Kryson 05 - Das Buch der Macht
schmerzhafte, langwierige Angelegenheit und ein unrühmliches Ende für eine Herrscherin wie Rajuru.«
Gerade als er den Satz beendet hatte, strömten Dreloks in die inneren Brutkammern. Es waren Tausende. Den Dreloks war die dunkle Masse gleichgültig. Sie stürzten sich auf alles, was sich bewegte. Das ihnen am nächsten gelegene fleischliche Ziel war Rajurus Körper.
In den Brutkammern kam plötzlich Panik auf. Die Leibgarde der Herrscherin, die bis dahin wie gebannt den Kampfverfolgt hatte, formierte sich mit Netzen gegen die Dreloks. Raymour warnte die Gefährten durch einen lauten Ruf.
»Wir müssen so schnell wie möglich raus hier«, rief Raymour, »es sind zu viele Dreloks. Wir können sie nicht aufhalten. Sie werden uns alle auffressen.«
»Geht«, donnerte Sapius in den Raum, der noch immer in der Luft über dem Geschehen schwebte, »und vergesst Rajurus Garde nicht. Ich werde die Dreloks vernichten.«
»Ich gehe nicht ohne dich«, hörte der Magier den Drachen in Gedanken sprechen.
»Du gehst mit den anderen. Ich bringe das hier zu Ende«, befahl Sapius.
»Wie du willst, Yasek«, antwortete der Drache, »aber gib auf dich acht. Wir haben gemeinsam noch einiges vor.«
»Nun geh endlich, Haffak!« , befahl Sapius. »Ich weiß, was ich tue.«
Sapius wartete geduldig, bis der letzte Drelok in der Brutkammer war. Dann schloss er die beißwütigen Fleischbiester in einer unsichtbaren magischen Barriere ein. Die Garde zog sich mit den Gefährten und dem Drachen zurück. Sie wirkten froh und dankbar, den Chimären zu entkommen. Der Magier entfesselte die Dunkelheit.
Die schleimige Masse wuchs und wuchs. Sie verschlang Rajuru vollends, deren Schreie inzwischen verstummt waren. Auch das Kreischen der Dreloks ließ nach, als sich die Masse weiter ausdehnte und einen Drelok nach dem anderen in sich aufnahm.
»Hadar passnarach kadar«, rief Sapius.
Der Magier hatte seine Macht noch nie zuvor in vergleichbarem Maße eingesetzt. In den Brutstätten spielte er zum ersten Mal seine ganze Macht aus.
Ein grelles Licht schoss aus dem Stab des Farghlafat, traf die Masse und wurde verschluckt. Die Masse begann heftigzu pulsieren, wurde erst braun, dann rot und violett, bis sie schließlich platzte und sich auflöste. Nichts außer der Erinnerung an eine alte Rachurenhexe blieb zurück.
Sapius folgte den Gefährten, die den Weg aus den Brutstätten nach Krawahta bereits angetreten hatten. Er ahnte, dass der Umsturz in vollem Gange war. Die Leibgarde würde sich Raymour anschließen. Wenn sich Raymour und Zanmour gerecht verhielten, würden sie die Wächter und vielleicht sogar die wenigen überlebenden Zuchtmeister für ihre Sache gewinnen können.
Rajurus Ende konnte den Weg zu einem neuen, hoffnungsvollen Reich der Rachuren ebnen, das nicht nur die Sklaverei, sondern vielleicht sogar den Krieg und die Feindschaft gegen die Nno-bei-Klan beenden würde. Aber das war ein langer und steiniger Weg. Erst musste sich die Nachricht von Rajurus Tod in Krawahta und in den Klanlanden verbreiten. Die Rachuren würden alte Gewohnheiten ablegen müssen. Noch eroberten die Rachuren unter der Führung Nalkaars und Grimmgours die Klanlande, plünderten und brandschatzten Burgen, Dörfer und Städte und führten die Klan in die Sklaverei. Nalkaar würde sich nicht einfach geschlagen geben und Krawahta aufgeben. Und Grimmgour würde den Tod seiner Mutter sühnen wollen. Grimmgour hatte seine Mutter stets gefürchtet. Ohne ihre strenge Hand war es gut möglich, dass alle Schranken der Vernunft endgültig von ihm abfielen und er sich vollends zu einem unbeherrschten, wilden und brutalen Wesen veränderte. Schlimmer als alles, was Ell je zuvor von ihm gesehen hatte.
Die Zukunft Ells stand auf dem Spiel und Sapius dachte noch einmal an die Worte des Drachen. »Was weißt du schon über das Gleichgewicht?«
Der Drache hatte den Magier damit verärgert und herausgefordert. Aber Sapius war sich bewusst, dass die Worte einen wahren Kern hatten. Schweren Herzens seufzte er. Gleichgültig,was er tat und ob er letztlich davon überzeugt war, Gutes oder wenigstens das Richtige zu tun oder nicht – die Folgen seines Handelns blieben unabsehbar. Vielleicht war es besser, einfach nur den Augenblick zu genießen und sich weniger Gedanken zu machen. Rajuru war besiegt. Sapius war über sich selbst hinausgewachsen. Der Drache und die Tartyk waren befreit. Es war Zeit für eine Veränderung und einen Neuanfang. Was wollte er noch mehr? Sapius
Weitere Kostenlose Bücher