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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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bewegen, und schließlich in einen wilden Tanz mit zuckenden Bewegungen verfielen. Die Schatten konnten sich den Klängen nicht entziehen und tanzten um die Musikanten herum, bis sich schließlich ein Kreis gebildet hatte, dem sich immer mehr Schatten anschlossen.
    »Jetzt«, gab Saykara das Zeichen.
    Der Lesvaraq setzte sich sofort in Bewegung und eilte durchdie Arena in den Gang, der ihn und die Nno-bei-Maya zur ersten Schwelle führen sollte. Tomal hoffte, dass Saykara recht behielt, was die Anzahl der Schatten in der Arena anging. Solange sie die Musik aus der Arena hören konnten, blieben sie unbehelligt. Die Schatten zogen rasch an ihnen vorbei, um sich dem Reigen anzuschließen. Am Fuße der Treppe zur Pforte angelangt, waren die Klänge allerdings nicht mehr zu hören. Ein langer und steiler Aufstieg stand ihnen bevor.
    Tomal bekam ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, wenn er an die unzähligen Stufen dachte, die es zu nehmen galt. Aber er wollte nur noch fort aus dem Reich der Schatten. Dies war nicht seine Welt und sie würde es auch nicht nach seinem Tod sein. Die Befreiung seines Volkes unmittelbar vor Augen schritt der Lesvaraq eisern Stufe für Stufe voran. Auf der Treppe in die Freiheit begegneten ihm nur vereinzelt Schatten, die er mit seinem Licht zum Glück rasch vertreiben konnte. Der Aufstieg war beschwerlich und zog sich endlos lange hin. Und doch erreichte Tomal irgendwann die Pforte am Ende der Treppe. Er spürte seine Beine kaum noch und ließ sich erschöpft auf die oberste Treppenstufe fallen. Tomal wartete ungeduldig, bis sich endlich die Musik durch den Gang näherte. Der Lesvaraq erhob sich wieder und schlug kräftig mit der Faust gegen das Tor.
    Er hörte, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde, und sah mit Erleichterung, wie sich die Pforte langsam und lautstark öffnete.
    Dahinter erwartete ihn das breit grinsende Gesicht des ersten Wächters. Tarratar sprang vor Freude über die Rückkehr des verlorenen Volkes wie ein Ball auf und ab.
    »Hoi, hoi, hoi …«, begrüßte Tarratar den Lesvaraq, »Ihr habt es geschafft! Und ich habe mir Euretwegen große Sorgen gemacht. Nachdem Ihr den ersten Tag in den Schatten geblieben seid und auch am zweiten und dritten Tag noch nichtzurückkamt, nahm ich an, Ihr wärt endgültig gescheitert. Ein schrecklicher Gedanke. Ich machte mir schon Vorwürfe, ob die Prüfungen für Euch zu früh abgelegt worden waren. Es grenzt an ein Wunder, dass die Schatten Euch nach vier Tagen in ihrem Reich überhaupt wieder gehen ließen. Oh, ich bin sehr stolz auf Euch. Aber wo ist meine schöne Königin?«
    »Sie muss jeden Augenblick kommen. Nur mit ihrer Hilfe ist es uns gelungen, die Schatten zu überlisten und zu entkommen.«
    »Das hätte ich mir denken können«, meinte Tarratar, »die Königin der Maya ist nicht nur eine der schönsten Frauen Krysons, sie ist auch noch steinalt, schlau und eine der mächtigsten Herrscherinnen unter den Völkern der Altvorderen. Ihr werdet Eure helle Freude mit ihr haben, wenn Ihr sie erst einmal außerhalb des Schattenreichs in ihrer ganzen Pracht gesehen habt.«
    Die Königin trat durch die Pforte. Sie trug ihr Haar offen. Kaum hatte sie das Reich der Schatten verlassen, wechselte ihre Haarfarbe von grau zu goldgelb.
    »Tarratar«, rief sie, »der unsterbliche Narr! Ich weiß nicht, ob ich mich über Euren Anblick freue oder ob ich weinen soll. Was denkt Ihr? Ihr habt so lange vor den Toren des Schattenreichs über uns gewacht, dass Ihr mir wie ein sehr guter Freund vertraut geworden seid. Aber Ihr habt Euch von Ulljan für diese Aufgabe einsetzen lassen, dafür sollte ich Euch auf ewig verdammen und aus meiner Stadt jagen.«
    »Ihr wisst, dass ich Ulljan diesen Gefallen nur des Buches wegen getan habe. Mir lag nicht daran, den Lesvaraq zu unterstützen. Ich bin ein Wächter des Buches. Dies ist meine vornehmste Aufgabe. Verzeiht, aber dagegen ist das Schicksal Eures Volkes nur von geringer Bedeutung.«
    »Ich weiß«, sagte Saykara, »das ist auch der Grund, warum ich Euch nicht böse sein kann und Ihr in Zehyr bleibendürft, so lange Ihr wollt. Und Ihr werdet die Befreiung aus den Schatten mit uns feiern. Darauf muss ich bestehen. Führt uns nun aus der Höhle zurück nach Zehyr!«
    »Sehr wohl«, antwortete der Narr, eine tiefe Verbeugung andeutend.
    Tomal hatte Saykara und Tarratar aufmerksam zugehört. Sie hatten über das Buch der Macht gesprochen. Der Lesvaraq war zufrieden über das, was er gehört hatte.

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