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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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nahm an, dass es sich nicht um Bluttrinker, sondern um Mitglieder aus Gwantharabs Familie handelte. Madhrab beschloss daher, offen vorzugehen und sich zu erkennen zu geben. Die Bedrohung ging von ihm aus und nicht umgekehrt.
    »Zeigt Euch«, sagte Madhrab mit ruhiger Stimme, »ich bin es. Lordmaster Madhrab. Ein Freund Eures Vaters. Ihr kennt mich und ich bin gekommen, Euch zu helfen.«
    Es dauerte hundert Herzschläge, bis sich in der Kammer etwas regte. Madhrab war drauf und dran, den ersten Schritt in die Kammer zu tun und sich zu vergewissern, dass ihn seine Sinne nicht getäuscht hatten. Mit erschrockenen, weit aufgerissenen Augen traten geduckt und scheu die Zwillinge Foljatin und Hardrab in den flackernden Lichtschein von Madhrabs Fackel. Die Jungen sahen verstört und ungewaschen aus. Doch als sie den Bewahrer erkannten, schlich sich ein Leuchten der Freude und der Hoffnung in ihre dunkel umrandeten Augen und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
    Der Lordmaster breitete die Arme aus und forderte die Zwillingsbrüder auf, zu ihm zu kommen. Sie zögerten keinen Augenblick, warfen sich dem Bewahrer in die Arme und vergossen Sturzbäche von Tränen an seiner Brust. Tränen der Trauer und vielleicht sogar der Erleichterung, nach Wochen im Kellerversteck wieder ein vertrautes Gesicht zu sehen. Der Lordmaster bedeutete Sicherheit für die Kinder. Das war dank Gwantharabs Einfluss schon immer so gewesen. Madhrab hatte bei den Kindern und insbesondere bei den Zwillingen eine Sonderstellung eingenommen. Die Brüder mussten unter Schock stehen und brauchten in der nächsten Zeit viel Zuneigung und Pflege, die er ihnen zu seinem Bedauern nicht geben konnte. Das schlechte Gewissen plagte ihn, denn sein Versprechen gegenüber Gwantharab band ihn. Und doch musste er sich dem entziehen. Die Gefahr durch die Bluttrinker war akut. Er durfte und konnte Quadalkar nicht gewähren lassen, nicht nach dem, was er gesehen und ihm Madsick berichtet hatte. Eine Belagerung der Häuser beider Orden. Das war undenkbar und doch war sie just in diesem Moment in vollem Gange. Was nutzte ein Versprechen, wenn er die Sicherheit der Kinder nicht gewährleisten konnte, weil dort draußen vor ihrem Haus eine große Gefahr auf ihr Leben und ihre unschuldigen Seelen lauerte.
    Als sich die Kinder beruhigt und das von Schüttelkrämpfen begleitete Schluchzen aufgehört hatte, ließ Madhrab locker und wagte es, Fragen an die Brüder zu stellen.
    »Sagt, Foljatin, Hardrab, was ist geschehen? Wo sind eure Mutter und die Geschwister geblieben?«
    »Sie sind tot«, antwortete Hardrab, während er sich mit dem schmutzigen Ärmel die Tränen aus dem Gesicht wischte und dabei den Dreck verschmierte.
    »Bluttrinker kratzten an unserer Tür. Sie heulten und jammerten, baten um Einlass. Aber sie kamen ohne Vorwarnung und überfielen uns«, führte Foljatin aus, »sie waren wild und haben Vaters Grab geschändet.«
    »Ja genau«, bestätigte Hardrab, »Kriecher. Da waren überall Kriecher vor unserem Haus. Mama hat sich mit einer Axt bewaffnet. Dann hat sie Foljatin und mich im Keller versteckt und die Klappe geschlossen. Unsere älteren Geschwister blieben bei ihr.«
    »Es gab einen schrecklichen Kampf. Wir haben Geräusche und Schreie gehört und hielten uns aneinander fest. Wir hatten solche Angst. Es hat unendlich lange gedauert, bis es unheimlich still wurde. Dann fraßen die Kriecher. Schlürfen, Schmatzen und Grunzen. Es war schlimm. Wir hörten Mama schreien. Unsere Brüder und Schwestern weinten. Das werden wir nie vergessen. Wir haben uns die Ohren zugehalten. Aber das Grauen hörte einfach nicht auf – die ganze Nacht lang. Dann wurde es wieder still. Und … dann, das Kratzen auf Holz, Jammern und Heulen. Sie bettelten nach Blut. Darunter war Mamas Stimme. Sie klang jetzt ganz anders, aber wir haben sie gehört, sie und unsere Geschwister. Sie kamen nicht in den Keller, um uns zu holen. Die Stimme eines Fremden befahl ihnen, das Haus sofort zu verlassen und mitzukommen. Seither sind sie nicht zurückgekommen.«
    »Sie haben sich verwandelt. Aber es gibt noch eine geringe Möglichkeit, ihr Leben zu retten«, dachte Madhrab laut nach.
    »Sind sie nicht verloren?«, fragte Hardrab unsicher.
    »Vielleicht«, grübelte Madhrab, »aber wenn ich die Wurzel allen Übels abschneide, dann … Jedenfalls werde ich versuchen sie zurückzubringen. Versprechen kann ich nichts, aber wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Leider muss ich euch bitten, hier

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