunlichste jedoch war, dass das Mädchen die Zeit der Dämmerung ignorierte, als sei diese nicht von Bedeutung oder existiere überhaupt nicht, obwohl sie allerorts und unmittelbar um sie herum sicht- und spürbar war.
»Macht euch nichts daraus«, hatte sie den Naiki freudestrahlend zugerufen, »die Dämmerung ist eine Illusion, hervorgerufen von einem faulen
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