Kryson 05 - Das Buch der Macht
Schritten der Drachenmutter. Plötzlich durchzuckte ein stechender Schmerz seinen Leib. Der Magier schrie auf und blieb abrupt stehen.
»Das ist die Dunkelheit in dir, Yasek«, hörte er die Mutter sagen, »uns bleibt wenig Zeit. Fee wehrt sich gegen deine Anwesenheit. Wir Drachen stehen auf keiner Seite des Gleichgewichts und bleiben stets neutral. Es wäre besser für dich, du hättest dich nicht für die Nacht entschieden.«
»Aber ich bin einem Lesvaraq verbunden«, presste Sapius unter Schmerzen durch seine Zähne.
»Das ist mir bekannt«, antwortete die Mutter, »überwinde den Schmerz und komm zu mir.«
Zitternd näherte sich Sapius mit zusammengepressten Zähnen und Lippen dem Podest. Der Schmerz wurde unerträglich, je weiter er an die Drachenmutter herankam. Sapius konnte sich kaum auf den Beinen halten und fiel vor ihr auf die Knie. Die Drachenmutter öffnete ihre honiggelben Augen.Aus ihrem Schädel ragten vier lange, gebogene Hörner, die nach vorne spitz wie Dornen zuliefen. Sie berührte den Magier mit der Spitze ihres Schwanzes. Sapius spürte ein Kribbeln in seinem Körper, ihm wurde warm und der Schmerz verflog.
»Das wird den Schmerz lindern, aber leider nicht lange vorhalten«, fuhr die Drachenmutter fort, »Haffak Gas Vadar wird dich bald nach Ell zurückbringen müssen. Sonst wird das Licht sehr bald nach einem Ausgleich suchen.«
»Ich danke dir, Mutter«, sagte Sapius und stand auf.
»Du solltest frei und ungebunden sein«, schlug die Mutter vor, »so wie es sich für einen Yasek gehört. Bedenke, du bist nur den Drachen, den Tartyk und der Wahrung der Neutralität verpflichtet. Du trägst die Verantwortung für unser gemeinsames Volk. Das Drachenblut und die Magie sind stark in dir. Stärker als bei den meisten Yasek. Gelingt es dir jedoch nicht, dich von der Dunkelheit zu lösen, wirst du dein Volk in die Nacht und ins Verderben führen.«
»Aber ich kann den Zyklus des Lesvaraq nicht durchbrechen«, gab Sapius zu bedenken.
»Du kannst und du wirst«, forderte die Drachenmutter, »einzig die Sorge um dein Volk und die Drachen dürfen dein Leben bestimmen. Dazu wurdest du geboren und auserkoren.«
»Ich habe mich schon vor langer Zeit abgewandt und bin meinen eigenen Weg gegangen«, erwiderte Sapius.
»Nein!« Die sanfte Stimme der Drachenmutter nahm plötzlich einen sehr strengen Tonfall an. »Dein bisheriges Leben war ein Irrtum. Erst jetzt hast du deine wahre Bestimmung gefunden. Es ist der Weg der Drachen, der dich leiten muss.«
»Ich müsste den Lesvaraq oder mich selbst töten, um mich von seinem Einfluss loszusagen und den Zyklus zu durchbrechen«, stellte Sapius klar. »Wie kann ich da dem Weg der Drachen folgen und das Volk der Tartyk führen?«
»Wenn dies der einzige Weg ist, den du siehst, wirst du den Lesvaraq wohl töten müssen. Das wäre kein großer Verlust für Kryson«, seufzte die Drachenmutter, »aber hüte dich davor, in deiner Verzweiflung Hand an dich selbst zu legen. Damit hilfst du den Drachen nicht. Die Lesvaraq sind stark und sie sind selbstgefällig. Einst hat Ulljan als erster und einziger Lesvaraq erkannt, dass die Lesvaraq nicht gut für Kryson und die Wahrung des Gleichgewichts sind. Sie sind zu mächtig und zerstörerisch. Also griff er selbstlos in seinen eigenen Zyklus ein, nahm seine Auslöschung in Kauf und unterbrach den Zyklus der Lesvaraq für lange Zeit. Leider war sein Plan nicht perfekt. Die Lesvaraq kehrten jüngst zurück und werden Kryson weiter mit ihren magischen Kriegen und ihrem Streben nach Allmacht überziehen. Sie bringen nur Tod und Verderben, aber sie glauben, sie stünden für das Gleichgewicht ein und müssten die Welt nach ihren Vorstellungen formen. Das ist ein Irrtum. Kryson braucht die Lesvaraq nicht, um zu überleben. Sieh dich auf Fee um, Yasek. Das Gleichgewicht ist im Lot und niemand bestimmt darüber. Der freie Wille und die Verbundenheit mit der Natur sind das höchste Gut für alle Lebenden. Nicht die Ausbeutung unserer Welt und das stete Streben nach Macht, Ruhm und Reichtum bringen uns das Glück und den Frieden. Merke dir diese Worte gut, Yasek.«
»Ich will es versuchen«, antwortete Sapius leise.
»Bestimme über dich selbst und werde frei von deinen Ängsten und Zwängen, die dich an der Erfüllung der Pflichten hindern. Nimm dir eine Gemahlin unter den Tartyk und gründe eine Familie. Unsere Zahl ist sehr klein geworden und sie kann nur langsam wachsen. Die Drachenreiter müssen überleben. Kennst du
Weitere Kostenlose Bücher