Kryson 05 - Das Buch der Macht
gefunden. Eines der verunglückten Schiffe war völlig ausgebrannt. Zwischen den noch schwelenden Trümmern hatten sie nur bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Leichname gefunden. Das andere Wrack war zwar nicht verbrannt, aber auch dort waren sie nur auf die Kadaver ihrer toten Kameraden gestoßen.
Drolatol ordnete an, Massengräber für die Verunglückten auszuheben und eine feierliche Bestattung abzuhalten. Die Gefallenen sollten in Frieden zu den Schatten wandern und nicht als ruhelose Geister über Ell wandeln. Der Kapitän glaubte zwar nicht an umherirrende Geister, die ihren Weg ins Schattenreich nicht gefunden hatten, nur weil sie keine Bestattung erhielten. Aber auch er wollte, dass die toten Kameraden begraben wurden. Sie hatten tapfer gekämpft und sich diese letzte Feierlichkeit verdient.
Während die Gräber ausgehoben wurden, ließ Murhab die abgestürzten Begleitschiffe ausschlachten. Die brauchbaren Ersatzteile und Materialien setzten sie für die Reparatur der Aeras Tamar und der anderen beiden Begleitschiffe ein.
Erst nach vier Tagen, länger als Murhab geplant hatte, waren sie mit den Bestattungen und den Arbeiten an den Luftschiffen fertig. Aber der Kapitän war zufrieden. Sie konnten ihren Flug fortsetzen.
»Wir fliegen zur Burg Fallwas«, sagte Murhab zu Drolatol.
»Ihr ändert unser Ziel?«, zeigte sich Drolatol überrascht. »Wollten wir nicht entlang des Waldrandes weiter nach Westen und dem Fürstentum Habladaz beistehen?«
»Habt Ihr den Schwarm beobachtet, Drolatol?«, fragte Murhab.
»Die Drachenchimären waren schwer zu übersehen, wenn Ihr das meint«, sagte Drolatol.
»Sie kamen aus dem Südwesten und zogen nach Osten zurKüste«, klärte Murhab den Fürsten über seine Beobachtungen auf. »Wenn Ihr mich fragt, hatten es die Rachurendrachen nicht auf unsere Flotte abgesehen. Wir kreuzten zufällig ihren Weg. Nennt es Schicksal oder Fügung, aber ich glaube, wir haben ihnen die Überraschung gehörig verdorben.«
»Ihr denkt, die Rachuren hatten es auf die Trutzburg abgesehen?« Drolatol zeigte sich verblüfft.
»Burg Fallwas ist ein strategisch wichtiger Punkt für die Verteidigung und die Versorgung der restlichen Klanlande. Niemand hätte damit gerechnet, dass die Rachuren es wagen würden, die Burg zu diesem Zeitpunkt anzugreifen. Fallwas herrscht über unsere fruchtbarsten und ertragreichsten Gegenden. Unsere Verteidigung ist noch stark und wurde durch den Fall des Fürstentums Otevour kaum geschwächt. Die Trutzburg Fallwas gilt als uneinnehmbar. Das weiß auch unser Feind. Umso überraschender wäre ein Angriff. Wir dachten, die Rachuren würden sich zunächst auf die schwächeren Fürstentümer Habladaz, Barduar und Polakov konzentrieren, um ihren eigenen Nachschub zu sichern, uns zu zermürben und allmählich zu schwächen. Aber der Angriff der Drachenchimären hat mich zum Nachdenken gebracht: Wir lagen falsch. Die Rachuren fühlen sich stärker denn je und sie wagen den Stoß in unser Herz. Ein Blitzangriff, der eine schnelle Entscheidung bringen kann. Fällt nach Otevour als Nächstes die Trutzburg Fallwas, kontrollieren die Rachuren anschließend das Küstengebiet und die südlich von Tut-El-Baya gelegenen Gegenden. Dann können sie die Hauptstadt aushungern. Unsere Verteidigung wäre entscheidend geschwächt.«
»Aber ist es nicht wahrscheinlich, dass die Verluste unter den Feinden bei einem so gewagten Vorstoß zu groß sein könnten? Die Rachuren werden sich die Zähne an Burg Fallwas ausbeißen. Ihr Angriff bleibt möglicherweise stecken und am Ende scheitern sie, weil sie sich übernommen und nicht mehr genügendKräfte haben, Tut-El-Baya zu erobern«, gab Drolatol zu bedenken. »Versteht mich nicht falsch, wärt Ihr General aufseiten der Rachuren, würde ich Euch dieses Vorgehen sofort zutrauen, Murhab. Klug, riskant und mutig, dem Kopf eines echten Strategen entsprungen, der die Überraschung und die Schwächen seines Feindes für seine Zwecke nutzen kann. Aber wer unter den uns bekannten Rachuren würde einen solchen Plan aushecken, Rajuru? Grimmgour etwa?«
»Unterschätzt unseren Feind nicht, Fürst Drolatol«, erwiderte Murhab, »die Rachuren sind nicht die tumben, triebgesteuerten Barbaren, für die wir sie manchmal halten mögen. Sie pflegen dieses Bild natürlich für uns. Es ängstigt uns und schüchtert uns ein, hemmt uns womöglich im Kampf. Also lassen sie uns in diesem Glauben, indem sie uns ihre blutgierigen Chimären schicken. Aber sie sind
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