Kryson 05 - Das Buch der Macht
Insektenstaat aufgebaut. Eine Kammer glich der anderen. In der Kaverne tummelten sich einige Aufseher und Wachen, die damit beschäftigt waren, die Brut zu versorgen. Der Felsenfreund behauptete, er sei nicht gesehen worden, habe aber einen Zuchtmeister unter den Wachen erkannt.
»Die Brut in den Waben scheint den Rachuren wichtig zu sein«, meinte Rodso, der auf ihrem Weg beobachtet hatte, dass viele Chimären sich selbst überlassen wurden. »Im Gegensatz zu den anderen Kreaturen werden diese besonders gepflegt und gefüttert. Die Aufseher machten einen emsigen Eindruck auf mich und sie stehen unter der strengen Aufsicht eines Rachuren.«
»Gibt es eine Möglichkeit, die Kaverne zu umgehen?«, fragte Renlasol.
»Ich habe keinen anderen Weg gefunden«, sagte Rodso, »wir werden durch die Kaverne gehen müssen, wenn wir uns mit Vargnar und Belrod am Ausgang zu den Minen treffen wollen.«
»Was züchten die Rachuren in den Waben? Konntest du einen Blick ins Innere einer Brutkammer werfen?«, wollte Baijosto wissen.
»Ich weiß es nicht genau«, grübelte Rodso, »die Chimären in den Waben wirkten klein und zierlich auf mich. Fast wie Larven. Aber sie werden mit rohem Fleisch gefüttert. Sie stürzen sich gierig darauf, als hätten sie tagelang nichts mehr zu fressen bekommen. Ich habe ein wenig gelauscht. Die Aufseher haben eines dieser Wesen Drelok genannt. Der Wächter schien aufgeregt zu sein, als er sagte, dass sich die Dreloks bald von Drachenfleisch nähren dürfen.«
Sapius blieb das Herz beinahe stehen, als er hörte, was Rodso vor wenigen Augenblicken von den Aufsehern aufgeschnappt hatte. Drachenfleisch. Das musste bedeuten, dass derDrache entweder bereits getötet worden war oder sich in größter Gefahr befand. Letzteres war Sapius’ einzige Hoffnung, sonst wäre alles umsonst gewesen. Der Drache musste einfach noch am Leben sein.
»Wisst ihr, was Drelok in der alten Sprache bedeutet?«, fragte Baijosto. »Drelok bedeutet Fleischbiest. Ich schätze, wir haben es mit einer besonders gefährlichen Chimarenzüchtung zu tun, auch wenn sie noch so klein sein mag.«
»Beruhigend zu wissen, dass wir mitten durch die Brutkammern dieser Fleischbiester gehen müssen«, bemerkte Renlasol.
»Die Waben sind verschlossen«, sagte Rodso.
»… und könnten sicher jederzeit nur für uns geöffnet werden«, gab Renlasol zu bedenken.
»Das wäre möglich«, bestätigte Rodso.
»Was nutzt uns das?«, fragte Sapius und zeigte mit dem Stab des Farghlafat den Gang entlang. »Wir müssen da durch. Also, lasst uns keine Zeit mehr verlieren und gehen.«
Sapius hinkte den Gefährten voraus. Er musste den Drachen finden, bevor es zu spät war. Sein eigenes Leben und das seiner Mitstreiter waren ihm in diesem Moment gleichgültig. Die Angst, die ihn seit dem Abstieg eingeschränkt hatte, war plötzlich verschwunden.
Zweihundert große Schritte schätzte der Magier die Entfernung von einem zum anderen Ende der Kaverne. Sapius hatte seinen Fuß noch nicht in den vor ihm liegenden Raum gesetzt. Zweihundert Schritte waren viel und sie konnten unendlich lang werden, wenn sie dabei angegriffen wurden. Fest entschlossen tat er den ersten Schritt. Baijosto und Renlasol folgten seinem Beispiel.
Kaum waren die Gefährten einige Fuß in der Kaverne, wurden sie von den Wachen entdeckt.
»Eindringlinge!«, tönte es aus mehreren Kehlen von verschiedenen Ebenen herab.
Sapius blickte nach oben. Vor den Waben der Brutkammer hatten die Rachuren ein hölzernes Gerüst aufgestellt, dessen Ebenen mit Leitern verbunden waren. Auf der höchsten Ebene befand sich ein Zuchtmeister, der, von dem Geschrei der Wachen alarmiert, zu ihnen herabstarrte. Der Zuchtmeister war groß und massig gebaut. Er trug eine mit Flecken übersäte Schürze über seiner Kleidung. Auffällig an ihm war, dass er sein dichtes, schwarzes Haar in sechs geflochtenen Zöpfen trug, von denen ihm jeder bis zur Hüfte reichte. Sofort setzte sich der Rachure in Bewegung, nahm die Leiter mit einem Sprung zur nächsttieferen Ebene und rollte noch im Flug seine Peitsche aus. Dann brüllte er den Aufsehern Befehle entgegen.
Die Stimme des Zuchtmeisters hallte laut und mächtig durch die Kaverne.
»Schneidet ihnen den Weg ab und haltet sie auf. Sie dürfen nicht fliehen!«, rief der Zuchtmeister, während er erneut sprang.
Der Rachure hatte nur noch fünf Ebenen zu überwinden, um die Eindringlinge zu stellen.
»Lauft«, rief Sapius, »schnell!«
Baijosto und Renlasol
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