Kryson 04 - Das verlorene Volk
Zustand gefahrlos aufrechterhalten konnte. Aber er musste eine Rettung der Zwillingsbrüder versuchen, koste es, was es wolle. Das war er Gwantharab schuldig.
Die Bewahrer waren stets davor gewarnt worden, ihr Tarsalla unbedacht einzusetzen und ihre Fähigkeiten zu überfordern. Das Spiel mit der Zeit galt als gefährlich, und die Überlastung des eigenen Körpers, die mit jedem Tarsalla einherging, durfte keineswegs unterschätzt werden. Niemand wusste, was durch die Beeinflussung der Zeit und der Umgebung in dieser Weise hervorgerufen wurde. In den Schriften über das Tarsalla wurde von den Atramentoren behauptet, dass bei Überbeanspruchung ein Riss in der Zeit entstehen könnte, durch den ein Portal geöffnet würde und ein Sprung in eine andere Zeit denkbar sei,aus der es möglicherweise kein Zurück mehr gäbe. An anderer Stelle stand geschrieben, dass durch das Portal fremdartige Wesen aus der Vergangenheit oder der Zukunft nach Kryson gelangen könnten, die in der Lage wären, das Gleichgewicht nachhaltig zu verschieben. Niemand hatte je zuvor ein Portal geöffnet oder eine solche Kreatur erblickt.
Madhrab blieb keine Zeit, lange darüber nachzudenken. Auch wenn die Folgen eines überzogenen Tarsalla unabsehbar waren, so würde er sich – sollte er noch dazu in der Lage sein – erst nach dessen Einsatz damit beschäftigen, was auch immer über Kryson vielleicht hereinbrechen mochte.
Wie ein mächtiger Sturm fegte Madhrab durch die Sümpfe, folgte dem Weg, den ihm die Brünnkäfer aufgezeigt hatten. Er war darauf angewiesen, sich genauestens an die Bilder aus dem magischen Spiegel zu erinnern und sich ein bereits gesehenes Hindernis rechtzeitig vorab in sein Bewusstsein zurückzurufen. Nur mithilfe seines Gedächtnisses war er in der Lage, den Weg einigermaßen sicher zu bewältigen, denn alleine seine Reaktionsfähigkeit war nicht ausreichend, um einem plötzlich auftauchenden Gegner oder einem Baum in dieser Geschwindigkeit auszuweichen.
Madhrab spürte bald, wie seine Muskeln zu ziehen begannen. Seine Kräfte ließen bereits nach einer Meile nach. Die Belastung für seinen Körper war enorm. Er glaubte seine Knochen knirschen zu hören und fürchtete, sie könnten brechen. Die Atemluft in seinen Lungen brannte wie Feuer. Sein Herz raste und pumpte das Blut mit hohem Druck durch seine Adern, dass er das Rauschen des reißenden Blutflusses in seinen Ohren hören konnte. Ein schmerzhaftes Pochen in seinem Schädel zeigte ihm an, dass er die Grenze des Tarsalla bereits überschritten hatte. Nicht mehr lange und es würde ihn zerstören. Aber er musste durchhalten, durfte nicht nachlassen. Nur noch ein Stück des Weges und er würde die um ihrLeben kämpfenden Männer erreicht haben und ihnen zur Seite stehen. Madhrab biss die Zähne zusammen, konzentrierte sich auf die Bilder in seinem Kopf und lenkte sich dadurch von den Schmerzen ab.
»Foljatin!«, schrie Hardrab voller Verzweiflung, während er sich weiter durch das Wasser vorankämpfte.
Von seinem Bruder trennten ihn noch gut vierzig Fuß. Keine große Entfernung, doch im trüben Wasser der Sümpfe, bewaffnet und in Rüstung konnte selbst diese Strecke zu einer einzigen Tortur werden. Das Brüllen der Sagar hatte urplötzlich aufgehört und Hardrabs mittlerweile heisere Stimme war nun deutlich hörbar.
»Pass auf und dreh dich um! Die Panzerechsen kommen dich holen!«
Foljatin hatte die Warnung seines Bruders endlich wahrgenommen und drehte sich hektisch im Wasser um. Seine Augen weiteten sich, als er die Schar der hungrigen Panzerechsen auf sich zuschwimmen sah. Sie wollten sein Fleisch.
Ihm wurde plötzlich schmerzlich bewusst, dass er ihnen nicht entkommen konnte. Sie waren schon zu nah, und er bewegte sich im Wasser viel zu langsam, um an Flucht denken zu können. Foljatin hörte das schnappende Atmen und Prusten Hardrabs, der immer noch unter größter Anstrengung versuchte, seinen Bruder zu erreichen, bevor diesen die Panzerechsen angriffen.
Das Schwert mit beiden Händen festhaltend, blieb Foljatin nichts anderes übrig, als die starken Kiefer und scharfen Zähne der Panzerechsen zu erwarten. Er hoffte nur darauf, dass es schnell gehen würde und er nicht zu lange leiden musste. Aber kampflos würde er ihnen sein Fleisch nicht überlassen.
Mit einem Mal drehten die Panzerechsen ab. Geradezu panisch warfen sich die gefräßigen Tiere herum undsuchten hastig das Weite. Foljatin hatte den Eindruck, sie wären schneller unterwegs als noch
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