Kryson 05 - Das Buch der Macht
wollte glücklich sein, aber aus irgendeinem Grund gelang ihm das nicht.
Der Magier schüttelte unzufrieden den Kopf.
»Dann eben nicht«, sagte er grummelnd zu sich selbst, »du bist und bleibst ein Zweifler und wirst am Ende an dir selbst verzweifeln.«
Sapius erreichte die Treppen nach Krawahta. Am oberen Ende hörte er Stimmen. Haffak Gas Vadar und die Gefährten waren nah. Vielleicht brachten sie ihn auf andere Gedanken. Aber bevor er sie um Verzeihung bitten konnte, würde er mit ihnen über sein Verbrechen an Tallia sprechen und ihr Urteil abwarten müssen. Das war er ihnen schuldig. Er konnte nur auf Vergebung hoffen. Erwarten durfte Sapius von den Gefährten nichts.
Der Magier drehte sich noch einmal um und blickte zurück in die Brutstätten. Vor ihm lag ein langer Gang. Er überlegte eine Weile und traf eine Entscheidung.
»Dies war der schrecklichste Ort, den ich je gesehen habe«, sagte er zu sich selbst in Gedanken. »Die Chimären, die Sklaven – sie sind alle verlorene Geschöpfe. Mir bleibt nichts anderes zu tun, als sie alle auszulöschen. Es ist nur ein Akt der Gnade.«
Letzteres redete er sich ein, um nicht an seinem Vorhaben zu verzweifeln. So viele Leben lagen plötzlich in seiner Hand. Ob natürlich entstanden oder unnatürlich erschaffen, was machte das für einen Unterschied? War es richtig oder falsch, sie mit einem Schlag zu vernichten? Die Sklaven derBrutstätten hatten keine Zukunft. Sie würden eine Befreiung nicht überleben.
Sapius kniff die Augen zusammen und jagte einen Feuersturm durch die Brutstätten, der sich seinen Weg selbst suchte, sich ausdehnte und alles Leben in den Brutstätten mit einem Schlag vernichtete.
Sapius kehrte nach vollendeter Arbeit um und stieg langsam, schweren Schrittes die Stufen nach Krawahta empor.
Fischleben
D as Leben als Fisch war anders als alles, was Saijrae kannte und sich vor seinem Ausflug hatte vorstellen können. Es war furchtbar langweilig und einsam.
In einem See von tausend Seen auf Fee, beherrscht von einer garstigen Hexe, war er der einzig schwarze Fisch weit und breit. Die anderen Fische im See mieden seine Gesellschaft. Das machte Saijrae nichts aus. Sie waren stumm und dumm. Außer zum Zeitvertreib mit ihnen um die Wette zu schwimmen oder um Futter zu kämpfen, hätte er ohnehin nichts mit ihnen anzufangen gewusst. Nur langsam hatte er sich an Mückenlarven, Muscheln und Algen als Nahrung gewöhnt. Der dunkle Hirte hatte nicht vor, in diesem See vor Hunger zu verenden. Er musste etwas essen, selbst wenn es widerlich schmeckte und er sich mit den anderen Fischen darum streiten musste. Es gab Tage, an denen er überhaupt nichts zu fressen fand. Dann lag er meist faul unter einer Höhle aus Kieselsteinen am Grund des Sees oder versteckt zwischen Seegräsern und träumte von der vollkommenen Dunkelheit Fees.
Die dunkle Färbung seiner Flossen und Schuppen verschafften Saijrae einen Vorteil. Im Gegensatz zu seinen in bunten Farben leuchtenden Artgenossen war er bestens getarnt. Solange er nicht schwamm, sondern nur mit leichten Flossenbewegungen still im Wasser stand, war er von seiner Umgebung kaum zu unterscheiden. Bald erkannte er, wie er seine Tarnung für sich nutzen konnte. Der dunkle Hirte lauerte im dunklen Wasser auf andere Fische und verlegte sich fortan auf ein räuberisches Dasein. Das machte sein Leben abwechslungsreicher. Die Jagd gefiel ihm und Fisch mundete ihm deutlich besser als Schnecken.
Nachdem Ilora den dunklen Hirten in einen Fisch verwandeltund in den See geworfen hatte, war er ihr nachgeschwommen. An der tiefsten Stelle des Sees hatte sie ihre Behausung. Eine höchst eigenwillige Hütte, die mehr einer Höhle mit einem gewölbten Runddach glich, das mit Algen, Schlamm und Seegras bedeckt war. Ohnehin hatte Saijrae ein solches Wesen wie Ilora noch nie zuvor gesehen. Die Hexe war weder Fisch noch Echse. Sie glich auch keiner ihm bekannten Art wie etwa den Angehörigen der magischen Völker oder den Nno-bei-Klan. Ilora hatte von allen etwas. Und sie war das mächtigste Wesen, das ihm seit Ulljan je begegnet war.
Der dunkle Hirte wollte das Beste aus seiner misslichen Lage machen. Sein Bruder hatte recht gehabt. In seiner Ungeduld war Saijrae wieder einmal zu unvorsichtig gewesen. Und prompt war er in die Falle geraten. Er hatte keine Vorstellung davon, wie er sich wieder befreien und in seine ursprüngliche Gestalt verwandeln konnte. Die Hexe hatte ihm seine Macht genommen. Er war ein Fisch und er war
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