Kryson 05 - Das Buch der Macht
weiter entwickelt als das, was wir im Kampf zu sehen bekommen. Sie sind gefährlich. Aus den Berichten unserer Späher und den Angriffen auf Otevour ist zu entnehmen, dass ein Heer von Todsängern die Rachuren begleitet. Immer wieder taucht der Name Nalkaar auf. Soweit ich gehört habe, soll er die rechte Hand Rajurus und von hohem Geiste sein. Angeblich ein sehr kluger und umsichtiger Mann.«
»Den Namen kenne ich«, der Tonfall des Fürsten zeugte nicht von guten Erinnerungen an Nalkaar, »in der Schlacht am Rayhin hatte er uns schwer zugesetzt und die Schlacht mit seinen Todsängern beinahe zugunsten der Rachuren entschieden. Madhrab wäre ihm fast erlegen und konnte ihn nur mit der Unterstützung des Magiers Sapius aufhalten. Nalkaar ist wahrscheinlich die gefährlichste Waffe der Rachuren. Ihr könntet recht haben, Murhab. Lasst uns ins Fürstentum Fallwas zur Trutzburg fliegen.«
»Aye, mein Fürst«, verneigte sich Murhab, »eine gute Entscheidung.«
Die Aeras Tamar und ihre beiden Begleitschiffe waren für den Abflug bereit. Befehle wurden gerufen und von Schiff zu Schiff weitergegeben. In kurzen Abständen erhoben sich die Schiffe in die Luft und gewannen rasch an Höhe, leiteten alsbald eine Wende ein und schwenkten, angeführt von der Aeras Tamar, Richtung Osten zur Küste.
In den Brutstätten
D ie Brutstätten der Rachuren waren ein Albtraum, der das Vorstellungsvermögen jedes vernunftbegabten Wesens überstieg. Sapius wähnte sich in einer unwirklichen Welt, einem Traum, aus dem es kein Erwachen gab. Die Luft war warm und stickig. Es stank erbärmlich. Intensiver noch als in dem Schacht während ihres Abstiegs. Selbst nach längerem Aufenthalt in den tief unter der Oberfläche gelegenen Kavernen trat keine Gewöhnung ein. Die Belüftungsschächte mochten noch so zahlreich sein, sie verschafften keine Besserung. Der Gestank blieb, aber wenigstens mussten sie nicht ersticken.
Renlasol würgte. Sapius sog die abgestandene Luft ein und spuckte angewidert auf den felsigen Boden, auf dem sich – genauso wie an den Wänden – eine feuchte, schleimige Schicht festgesetzt hatte, die den Untergrund rutschig machte.
Die Gefährten waren von zahlreichen Geräuschen umgeben, die sich nur schwer zuordnen ließen. Sapius war es kaum möglich, festzustellen, woher einzelne Laute kamen, und vor allem, wer oder was sie erzeugte. Mal klangen sie näher, mal weiter entfernt. Eindeutig hingegen rauschte in der Ferne ein reißender Fluss. Schmerzensschreie, Wehklagen, Stöhnen, Weinen und allerlei unnatürliche, nie zuvor gehörte Töne hallten in den Gängen und an den Wänden der Brutstätten unheimlich wider. Ein fürchterlicher Schrei, schrill und metallisch, gefolgt von einem Gurgeln und Fauchen erfüllte den Gang in ihrer Nähe. Der Schreck fuhr den Gefährten in die Glieder. Sapius sträubten sich die Nackenhaare. Baijosto hatte offenbar Mühe, den Krolak in seinem Inneren zu bezähmen. Sie wagten kaum, den Kopf an der sie vor Blicken schützenden Felswand vorbei herauszustrecken, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Aber es ergab keinen Sinn, lange inder Nähe des Belüftungsschachtes zu verweilen und sich zu verstecken. Früher oder später würden sie entdeckt werden.
»Rodso«, sprach Sapius den Felsenfreund in Gedanken an, »kennst du den Weg zu den Minen?«
»Nein«, antwortete Rodso, »ich war zum Glück nie zuvor an diesem grauenhaften Ort. Aber ich kann die Steine fragen, an welcher Stelle die Brutstätten in die Minen münden, und uns dorthin führen.«
»Das ist gut«, Sapius war erleichtert, die Pelzechse bei sich zu haben, fürchtete er doch, sich in den verwinkelten Gängen und Ebenen der Brutstätten zu verlieren. »Wir sollten möglichst bald aufbrechen, um Vargnar und Belrod zu treffen. Ich habe ein schlechtes Gefühl und werde mich deutlich wohler fühlen, wenn wir diesen Ort mit vereinten Kräften erkunden.«
»Gewiss. Ich beeile mich«, meinte Rodso und legte sich – ein Ohr fest an den Grund gepresst – auf den feuchten Boden.
Nach einer Weile, die den Gefährten unendlich lang vorgekommen war, hob Rodso den Kopf und gab ihnen ein eindeutiges Zeichen mit den Pfoten. Die Steine hatten ihm den Weg zu den Minen offenbart.
Der Felsenfreund eilte voraus, vorbei an verschlossenen Kammern und mit dicken Eisenstäben verschlossenen Zellen. Sie hatten Glück und befanden sich offenbar in einem nicht oft besuchten Gang, in dem die in den Zellen eingesperrten Kreaturen wohl sich
Weitere Kostenlose Bücher