Kryson 05 - Das Buch der Macht
… Solatar. Du trägst Madhrabs Blutschwert. Wie bist du an Solatar gekommen? Hat er es dir gegeben? Wo ist Madhrab? Geht es ihm gut?«
»Ich habe Madhrab getötet und ihm sein Schwert abgenommen«, Tomals Stimme klang eiskalt, als ob er überhaupt nichts dabei empfand, seinen Vater umgebracht zu haben.
»Du hast …«, Elischa wurde kreidebleich und wich einige Schritte vor ihrem Sohn zurück.
»Er war bereits tot …«, versuchte sich Tomal vor seiner Mutter zu verteidigen, »nun … nicht ganz. Ich meine, Madhrab war untot. Ein Todsänger. Ich weiß nicht, ob es mir wirklich gelungen ist, ihn ins Reich der Schatten zu schicken.«
»Was redest du da für einen Unsinn?«, regte sich Elischa mit Tränen in den Augen auf. »Ich kenne und liebe deinen Vater. Madhrab hätte sich niemals seine Seele aus dem Leib singen lassen und wäre zu den Todsängern übergelaufen.«
»Du glaubst mir nicht?«, Tomal runzelte verärgert die Stirn.
»Nein«, gab Elischa zu, »ich traue dir durchaus zu, dass du ein Vatermörder bist. Das Blutschwert auf dem Rücken ist mir Beweis genug. Madhrab hätte dir Solatar nicht freiwillig überlassen. Aber ich bin enttäuscht darüber, wie du versuchst deine verfluchte Tat vor mir zu verteidigen. Madhrab ein Todsänger? Pah! Eher wandle ich mich zu einer Eisprinzessin.«
»Denk, was du denken magst, Mutter!«, sagte Tomal. »Madhrab hat uns alle verraten und den Tod verdient.«
Elischa hob erzürnt die Hand, als wollte sie dem Lesvaraq ins Gesicht schlagen. Tomal zuckte zurück. Die heilige Mutter überlegte es sich aber anders und ließ ihre Hand mit einem Seufzer wieder sinken.
»Du bist es nicht wert, Tomal«, flüsterte sie leise mit Tränen in den Augen, »wie kannst du so über deinen Vater reden?«
»Er hat sich nie um mich gekümmert«, antwortete Tomal kalt.
»Das ist nicht wahr«, erwiderte Elischa matt, »Madhrab hätte sein Leben für dich gegeben. Weshalb bist du gekommen? Willst du deine Mutter ebenfalls töten?«
»Wir werden sehen«, lächelte Tomal, »das hängt von dir und deiner Bereitschaft ab, mir meinen Wunsch zu erfüllen.«
»Was willst du?«
»Gib mir das Herz und Gehirn des Kriegers!«, verlangte Tomal.
Elischa wurde noch blasser. Sie konnte Tomal die Gegenstände nicht überlassen, ohne die Macht ihres eigenen Ordens und die der Sonnenreiter zu beschädigen.
»Niemals!«, platzte es aus der heiligen Mutter heraus.
»Du willst mir verweigern, was mir zusteht?« Tomal zog verblüfft die Augenbrauen hoch. Offenbar hatte er nicht mit Widerstand gerechnet.
»Wie kommst du darauf, das Herz und Gehirn des Kriegers gehörten dir? Die Gegenstände sind Teil von Ulljans Erbe. Seit der Gründung der Orden befinden sie sich im Besitz der Orden und werden von der heiligen Mutter gehütet. Ich kann sie dir nicht aushändigen.«
»Ulljan hat sie dem verlorenen Volk gestohlen«, meinte Tomal, »ich nehme sie an mich, ob du willst oder nicht. Du kannst sie mir aus freien Stücken überreichen oder ich zwinge dich dazu.«
Der Lesvaraq ließ die Orna nicht lange überlegen. Er sprang mit einem Satz auf sie zu, packte sie mit beiden Händen am Hals und würgte die heilige Mutter. Elischa versuchte sich zu wehren. Sein Griff war jedoch fest. Je mehr sie sich wehrte, desto stärker drückte er zu. Bald ließ ihr Widerstand nach. AlsTomal bemerkte, dass Elischa schwächer wurde, lockerte er seinen Griff ein wenig. Die heilige Mutter rang hustend nach Atem.
»Wir müssen das nicht fortsetzen, solltest du dich einsichtig zeigen«, schlug Tomal vor.
»Nein«, keuchte Elischa, »töte mich und du wirst die Artefakte niemals erhalten.«
»Gibst du sie mir, wenn ich dich am Leben lasse?«
»Nein!«
»Elendes Weib«, schrie Tomal aufgebracht, »dann stirb und werde in den Schatten glücklich. Vielleicht triffst du Madhrab dort wieder.«
Der Lesvaraq drückte wieder fester zu, bis Elischa im Gesicht rot anlief und ihr die Augen aus den Höhlen traten. Ihre Lippen nahmen bereits eine blaue Färbung an. Ihr Blick ging an Tomal vorbei zur Tür ihrer Kammer, die sich langsam und leise, von Tomal unbemerkt, geöffnet hatte.
Der Schlag auf den Hinterkopf traf den Lesvaraq hart. Tomal riss die Augen überrascht auf und ließ Elischa los. Die heilige Mutter japste nach Luft und fiel erschöpft auf ihr Lager. Benommen drehte sich Tomal zu seinem Angreifer um. Eine alte Ordensschwester stand mit hoch erhobenem Gehstock und wütendem Gesichtsausdruck vor ihm.
»Lasst die heilige
Weitere Kostenlose Bücher