Kryson 04 - Das verlorene Volk
sich erstaunlich gut dabei. Besser als je zuvor. Die Finsternis war mit jedem Tag stärker geworden, als ob eine längst ausgebrachte Saat endlich in ihm aufgegangen wäre. Sie beherrschte seine Gedanken und bestimmte seine Handlungen. Diejüngsten Ereignisse am Hofe hatten den jungen Sprössling stetig wachsen und gedeihen lassen. Die Rückkehr seines ehemaligen Herrn war wie zusätzliche Nahrung für die Pflanze der Dunkelheit.
Renlasol wollte nicht zulassen, dass Madhrab die Herrschaft über die Klanlande antrat und das Land ins Unglück stürzte. Das Pech klebte dem Lordmaster sprichwörtlich an den Stiefeln.
»Madhrab zieht das Böse an wie ein Haufen Dung die Fliegen«, dachte Renlasol.
Der Fürst gab dem Lordmaster die Schuld an seinem Schicksal .
»War es denn so furchtbar?«, fragte er sich und gab sich sofort selbst die Antwort. »O ja, er hat mir alles genommen. Tallia, Yilassa, Pruhnlok, mein Leben bei den Sonnenreitern.«
Stets hatte er im Schatten des großen Kriegers gestanden, war der ungeschickte Junge gewesen, der sich nicht aufrecht halten, geschweige denn vernünftig geradeaus gehen konnte. Er stellte sich vor, wie Madhrab mit seinen Kaptanen und den Mastern über ihn gelacht haben musste, obwohl er es selbst nie beobachtet hatte. Immer wieder hatte Renlasol sich und seinem Herren beweisen wollen, dass er ein Mann und den Herausforderungen des Dienstes im Orden gewachsen war. Wie jeder andere, der das Ziel hatte, eines Tages in den Kreis der Bewahrer aufgenommen zu werden. Doch Madhrab hatte ihn in seinem Bestreben offenbar nicht ernst genommen. Das jedenfalls nahm Renlasol an. Dennoch hatte der Lordmaster ihn gemeinsam mit seinen Freunden in das Land der Bluttrinker geschickt, obwohl Madhrab wissen musste, dass Renlasol der Aufgabe damals nicht gewachsen war und scheitern musste .
»Wollte er mich auf diese Weise loswerden? War ich ihm lästig geworden? Aber ich hatte mich doch in der Schlacht am Rayhin bewährt und ihm gezeigt, dass ich ein Mann und Krieger sein konnte.«
Das hatte sich Renlasol schon des Öfteren gefragt. Der Lordmaster war über Leichen gegangen, war es um die Durchsetzung seiner eigenen Ziele gegangen. Selbst die Opferung seiner besten Freunde hatte er dabei nicht gescheut. Pruhnlok war von Madhrab vor den Mauern der Ordenshäuser getötet worden, und Yilassa?
Renlasol hatte sie seit dem Ende Quadalkars nicht mehr gesehen. Sie führte heute dank Madhrab die Bewahrer an.
»Die verdammte Schlampe ist ihm hörig und macht mit ihm gemeinsame Sache« , dachte er verbittert. »Das war sie schon immer. Sie wollte es bloß nicht zugeben. Warum haben sie ihn nicht im Verlies verrotten lassen und Yilassa gleich mit ihm?«
Mit der ersten Begegnung zwischen Madhrab und Renlasol im Kristallpalast hatte sich der Hass sofort wieder eingestellt. Renlasol fühlte sich ihm nicht gewachsen. Immer noch, nach all den Sonnenwenden. Doch vor seiner Verwandlung hatte er anders gedacht. Er hatte den Bewahrer geliebt und bewundert. Inzwischen war Renlasol reifer geworden und das dunkle Mal prägte seine Gedanken. Madhrab würde ihm stets den Eindruck vermitteln, dass er niemals ebenbürtig sein konnte und stets eine Stufe unter dem Lordmaster stehen würde. Wieder und wieder würde er sich wie damals beweisen müssen und um die Anerkennung buhlen, die er weder erwarten noch erhalten würde.
Dieser Umstand erschien Renlasol unerträglich. Er hatte so viel erreicht. Warum nur war der Lordmaster dem Ruf des Regenten gefolgt?
Das Schlimmste für Renlasol war jedoch, dass Jafdabh und der Rat der Fürsten Madhrab zum Regenten vorgeschlagen und zu allem Überfluss auch noch gewählt hatten. Damit übersprang der Lordmaster mit Leichtigkeit den Rang, auf dem sich Renlasol zumindest hätte gleichfühlen können, selbst wenn ihm dies – was er wohl wusste – nicht gelungenwäre. So jedoch war er dem Lordmaster und dessen Launen ausgeliefert und musste ihm dienen. Madhrab würde niemals akzeptieren, dass Renlasol das Heer der Klanlande anführte, und würde ihm die Befehlsgewalt entziehen, sobald er auf dem Thron des Kristallpalastes Platz genommen hatte. Dessen war sich der Fürst sicher. Der Lordmaster hielt ihn gewiss für einen Versager.
Jafdabh hatte sein Recht auf den Thron und sein Leben in den Augen des Fürsten ebenfalls verwirkt. Schließlich hatte sich der Todeshändler im entscheidenden Moment als schwach erwiesen und den unglaublichen Vorschlag im Rat der Fürsten gegen den Wunsch
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