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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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klappte den Unterkiefer der Leiche nach unten, ohne diesen zu brechen oder auszuhängen.
    »Kein Anzeichen für Verwesung oder Verfall«, fuhr Vargnar fort. »Siehst du den schwarzen Stummel in seinem Mund? Das war einst die Zunge, die sich zu einem Wurmfortsatz entwickelt hat. Er schwingt, wenn sie ihren tödlichen Gesang anstimmen. Die Lippen sind von einem unnatürlichen Blau und Schwarz. Seine Haut hat sich ebenfalls verändert. Sie wirkt durchscheinend weiß, als wäre der Leichnam blutleer, und doch treten die dunklen Adern darunter deutlich hervor. Er sieht aus, als würde er schlafen, und zeigt doch keinerlei Lebenszeichen.«
    »Und was schließt Ihr daraus?«, wollte Goncha wissen.
    »Die Verwandlung ist längst abgeschlossen. Was wir hier vor uns sehen, ist ein Wesen, das nicht von dieser Welt stammt und nicht nach Kryson gehört. Eine üble Laune der Kojos. Ein untotes, seelenloses Geschöpf. Ein Todsänger, der darauf wartet, von seinem Herren zurückgerufen zu werden«, die Stimme des Prinzen war plötzlich voller Sorge.
    »Die Felsgeborenen des Südens hatten also recht«, sagte Goncha, »die Tartyk verwandelten sich in ein Volk von Seelenfressern. Das ist nicht gut.«
    »Sie sind eine große Gefahr für Kryson und das Gleichgewicht«, meinte Vargnar. »Sollten sie dem Ruf folgen und sich erheben, dann können wir nur noch auf die Gnade der Kojos hoffen.«
    Goncha putzte sich erneut hektisch und sah sich auf der Schulter des Prinzen sitzend furchtsam um. Gemeinsam wanderten sie durch die Ruinen der Stadt. In jeder Gasse, auf den Straßen und auf dem Markplatz stießen sie auf das gleicheerschreckende Bild. Niemand hatte den Angriff überlebt. Gafassa hatte sich in eine Totenstadt verwandelt. Sie waren am oberen Ende der Stadt angelangt. Dort hatten einst die einflussreichsten Tartyk gewohnt, die Drachenreiter und deren Anführer, der Yasek Calicalar.
    »So viele und doch sind es bestimmt noch nicht alle!«, stellte der Felsenfreund fest. »Wer hat das getan?«
    »Es ist eine Schande, ein Volk auf diese Weise auszulöschen. Das darf nicht ungesühnt bleiben«, grollte Vargnar. »Nur ein sehr mächtiger Todsänger war dazu in der Lage. Einen Teil des Volkes hat er gewiss mitgenommen, um seine Reihen zu stärken und den Gesang zu unterstützen. Die Felsen nannten mir schon vor geraumer Zeit seinen Namen. Nalkaar!«
    »Der Schoßhund der Rachurenhexe?«, entrüstete sich Goncha.
    »Ich würde ihn eher als das gefährlichste Raubtier bezeichnen, das sich unter Rajurus Anhängern befindet.«
    Auf einmal machte Vargnar Goncha auf eine ungewöhnliche Entdeckung aufmerksam. An diesem Ort in der Stadt hatte ohne jeden Zweifel ein heftiger Kampf stattgefunden. Tiefe Löcher hatten sich in den Felsboden gefressen und die Häuser in der unmittelbaren Umgebung waren eingestürzt. Zwischen den Trümmern fanden sie gut erhaltene Skelette und Überreste von Knochen, die sowohl den Tartyk als auch den Drachen gehört haben mussten.
    »Siehst du«, flüsterte Vargnar voller Ehrfurcht, »die Drachen und ihre Reiter starben im Gefecht gegen den Todsänger. Ihre fleischlichen Überreste sind längst vergangen. Ist das nicht eigenartig?«
    »Nein«, antwortete Goncha, »der Gesang machte sie und die Drachen rasend und sie töteten sich selbst, weil sie den Verlust ihrer gemeinsamen Seele nicht verkrafteten. Sie hatten keine Wahl und mussten sterben, denn die Drachenreiterteilten sich mit den Drachen eine Seele. Das ist ihr Geheimnis, der Grund für ihre Langlebigkeit und Magiebegabung. Am Ende hat ihnen die Macht nichts genutzt. Sie konnten dem Todsänger nichts entgegensetzen.«
    »Niemand vermag das«, meinte Vargnar, »und der Todsänger wird mit jeder weiteren Seele mächtiger.«
    »Das glaube ich nicht, Herr«, widersprach Goncha, »mag sein, dass sich die Todsänger nicht töten lassen. Aber ich bin mir sicher, dass man sie schadlos machen und verbannen kann. Mir wird plötzlich klar, warum wir in die Stadt Gafassa gelockt wurden.«
    »Was denkst du?«
    »Jemand möchte, dass wir die in Gafassa verbliebenen Todsänger vernichten. Genauer gesagt, wir sollen aufräumen.«
    »Ein interessanter Gedanke. Ich frage mich nur, warum ausgerechnet wir diese Aufgabe erledigen sollen. Hast du eine Idee, wie wir die Gefahr beseitigen können?«, fragte Vargnar.
    »Vielleicht …«, antwortete Goncha, »aber … nun, sie ist verwegen und nur ein Felsgeborener wäre in der Lage, die Herausforderung zu bewältigen. Lasst uns

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