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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Natürlich hatte er immer gewusst, dass die Felsgeborenen nicht unbesiegbar waren. Sie waren nicht unsterblich. Und der Mythos war eben nicht mehr als ein Mythos. Hilfreich zwar, aber nicht zutreffend. Die Geschichte der Burnter hatte ihnen diese Tatsache schmerzlich nähergebracht. Sie konnten sich zu Tode stürzen. Ein Gegner, der eine Waffe aus Blutstahl gegen sie richtete, konnte ihnen gefährlich werden und tödliche Wunden schlagen. Ein Feind, der stark genug war, einen schweren Kriegshammer mit einersolchen Wucht zu führen, dass Felsen zerstört wurden, wäre in der Lage, einen Burnter zu zerschmettern. Vargnar hielt ein solches Geschöpf für unwahrscheinlich. Jedenfalls war er nie zuvor einem Krieger begegnet, der dazu in der Lage gewesen wäre. Feuer, Stein, Wasser, Eis und Magie. Sie alle konnten – vorausgesetzt, sie erreichten ein für einen Felsgeborenen gehöriges, deutlich über den gewöhnlichen Naturgewalten liegendes Maß an Stärke – das Leben eines Felsgeborenen unerwartet beenden. Dennoch hatte Vargnar diese Gedanken stets weit von sich gewiesen und das Risiko gesucht. Und er hatte stets Glück gehabt. Die Rachuren zeigten sich nicht, selbst als er dicht am Eingang zur unterirdischen Stadt Krawahta vorbeigezogen war. Vargnar vermutete, dass sie, im Vertrauen auf ihre eigene Stärke und die Angst ihrer Gegner vor dem schrecklichen Feind, den Großteil ihrer Kräfte in die Eroberung der Klanlande gesteckt hatten. Die Rachuren sahen es nicht als notwendig an, ihr Stammgebiet zu sichern. Es genügte seiner Meinung nach, wenn sie ihre Verteidigung auf ihre ohnehin schwer einnehmbare Stadt und die Brutstätten im Inneren Krawahtas beschränkten.
    Unterwegs hatte ihn ein Schrei aus seinen Gedanken gerissen und seinen Tatendrang erschüttert. Das Geräusch existierte nicht in der wirklichen Welt, er hatte es lediglich in Gedanken vernommen. Die Steine wollten ihm eine wichtige Botschaft übermitteln, was ihn verunsicherte. Irgendetwas Schreckliches musste geschehen sein. Er versuchte die Steine zu befragen, aber sie übermitteltem ihm nur diffuse Fragmente und grauenhafte, blutige Bilder, die er nicht zusammensetzen konnte. Der langsam verwesende, enthauptete Kadaver einer unter Steinen begrabenen Klanfrau stimmte ihn nachdenklich. Sie war ihm fremd. Aber selbst wenn er sie einst gekannt hätte, wie hätte er sie jetzt anhand der unscharfen Bilder erkennen können, ohne Gesicht und in solch desolatem Zustand? Waswollten ihm die Steine mitteilen, wozu schickten sie ihm diese Bilder? Vargnar sah keinen Sinn darin, sich damit aufzuhalten. Er würde Goncha fragen. Der Felsenfreund war nie um einen Rat verlegen und meisterlich in der Auslegung, wenn es um die meist verschlüsselten Botschaften der Steine ging.
    Tartatuk war nah. Vargnar mochte den urtümlichen Geruch von geschmolzenem Stein und Erz. Er hatte ein feines Gespür für alles, was mit Steinen und Erde, selbst im feurigen Zustand, zu tun hatte. Die giftigen Schwefeldämpfe empfand der Prinz im Gegensatz zu den meisten anderen Geschöpfen als angenehm. Sie waren wie eine Heilkur für den Burnter.
    All das und die wilde, geradezu karge Umgebung erinnerten ihn vage an seine Geburt, an den eigentlichen Ursprung der Felsgeborenen. So jedenfalls stellte sich Vargnar den Anfang ihrer Zeit vor, obwohl ihm bewusst war, dass es durchaus anders gewesen sein könnte. Aber die Vision gefiel ihm.
    »Zuerst kam das Feuer, dann das Wasser. Daraus entstanden die Felsen, aus denen schließlich die Felsgeborenen entsprangen«, sagte er sich immer wieder.
    Wahrscheinlich war das der Grund, warum er sich für die Zusammenkunft der sieben Streiter ausgerechnet diesen Ort ausgesucht hatte.
    Das Lager am Fuße des Vulkans hatte er schnell ausgemacht. Es war für die geübten Augen eines Felsgeborenen nicht zu übersehen. Aber er zählte nur fünf und nicht wie erwartet sechs Streiter.
    »Bin ich nicht der Einzige, der noch auf sich warten lässt?«, fragte er sich verwundert und etwas verärgert zugleich. »Wahrscheinlich erkundet er die Gegend auf der Suche nach Wasser und hat den kleinen See in der Nähe längst entdeckt. Das Wasser ist frisch und trinkbar. Zahlreiche Fische tummeln sich ebenfalls darin. Ich habe an alles gedacht. Niemand muss in dieser Gegend verdursten oder verhungern.«
    Vargnars Ankunft wurde mit großem Staunen, aber auch mit Argwohn und Zurückhaltung aufgenommen. Es war nicht zu übersehen, dass der Burnter ein starker Konkurrent im Kampf um

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