Kryson 04 - Das verlorene Volk
Gefährte im Laufe der Sonnenwenden ähnlich vertraut miteinander werden, wie es jetzt mit Goncha war. Dennoch würde es sich anders anfühlen, was sich Vargnar nicht vorstellen mochte.
»Bevor wir aufbrechen, die Stadt zu erkunden, mein Prinz: Habt Ihr die Botschaft abgeschickt?«, fragte der Felsenfreund.
»Gewiss, vor Tagen schon. Aber wir werden geduldig warten müssen, bis wir erfahren, ob sie ihre Empfänger erreicht hat«, antwortete Vargnar. »Wer weiß, ob sie die Nachricht verstehen werden und antworten. Ich habe bis heute Mühe damit, das Flüstern der Steine richtig zu entschlüsseln. Und das, obwohl ich der einzige Felsgeborene unter den Sieben und im Umgang mit den Steinen durchaus vertraut bin. Ich frage mich, wie es den Übrigen ergehen wird. Aber sie werden so lange durch dasFlüstern belästigt, bis sie die Botschaft aufgenommen haben. Die Steine erwarten eine Bestätigung.«
»Sie werden das Flüstern verstehen«, behauptete Goncha mit einem verschmitzten Lächeln in Gedanken. »Sie müssen, denn das ist Teil der Prophezeiung. Der Lesvaraq und die magisch Begabten werden einen leisen Ruf vernehmen, der ihnen die Richtung weist. Und die anderen Streiter werden von der Magie der Steine wie von selbst an den Ort der Zusammenkunft getrieben.«
»Dein Wort in den Ohren der Felsen und in den Köpfen der Sieben«, antwortete Vargnar.
»Wo wird der Ort der Zusammenkunft sein, wenn ich fragen darf ?«
»Tartatuk!«
»Aha, das hätte ich mir denken können. Ihr mögt es von jeher dramatisch. Euer Auftritt wird nicht ohne Wirkung bleiben. Ein Feuer spuckender Vulkan dieser Größe ist gewiss beeindruckender als ein toter Flugdrache oder eine Felsenburg. Aber Ihr wusstet schon, dass es in jener Gegend vor hungrigen Laufvögeln wimmelt und wir mitten durch das Gebiet der Rachuren müssen?!«
»Du müsstest mich inzwischen besser kennen«, brummte Vargnar, »wir nehmen den Weg über die Berge und streifen das Rachurenland nur an der äußersten Grenze. Die Gnatha stören mich nicht. Sollte das Federvieh keine Ruhe geben, landen sie als Braten auf dem Spieß.«
»Mich hingegen stören sie gewaltig. Ich bin leichte Beute für die Riesenvögel. Ein kleiner Happen für zwischendurch. Und Ihr esst doch gar kein Fleisch«, erinnerte Goncha den Prinzen an dessen Gewohnheiten.
»Ich nicht, aber die übrigen Streiter wahrscheinlich schon. Außerdem hatte ich vor, dort einmal das erkaltete Lavagestein zu kosten. Das soll sehr gesund und nahrhaft sein.«
»Eine Delikatesse für die Feinschmecker unter den Felsgeborenen, so heißt es. Aber ich muss Euch gewiss nicht daran erinnern, dass Lava selbst für einen Burnter gefährlich ist. Bricht der Vulkan aus, was er des Öfteren in gewaltigen Eruptionen zu tun pflegt, könnte das Euer Ende sein. Die Lava ist heißer als Drachenfeuer und bringt Felsen zum Schmelzen. Geratet Ihr hinein, werdet Ihr vergehen und Teil des feurigen Stroms werden.«
»Ich hatte nicht vor, in den Vulkan oder einen Lavastrom zu springen. Das Treffen findet am Fuße des Tartatuk statt. Dort werden wir ungestört sein.«
»Bis auf die Gnatha, die zeternd und kreischend um uns herumspringen und auf ihre Gelegenheit lauern werden, fette Beute zu machen«, gab Goncha zu bedenken. »Und nicht zu vergessen, die Toten aus den jüngsten Auseinandersetzungen zwischen den Klan und den Rachuren. Die Steine flüsterten, dass sie erbittert um das Tartatuk-Gebiet kämpften.«
»Das ist wohl wahr« , bestätigte Vargnar kalt lächelnd.
Goncha schüttelte sich und putzte sich mit den Pfoten aufgeregt Ohren, Kopf und Nase. Ihm war nicht wohl beim Gedanken an den Ort der Zusammenkunft.
Dann begannen sie Gafassa zu erkunden.
In den Gassen und Straßen der Felsenstadt verstreut lagen die Leichname der Tartyk. Eine Stille hing über der Stadt, die selbst Vargnar erschauern ließ. Der Prinz untersuchte einige der sich in ihrer unmittelbaren Nähe befindlichen Kadaver. Er war nicht zufrieden mit den Erkenntnissen und knirschte verärgert mit den Zähnen.
»Was fällt dir auf ?«, fragte er den Felsenfreund.
»Sie stinken nicht und zeigen keinerlei Anzeichen von Verwesung«, stellte Goncha nüchtern fest.
»Genau, gut beobachtet. Dennoch sind sie tot und ihre Körper haben sich verändert«, deutete Vargnar auf den vor ihnenliegenden Tartyk, den er auf den Rücken gedreht hatte und der sie aus toten, weit aufgerissenen Augen anstarrte. »Sieh her …«
Vargnar öffnete vorsichtig die Lippen des Tartyk und
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